Kommentar
09:14 Uhr, 14.08.2019

Die Abschaffung der Zinsen

Kaum ist man zwei Wochen im Urlaub und schon gibt es keine Zinsen mehr – global. Das Dach brennt lichterloh.

Manchmal kann man sich nur die Augen reiben wie viel in zwei Wochen geschehen kann. Und alles, was es dazu brauchte, war ein Tweet von Donald Trump. Die Reaktion der Märkte weltweit spricht Bände. Die Hoffnung, dass der Handelsstreit bald beigelegt wird, kann man nun wohl endgültig begraben.
Der Schock saß tief, sogar so tief, dass die kurzfristigen Aussichten gar nicht so schlecht sind. Vor genau einer Woche kam Panik auf und der Schock ist noch nicht vollständig abgebaut. Aktienmärkte haben damit kurzfristig durchaus noch Aufwärtspotenzial. Während sich die Aktienmärkte weiter erholen können, kann das der Zinsmarkt nicht. Es ist nicht das erste Mal, dass wir eine solche Divergenz sehen. Bisher behielt der Zinsmarkt über kurz oder lang immer Recht. Mittelfristig müssen sich Anleger auf harte Zeiten einstellen.

In Deutschland ist die Zinskurve nun so flach wie seit 2008 nicht mehr (Grafik 1). Eine wirklich neue Erkenntnis bringt das Anlegern nicht. Deutschland befindet sich mehr oder minder schon in der Rezession. Eine Neuigkeit ist das nicht.


Dafür hat sich das Bild in den USA wieder massiv eingetrübt. Es gab bis Ende Juli die Hoffnung, dass es einen Rebound geben würde, nicht zuletzt, weil der Kongress ein Budget bewilligte, das über 2 Jahre zusätzlich über 300 Mrd. in die Wirtschaft pumpt. Es ist ein Konjunkturprogramm.

Die Aussichten waren gut, nun sind sie wieder schlecht. Ein Tweet reichte, um die Zinskurven auf neue Tiefs zu drücken (Grafik 2). Damit ist eine weitere Verlangsamung des US-Wachstums sehr wahrscheinlich. Die Aussichten sind nun sogar so schlecht wie seit 2007 nicht mehr. Was damals auf uns zukam, haben wir noch in Erinnerung.


Die neuerliche Eskalation erwischte nicht nur die USA und Deutschland, das vom internationalen Handel stark abhängig ist. Global wurden Zinsen praktisch abgeschafft. In vielen Ländern wurden neue historische Tiefs erreicht (Grafik 3). In Australien und Neuseeland wurde das Zinstief in den Jahren nach der Finanzkrise nun deutlich unterschritten.

In der Schweiz, der Rekordhalterin in Negativzinsen, ging es noch einmal gemessen an der 10-Jahresanleihe um 0,4 Prozentpunkte nach unten. Ich frage mich, wann wir das erste Mal für 10 Jahre -1 % zahlen müssen.

In einigen Ländern, in denen man es nicht vermutet, sind die Zinsen nun deutlich tiefer als in den USA. Dazu gehören etwa Thailand und Südkorea. Eigentlich sind das nach wie vor schnell wachsende Länder. Thailand wuchs vor einem Jahr noch mit 5 % und Südkorea mit 3 %. Dennoch sind die Zinsen im freien Fall und niedriger als in den USA. Der Zinsmarkt sagt es recht deutlich: das Dach brennt lichterloh.


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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