Kommentar
09:37 Uhr, 12.04.2019

Deutschland: Regierung scheut Investitionen

Die deutsche Regierung gibt derzeit für viele Projekte viel Geld aus. Eines mag sie mit all dem Geld aber gar nicht tun.

Dem Staat geht es gut. Seit Jahren werden Überschüsse erzielt. Die Schulden werden abgebaut. Die Verschuldung erreichte nach der Finanzkrise im Jahr 2010 ein Hoch bei 81 % der Wirtschaftsleistung (BIP). Inzwischen liegt sie bei nur noch 60 %. Der Rückgang in absoluten Zahlen ist weniger beeindruckend. Der Staat hat lediglich 200 Mrd. an Schulden effektiv abgebaut.

Dieser Rückgang, gepaart mit einer wachsenden Wirtschaftsleistung, trägt zu einem schnellen Rückgang der Schuldenquote bei. Grundsätzlich ist daran wenig auszusetzen. Deutschland hält sich damit ab diesem Jahr wieder an die Maastricht-Kriterien, die die Länder im Währungsraum eigentlich einhalten sollten.

Die Ausgabendisziplin hat aber auch einen Haken. Geld wird für viele unterschiedliche Dinge ausgegeben, nicht aber für Investitionen. Es scheint fast so als würde die Regierung Investitionen meiden wie die Pest. Die Bruttoanlageinvestitionen (etwa Infrastruktur, Militär) lagen Anfang der 90er Jahre einmal bei 25 % der Wirtschaftsleistung (Grafik 1).


Über viele Jahre sank die Investitionsquote. Deutschland lag damit nicht mehr im Mittelfeld Europas, sondern wurde zum Schlusslicht. Das hat sich kaum geändert. Die Quote ist in den vergangenen Jahren leicht gestiegen. Ignoriert man jedoch die Krisenländer der Eurozone, so liegt Deutschland immer noch ganz hinten.

Es wird investiert. So ist es ja nicht. Die Summe der Investitionen erreichte zuletzt über 600 Mrd. Euro (Grafik 2). Dies sind Bruttozahlen. Netto wurden lediglich etwas mehr als 100 Mrd. investiert. Der Unterschied zwischen den Brutto- und Nettozahlen sind Abschreibungen.

Infrastruktur hält nicht ewig. Straßen bekommen Risse und Löcher, Brücken müssen saniert werden usw. Der Staat hat netto kaum investiert. Es reicht ja teils nicht einmal, um den Status Quo zu erhalten.

Die Nettoinvestitionsquote liegt bei weniger als 5 % der Wirtschaftsleistung (Grafik 3). Das ist fast schon traurig. Gute Infrastruktur ist ein Wettbewerbsvorteil. Deutschland könnte sich diesen leisten, tut es aber nicht. Stattdessen werden die Bedingungen teils schlechter.

Es ist richtig, dass der Staat nicht jetzt auch noch die Schulden ausbaut. In guten Zeiten auch noch Schulden zu erhöhen, ist langfristig nicht nachhaltig. Irgendwann endet es wie in Italien. Deutschland steht zudem vor einer weiterhin rapide älter werdenden Gesellschaft. Der Staat muss die Renten massiv subventionieren. Allein dieser Umstand führt früher oder später dazu, dass die Verschuldung wieder steigt. Einen gewissen Puffer aufzubauen, schadet nicht.

Gespart wird allerdings an der falschen Stelle. Gute Infrastruktur ist keine Option, es ist ein Muss. Deutschlands Infrastruktur schneidet im internationalen Vergleich immer schlechter ab. Im Vergleich der Wettbewerbsfähigkeit belegt Deutschland zwar Spitzenplätze, doch der Trend ist abwärts gerichtet. Das liegt nicht zuletzt an den geringen Investitionen.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • feloh
    feloh

    man nennt es auch: fahrlässiges und/oder vorsätzliches verbrennen von Volksvermögen.

    Weitere Kommentare dazu spare ich mir. Den Menschen geht es so gut wie nie..............bla bla

    08:32 Uhr, 15.04.2019
  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    Wir werden ja uch von Idioten regiert. Jeder witschaftlich Denkender, nimmt das billige Geld und investiert kräftig in die Zukunft. Aber bei den Schwachmatten die bei uns rumhampeln, kann einem nur noch schlecht werden. Aber jedes Volk hat die Regierung, die es verdient.

    20:49 Uhr, 12.04.2019
  • Floh11
    Floh11

    Herr Schmale, vielen Dank für Ihre ausgezeichneten Beiträge. Ich hätte ein wichtigen und guten Vorschlag für einen Beitrag.

    Was passiert mit der Gesamtgeldmenge im starken Negativzinsumfeld?!

    Meine hypotetischen Gedanken dazu:

    Die EZB senkt den Einlagensatz auf -2%.

    Die Banken geben diese negativen Zinsen von -2% weiter und Bargeld wird ebenfalls mit -2% belasstet.

    Die Banken geben Kredite mit -2% heraus.

    Die Banken würden zwar viel mehr Kredite vergeben, aber auf Basis der Einlagen bei den Banken.

    Die Leute würden sich Kredite mit negativen Zinsen holen und dafür Güter, Aktien usw. kaufen.

    Aber im großen und ganzen würde die vorhandene Geldmenge doch sinken, da die Banken mind. 10% Einlagen um diese mit Faktor 10 zu verleihen. Im großen und ganzen müsste dass ganze in einer starken Deflation enden. So wie das jetzige System auch oder?

    10:48 Uhr, 12.04.2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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