Kommentar
09:07 Uhr, 16.05.2018

Deutschlands Wirtschaft lief schon mal besser

Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal um magere 0,3% gewachsen. Alle sprechen davon, dass es sich lediglich um eine Delle handelt...

Das erste Quartal 2018 ist nichts für die Geschichtsbücher. Nachdem sich Prognostiker zuletzt mit immer höheren Wachstumszielen für dieses Jahr übertrumpften, sind die Fakten ein ziemlicher Dämpfer. Das Wachstum war nur halb so hoch wie in den USA, gleichhoch wie in Frankreich, Italien und Spanien und deutlich niedriger als in den Niederlanden (0,5 %), Polen (1,6 %), Belgien (0,4 %), Österreich (0,8 %) und Portugal (0,4 %).

Vom Zugpferd ist nicht mehr viel zu spüren. Im europäischen und internationalen Vergleich war das Wachstum in Deutschland ein lahmer Ackergaul, der seine besten Jahre hinter sich hat. Das statistische Bundesamt hat dafür auch eine Erklärung. Der Außenhandel lahmte. Ebenso gingen die staatlichen Ausgaben zurück.

Das Quartalswachstum ist damit so gering wie seit drei Jahren nicht mehr (Grafik 1). Die Jahreswachstumsrate brach regelrecht ein. Wuchs die Wirtschaft Ende 2017 gegenüber Ende 2016 noch um 2,9 %, lag der Jahresvergleich in Q1 2018 nur noch bei 2,3 %.

Das alles mag ein Ausreißer sein. Niemand konnte ahnen, dass die Staatsaugaben schrumpfen würden. Das kann vorkommen. Es war aber nicht nur der Staat, der sparte. Der Handel verlor an Dynamik. Das gibt zu denken, denn ohne Handel ist Deutschland wenig.

Grafik 2 zeigt, wie sich die Komponenten des BIPs seit 1991 entwickelt haben. Die Wirtschaftsleistung ist seit 1991 um 43 % gestiegen. Dieser Anstieg hat einen klaren Grund. Es war nicht der private Konsum. Dieser legte gerade einmal um 35 % zu. Investitionen waren es auch nicht. Sie legten um 33 % zu. Der Staat half ein wenig mit. Dieser gab real 54 % mehr aus. Treiber des Wachstums war klar der Handel. Exporte legten um 263 % zu und die Importe um 221 %.

Der Außenhandelsbeitrag (Exporte minus Importe) legte von praktisch null auf über 200 Mrd. zu. Ein Viertel des gesamten Wachstums kam aus dem Handel, obwohl dieser über lange Zeit hinweg vergleichsweise klein war. 1991 wurden Waren im Wert von 400 Mrd. exportiert. Der private Konsum stand bei über 1,1 Billionen.

Wenn der Handel stottert – ein Zeichen global nachlassender Dynamik – kommt das in Deutschland zuerst an. Das erste Quartal ist nun aber vorbei. Wir können nach vorne blicken. Viele sehen nach dem schwachen ersten Quartal bereits wieder zunehmende Dynamik. Wir werden es sehen. Ein schlechtes Quartal ist ein Ausrutscher. Kommt ein zweites hinzu, haben wir ein Problem.

Clemens Schmale

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4 Kommentare

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  • fidi_dd
    fidi_dd

    Danke, Herr Schmale, für den Beitrag; alles, was wichtig ist, ist hier zusammengefasst.

    Die Angaben und die Grafik sind ja wahrscheinlich nicht "inflationsbereinigt"? Und wenn man davon ausgeht, dass sich der Geldwert statistisch gesehen alle 22 Jahre halbiert, dann sind die Ausgaben für den privaten Konsum effektiv gefallen, und zwar ganz erheblich. Und das ist für mich das eigentliche Schreckensszenario. 90% der Leute, die ich kenne, sparen wenig bzw. gar nix und geben alles für den privaten Konsum aus. Wenn deren Kaufkraft sinkt, ist das ein eindeutiges Zeichen für die zunehmende Verarmung der arbeitenden Bevölkerung. Wer steckt die ganze Kohle ein(?), was macht der Staat mit den immensen (Lohn-) Steuereinnahmen(?).

    Leute, wacht auf; ihr geht 40 - 50 Jahre arbeiten und braucht dann Hartz 4, um nicht zu verhungern ..... oder denkt jemand, dass es demnächst besser wird?

    Deutschland ist Exportweltmeister(?) .... über solchen Blödsinn kann ich nur lachen. Was ist mit den "Erträgen" aus den Überschüssen und aus den tollen Geschäften im Zuge der Globalisierung der letzten 25 Jahre? Bei mir ist nix angekommen.

    Nach jeder Wahl werden erhöhte Ausgaben für Infrastruktur eingeplant .... aber passieren tut nichts. Die Straßen werden immer schlechter, die Autobahnen immer voller. Die Lkw's werden mit der Maut abgezockt und finden zum Einhalten der Ruhezeiten nicht einmal mehr ausreichend freie Parkplätze.

    Die Liste der Versäumnisse der vergangenen und derzeitigen Regierung kann man geradezu endlos verlängern; man kann auch nicht mehr von vorübergehenden Problemen sprechen, weil es einfach nicht sichtbar besser wird.

    Egal, wie es mit dem "Wachstum" weitergeht, das ganze System ist einfach krank und marode und die, die die eigentlichen Werte schaffen, bleiben bei der Verteilung ausgeschlossen.

    In dieser Ungerechtigkeit sehe ich das größte Problem unserer Gesellschaft ....

    12:07 Uhr, 16.05.2018
  • Hajp
    Hajp

    Der Crashprophet Schmale mit einer weiteren Ausgabe. Um es dramatischer zu gestalten, empfehle ich einen Blitz im Teaser.

    10:01 Uhr, 16.05.2018
  • CKT7985
    CKT7985

    Welches Problem haben "wir" denn, wenn ein weiteres durchschnittliches Quartal hinzu kommt ? Sie ahnen es vielleicht. Überhaupt keins.

    09:55 Uhr, 16.05.2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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