Deutschland: Bruttoinlandsprodukt - Erste konjunkturelle Sturmausläufer erreichen Deutschland
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1. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt sank im zweiten Quartal zum ersten Mal seit vier Jahren. Der deutliche Rückgang um 0,5% qoq kam aber nicht unerwartet (Bloomberg-Median: -0,8% mom; DekaBank: -0,7% qoq). Das erste Quartal wurde um zwei Zehntel nach unten revidiert. Damit lag die gesamtwirtschaftliche Ausbringungsmenge um 3,1 % über dem Vorjahresniveau, unter Ausschaltung von Kalendereffekten allerdings nur um 1,7%.
2. Wie immer handelt es sich bei den heute veröffentlichten Daten um eine Schnellschätzung ohne Aufgliederung nach den Quellen des Wachstums. Diese werden erst am 26.8. veröffentlicht. Aufgrund der Konjunkturindikatoren sind aber folgende Entwicklungen zu erwarten. Zu einem guten Teil war der Rückgang tatsächlich der erwartete Rückprall auf die Sondereffekte im ersten Quartal. Damals führte die milde Witterung zu einem Winterbauboom, im Zuge dessen Produktion vom Frühjahr in die Wintermonate vorgezogen wurde. Da die Neuaufträge seither sogar stark rückläufig waren, brachen die Bauinvestitionen nun um über 4% qoq ein. Daneben bauten die Unternehmen im ersten Quartal teils geplant, teils ungeplant Lager auf. Letztere wurden im zweiten Quartal wieder abgebaut. Bei sich eintrübenden Absatzperspektiven sind die Unternehmen bemüht, mit möglichst geringen Fertigwarenlagerbeständen in die schwächere Konjunkturphase einzutreten.
3. Doch das ist nur ein Teil der Geschichte: Darüber hinaus hat sich aber der Konjunkturhimmel merklich verfinstert und die ersten Sturmausläufer sind mit schwachen Exporten und einem wieder sinkenden privaten Konsum in Deutschland angekommen. Die außenwirtschaftliche Flanke wankt bedenklich. In einem atemberaubenden Tempo brechen derzeit die (west-)europäischen Absatzmärkte weg – hierhin gehen immerhin knapp 60% der deutschen Ausfuhren. So sanken beispielsweise die Auslandsaufträge aus der Eurozone im ersten Quartal um 4,9% qoq und im zweiten gar um 8,5% qoq. Dass es im ersten Quartal möglicherweise noch zu einer Stagnation der Exporte reichte ist allein den alten Auftragsbeständen zuzuschreiben. Immerhin reichte es für einen leicht positiven Wachstumsbeitrag des Außenbeitrags. Dies ist aber allein auf die stark rückläufigen Importe zurückzuführen. Das Comeback des privaten Konsums ist einmal mehr ausgeblieben. Unverändert hat die hohe Inflation die Konsumenten in Deutschland und Euroland im Griff. Sie zehrt die durchaus beachtlichen Einkommenszuwächse auf und raubt so den Menschen die Konsummöglichkeiten. Zudem lastet die Inflationswahrnehmung auf dem Konsum, denn gefühlt war die Kaufkraftentwertung noch um ein Vielfaches größer. So beurteilten die deutschen Haushalte ihre gegenwärtige und zukünftige finanzielle Situation noch nie so schlecht wie zuletzt im Juli. Die privaten Konsumausgaben sind wieder einmal gesunken.
4. Die Ausrüstungsinvestitionen dürften ebenfalls zurückgegangen sein. Im ersten Quartal wurden noch die Restauftragsbestände abgearbeitet, die sich durch den Wunsch der Unternehmen aufgehäuft hatten, noch in den Genuss der steuerlich günstigeren Abschreibungsbedingungen zu kommen. Nun fehlt diese Nachfrage. Dass keine neue hinzugekommen ist – die Inlandsaufträge der Investitionsgüterproduzenten fielen im zweiten Quartal um 2,8% qoq –, liegt an den sich rapide verschlechternden Konjunkturaussichten.
5. Alles in allem stellt sich die konjunkturelle Situation zur Jahresmitte 2008 schlecht dar, denn eine weitere Schrumpfung der Wirtschaftsleistung im Folgequartal ist wahrscheinlich. Damit wäre gemäß einer Faustregel das Kriterium für eine technische (!) Rezession erfüllt. Immerhin ist die konjunkturelle Grunddynamik derzeit noch so hoch (überdurchschnittliche Auslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten), dass von einer echten (!) Rezession noch nicht gesprochen werden sollte. Mit den heutigen Daten und den Revisionen nehmen wir unsere Prognose für 2008 auf +1,9 % zurück. Für das kommende Jahr erwarten wir einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um +0,9 %.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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