Diagnose und Prognose - Vorgehensweise wie beim Arzt - So erstelle ich eine Chartanalyse
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Viele, die sich anfangs für die Technische Analyse interessieren, möchten früher oder später möglichst professionelle Technische Analysen erstellen.
Die Publikationen Technischer Analysen, die wir im Internet oder in anderen Medien verfolgen können, weisen eine Vielzahl von Analyseverfahren, Präferenzen einzelner Analysemethoden und unterschiedliche Interpretationen auf.
Diese Individualität der Analysemethodik mag dem Verfasser einer Technischen Analyse gestattet sein, solange er auf eine inhaltliche Stringenz, logische Schlussfolgerungen und die Lesbarkeit seiner Analyse achtet, denn schließlich gilt es, eine Zielgruppe, sprich den Leser, damit zu erreichen.
Eine „professionelle“ Technische Analyse zu erstellen ist jedoch nicht schwer, wenn man eine gewisse Vorgehensweise bei der Analyse zugrunde legt, sprich eine Analysestruktur befolgt. Dieser Aufbau, der im Folgenden noch dargestellt wird, kann als eine Art Arbeitsanleitung aufgefasst werden und erleichtert dem Verfasser das Vorgehen. Bevor wir uns aber dem Aufbau einer Marktanalyse widmen, muss die Notwendigkeit der Entwicklung von Marktszenarien erläutert werden.
Vergessen Sie nicht, dass es bei der Erstellung einer Analyse nicht unbedingt um die Ausführlichkeit der Erklärungen geht, sondern letztenendes um das Ergebnis. Die Prognose. Wie hoch ist die Trefferquote eines Analysten mit seinen Prognosen? Wie präzise oder wie schwammig sind die Prognosen formuliert? Ideal ist es natürlich, wenn die Herleitung ausführlich erläutert und die Prognose präzise formuliert wird und die Prognose anschließend tatsächlich auch eintritt.
Notwendigkeit der Entwicklung von Marktszenarien
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Auch bei einer historischen Trefferquote von 80% ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass genau die nächste Prognose richtig ist, nur 50% Prinzip des unzureichenden Grundes.
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Mit der Technischen Analyse können keine fundamentalen Event-Risks und Schocks antizipiert werden. Mit Hilfe der Technischen Analyse sind aber die Marktreaktionen auf einen unerwarteten fundamentalen Schock antizipierbar. Für einen effizienten Einsatz der Technischen Analyse muss grundsätzlich in Marktszenarien gedacht werden.
Grundsätzlich unterteilt man eine Technische Marktanalyse in zwei Felder, zum einen in die Marktdiagnose und zum anderen in die anschließende Marktprognose.
Struktureller Aufbau einer Marktdiagnose
Beim strukturellen Aufbau einer Marktdiagnose sind zwei grundsätzliche Punkte zu beachten.
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Bestimmung und Charakterisierung von Trends auf mehreren Zeitebenen
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Jeder Trend sollte im Hinblick auf Trendart, Trendcharakter und Trendstadium analysiert werden.
Die Abbildung 1 verdeutlicht anhand eines Schematas, aus welchen einzelnen Komponenten sich eine Marktdiagnose zusammensetzt.
Abbildung 1: Komponenten einer Technischen Marktdiagnose
Schema der Marktdiagnose
In der Abbildung 2 sehen Sie das Schema einer Marktdiagnose. Es handelt sich um ein Grundmuster, dass beobachtet werden sollte und gegebenenfalls erweitert werden kann. Wenn Sie sich an die Vorgehensweise dieses Punktekataloges halten, können Sie die wesentlichen Komponenten der technischen Verfassung eines Marktes erfassen.
Abbildung 2: Schema der Marktdiagnose
Schema der Marktprognose
Nachdem Sie den Markt mittels des oben dargestellten Schemas analysiert haben, schreiten Sie zur Marktprognose. Ein Schema der Marktprognose ist in der Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung 3: Schema der Marktprognose
Wie schreibt man eine Analyse?
Grundsätzlich muss Folgendes festgehalten werden: Wie Sie eine Analyse schreiben, bleibt Ihnen vorbehalten. Jeder Verfasser einer Technischen Analyse hat seine eigene Vorgehensweise, die im Wesentlichen von den angewendeten Analyseverfahren sowie den Präferenzen einzelner Analysemethoden abhängig ist. Nichtsdestotrotz sei im Folgenden ein Muster für den Aufbau einer Technischen Analyse dargestellt. Diese Struktur stellt auch Art Checkliste dar, der Sie entnehmen können, welche Punkte Sie noch erwähnen sollten. Von Stefan Salomon, VTAD, 11. September 2001:
„1. Einleitung in die Analyse: Der Leser möchte auf den ersten Blick erfahren, worum es eigentlich geht. Die Einleitung umfasst den Namen des untersuchten Wertes und eine kurze Einführung in den Text und sollte zum lesen der Analyse animieren.
