Deutschland: Bruttoinlandsprodukt – Fortsetzung der Krisenaufarbeitung
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
1. Die Schnellschätzung des Bruttoinlandsprodukts vom 12. Februar wurde heute bestätigt. Danach stagnierte die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2009. Nun sind allerdings auch Details verfügbar, die es ermöglichen, ein genaueres Bild zu zeichnen.
2. (Alleiniger) Wachstumstreiber waren die Nettoexporte. Die Erholung der Weltwirtschaft ist in vollem Gange und die deutschen Exporteure konnten sich hiervon ein gutes Stück abschneiden (Exporte +3,0 % qoq). Dies war trotz der schwachen Entwicklung in der Eurozone, der wichtigsten Absatzregion, möglich. Zum einen weil die anspruchsvolle deutsche Produktpalette wieder den Geschmack der Welt trifft, zum anderen weil die preisliche Wettbewerbsfähigkeit weiterhin gut ist. Da aufgrund der schwachen Binnennachfrage die Importe um 1,8 % qoq sanken, steuerte der Außenbeitrag 2,0 %-Punkte zum Wachstum bei.
3. Problematisch war die Binnennachfrage in all ihren Facetten. Letztendlich kann dies als eine Fortsetzung der Krisenaufarbeitung interpretiert werden. Der private Konsum sank merklich um 1,0 % qoq. Angesichts der Robustheit des deutschen Arbeitsmarktes kann dieser hierfür allenfalls eingeschränkt verantwortlich gemacht werden. Eine psychologische Bremse war er nicht, die verfügbaren Einkommen aber lagen infolge der Kurzarbeit unter dem Niveau des Vorquartals. Wichtiger war der Kollaps der Automobilnachfrage nach dem Wegfallen der Abwrackprämie, dem die Konsumentwicklung anzulasten ist. So stiegen denn auch die Einzelhandelsumsätze um 0,4 % qoq an, während der Kfz-Handel um über 7 % qoq zurückging.
4. Die Bauinvestitionen sanken um 0,5 % qoq. Das ist aber nicht auf die Witterung zurückzuführen, denn die Temperaturen lagen 0,6°C über dem langjährigen Mittel. Vielmehr lastete die schwache Finanzlage der Länder und Gemeinden auf der Bauaktivität. So gingen die Gemeindesteuereinnahmen 2009 um über 11 % und die Ländersteuereinnahmen um über 25 % zurück. Das zeigt sich auch daran, dass der Wohnungsbau weiter zulegen konnte, angeheizt auch durch die staatlich geförderte energetische Sanierung, während der Nichtwohnungsbau stark zurückging.
5. Auch bei den Ausrüstungsinvestitionen herrschte Zurückhaltung vor (-1,5 % qoq). Angesichts der hohen Unterauslastung der Produktionskapazitäten besteht für die Erweiterung der Produktionskapazitäten kein Anlass. So wird trotz des jüngsten Anstiegs der langjährige Durchschnitt des Auslastungsgrads von 84 % um rund 10 %-Punkte unterschritten. Wenn investiert wird, dann allenfalls um veraltete Maschinen zu ersetzen oder zu rationalisieren.
6. Massive Bremseffekte kamen von den Lagerinvestitionen (-1,2 %-Punkte). Diese statistische Residualgröße sollte nur vorsichtig interpretiert werden. Angesichts der immer noch geringen Auftragsbestände könnte es sich um einen geplanten Lagerabbau handeln.
7. Wie geht es weiter? Im ersten Quartal wird die kalte Witterung zuschlagen. Nach den bislang vorliegenden Daten handelt es sich um das kälteste erste Quartal seit 1991. Dies dürfte die Bauinvestitionen stark behindert haben und könnte auch den privaten Konsum in Mitleidenschaft ziehen. Dieser leidet ohnehin unter den Entzugserscheinungen der Abwrackprämie. Die Witterungseffekte werden sich allerdings im zweiten Quartal ins Gegenteil wenden und dort für eine größere Dynamik sorgen. Die Exporte dürften zunächst noch laufen, doch die französischen Daten zur Pkw-Nachfrage zeigen, dass das Wegfallen der Abwrackprämie im Ausland sich zunehmend auch auf die deutschen Exporte auswirken könnte. Die Investitionsneigung der Unternehmen wird zunächst noch schwach bleiben und erst mit dem näher rückenden Ende der degressiven Abschreibungsmöglichkeiten (31.12.2010) zu vorgezogenen Investitionen in Ausrüstungen führen. Alles in allem wird das Bruttoinlandsprodukt 2010 bestenfalls um 1,4 % zulegen.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.