Deutschland: ifo Geschäftsklima – Erwartungen legen schwere Rezession nahe
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• Das ifo Geschäftsklima sank im Oktober merklich auf 90,2 Punkte. Beunruhigend ist der Einbruch der Geschäftserwartungen auf ein gesamtdeutsches Allzeittief. Die Lage blieb stabil.
• Die Geschäftserwartungen deuten auf eine spürbare Investitionsdrosselung hin, die wiederum negativ auf den Arbeitsmarkt ausstrahlt.
• Die Rezession wird wohl schmerzhafter als bislang allgemein erwartet wird. Wir rechnen mit einer Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr.
1. Erwartungsgemäß sank das ifo Geschäftsklima im Oktober. Das Ausmaß des Rückgangs um 2,7 Punkte auf 90,2 Punkte blieb ebenfalls grob im Rahmen der Erwartungen (Bloomberg-Median: 91,0 Punkte, DekaBank: 90,5 Punkte). Damit endet aber das, was zu erwarten war. Unerwartet hielt sich nämlich die Lagebeurteilung auf ihrem überdurchschnittlichen Niveau von 99,9 Punkte (+0,1 Punkte) und unerwartet stark sanken die Geschäftserwartungen: Mit dem stärksten Rückgang der gesamtdeutschen Geschichte (-5,1 Punkte) erreichten diese mit 81,4 Punkten das niedrigste Niveau seit der Wiedervereinigung. Noch nie in der gesamtdeutschen Geschichte blickten die Unternehmen so pessimistisch in die Zukunft! Man muss schon bis in die schwere Doppelrezession Anfang der Achtzigerjahre zurückgehen, um ähnlich schlechte Stimmungswerte bei den ifo Geschäftserwartungen zu finden.
2. Der starke Rückgang der Geschäftserwartungen kann natürlich auch mit der Eskalation der Finanzmarktkrise in Verbindung gebracht werden. Doch sich allein auf deren potenziellen, unmittelbaren Folgen – eine Kreditklemme – zu berufen, greift wohl zu kurz. Die Gemengelage aus Finanz- und Immobilienmarktkrise lastet auf der wirtschaftlichen Entwicklung der wichtigsten deutschen Handelspartner und trübt so die deutschen Exportperspektiven. So kennen derzeit die globalen Frühindikatoren, wie z.B. das Deka Handelspartnerklima für die 30 wichtigsten Abnehmerländer, nur eine Richtung, nämlich nach unten.
3. Welche Konsequenzen zieht ein derart hoher Pessimismus nach sich? Unternehmen gründen ihre Investitionsentscheidung unter anderem auf den Absatzperspektiven: Nur wenn zu erwarten ist, dass neu geschaffene Produktionskapazitäten auch ausgelastet werden können, werden Unternehmen investieren. Angesichts der heute veröffentlichten ifo Geschäftserwartungen ist mit einem starken Rückgang der Investitionstätigkeit zu rechnen. Wenn aber Investitionen zurückgeschraubt werden, geht dies mit einem Beschäftigungsabbau einher. Und es ist nicht mehr die Frage, ob es zu einem solchen kommt, sondern nur noch, wie stark dieser sein wird. Das Schlimme an der Sache ist, dass die negativen Auswirkungen weitgehend unabhängig davon sind, ob die Skepsis real begründet oder eine Übertreibung im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise ist: Unternehmen, die skeptisch sind, investieren weniger.
4. Unverständlich ist das Ausbleiben einer weiteren Abwärtskorrektur der immer noch überdurchschnittlichen (!) Lagebeurteilung. Man muss sich Folgendes vergegenwärtigen: Der Stand von 99,9 Punkten entspricht nahezu dem Durchschnitt des konjunkturellen Ausnahmejahrs 2000! Hiervon dürften wir aber weit entfernt sein! Ein kleiner Teil des Rätsels löst sich, wenn man auf die Branchen schaut. So beurteilen beispielsweise die Einzelhändler die Lage besser, was zu der im zweiten Halbjahr 2008 etwas aufgehellten Konsumperspektive passt. Sinkende Inflationsraten und eine noch (!) positive Arbeitsmarktentwicklung helfen hier. In der Industrie ging die Lagebeurteilung zwar zurück aber nur verhältnismäßig schwach. Der Anstieg der gesamten Lagebeurteilung passt kaum zu den negativen Unternehmensnachrichten der vergangenen Wochen und noch weniger zur Konjunkturentwicklung. Es steht daher zu befürchten, dass es in den kommenden Monaten zu scharfen Korrekturen der Lagebeurteilung kommen wird.
5. Eindeutiges Fazit der heutigen Daten: Die Rezession wird wohl schmerzhafter als bislang allgemein erwartet. Wir rechnen mit einer Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr.
Quelle: Dekabank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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