Beispiel: Der Aktienkurs der Deutschen Telekom hat ein Trendwendesignal ausgebildet, ein „bullish engulfing“. Dies ist ein in der japanischen Candlestick-Charttechnik aussagekräftiges Muster, welches jedoch der Bestätigung zum Beispiel durch eine folgende weiße Kerze bedarf. Der zum letzten Schlusskurs höhere aktuelle Eröffnungskurs gibt Anlass zur Hoffnung, dass auch die Deutsche Telekom sich in den nächsten Tagen leicht erholen dürfte.
2. Beschreibung des Kursverlaufes: In der Regel ist der Mensch bequem. Auch das Gehirn freut sich, wenn es ruhig und ohne größere Anstrengung durch das Gewirr von Kursverlauf, Linien und Trendkanälen geleitet wird. Beschreiben Sie daher den Kursverlauf, führen Sie den Leser durch den Chart.
Beispiel: Der Dax hat am 12.12.2004 einen vorläufigen Tiefpunkt bei 2004 Punkten erreicht. Aktuell steht der Dax bei 2123 Punkten und ist damit an seinen mehrjährigen Abwärtstrend herangelaufen, der seit März 2000 besteht.
3. Hauptaussage der Analyse: Die Hauptaussage sollte in Verbindung mit der technischen Beweisführung stehen, also weshalb eine bestimmte Annahme getroffen wird – z.B. Trendwendemuster, Trendkanäle, Fibonacci-Zahlen etc. und daraus resultierende Kursziele.
Beispiel: Eine Trendwende kann angenommen werden. Der Bruch des Abwärtstrends in Verbindung mit dem vorherigen Trendwendemuster lässt gute Chancen für weitere Kurssteigerungen erkennen.
4. Alternativ-Szenario zur Hauptaussage: Die Hauptaussage ist das wahrscheinlichste Szenario. Da stets die Möglichkeit besteht, dass auch das unwahrscheinliche Szenario eintritt, sollte ein Stop oder eine Kursverlaufsmöglichkeit dargestellt werden, die das vorgestellte wahrscheinliche Szenario nicht mehr gültig erscheinen lässt.
5. Fazit: Das Fazit ist eine kurze Zusammenfassung der Hauptaussage mit Stopkurs für das wahrscheinlichste Szenario. Als gedankliche Stütze aber auch für den „schnellen“ Leser ist das Fazit relevant. Ist der Text der Analyse unter Umständen etwas lang geraten, so wird meist nur das Fazit gelesen.
6. Umfang der Analyse: Bedenken Sie bei der Erstellung einer Analyse, dass nicht jeder Leser Ihre Methodik nachvollziehen kann oder sogar möchte. Eine technische Analyse ist keine theoretische Abhandlung über die gewählte Methodik, auch dient die technische Analyse nicht der eigenen „Beweihräucherung“. Der Leser sollte kurz und präzise informiert werden. Der Nutzen der technischen Analyse besteht für den Leser darin, eine halbwegs verständliche Entscheidungshilfe zu erhalten, die in ca. 5min durchgelesen werden kann. Beschränken Sie daher den Umfang des Textes auf max. 6.000 Zeichen. Ein Umfang von ca. 2.000 bis 4.000 Zeichen ist optimal.
7. Methodik: Die gewählte Methodik sollte erprobt und in sich widerspruchsfrei sein. Der technische Analyst sollte jedoch seine Methodik stets aufs neue überprüfen und Fehlinterpretationen stets hinterfragen. Einfach aber erfolgversprechend ist dabei durchaus die Frage: „Wie hätte ich argumentieren müssen, um eine treffsichere Interpretation machen zu können“. Ebenso sollten erfolgreiche Analysen untersucht und hinterfragt werden.
Die gewählte Methodik ist dabei letztlich Sache des Analysten. Ausgehend von den Grundannahmen der Technischen Analyse:
1. Kurse bewegen sich in Trends
2. Verhaltensmuster und deren Folgen wiederholen sich
sollte jedoch zuerst eine Trendanalyse (Trendlinien, Kanäle, Widerstände/Unterstützungen) in Verbindung mit dem Umsatzverhalten sowie anschließend eine Formationsanalyse (zu der auch Candlesticks, P&F-Formationen gehören können) erstellt werden. Aufbauend auf diesen „Grundanalysetechniken“ kann dann zur weiteren Entscheidungshilfe oder Zustandsbeschreibung des Marktes auch die Markttechnik sowie Zyklenanalyse und Verhältniszahlen (Fibonacci, Elliot) etc. angewendet werden.“
Literaturquelle:
Stefan Sauerschnell/ Michael Riesner: Seminar Methoden und Praxis der Technischen Analyse, 2002
Autor: Frank Thönnißen.
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