Kommentar
11:32 Uhr, 13.02.2009

Deutschland: Bruttoinlandsprodukt - auf Tauchfahrt

1. Nun ist das Desaster amtlich: Das Schlussquartal 2008 war mit einer Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts um 2,1 % qoq das zweitschlechteste in der bundesdeutschen Statistik – das schlechteste Quartal lag im Jahr 1987. Das Vorjahresniveau wurde kalenderbereinigt um 1,7 % unterschritten.

2. Wie immer werden bei der Schnellschätzung keine Details bekannt gegeben, doch aufgrund der vorliegenden Konjunkturindikatoren lässt sich das konjunkturelle Gesamtbild wie folgt umreißen:

• Die Katastrophe kam von außen: Es begann mit einem noch nie da gewesenen Absturz der Bestellungen aus dem Ausland, die binnen Jahresfrist um über 27 % zurückgingen. Anfänglich ließ sich das durch die noch vorhandenen Auftragsbestände abfedern, doch spätestens seit November schlägt die globale Rezession mit voller Wucht durch. So sank die nominale Warenausfuhr im vierten Quartal 2008 um 8,4 % und – nicht minder problematisch – bremst über einen statistischen Unterhang von -6,1% qoq auch die Exportentwicklung im laufenden ersten Quartal 2009 aus (Anhang: Schaubild A). Der simultane Einbruch der Konjunktur rund um den Globus lässt sich am Wachstum unserer Handelspartner verdeutlichen: In Schnitt der letzten Quartale wuchs der deutsche Absatzmarkt gemessen am Handelspartner-BIP Quartal für Quartal um 0,8 % qoq. Im Schlussquartal 2009 kam es zu einer einprozentigen Schrumpfung. Der Rückgang der Importe war nicht stark genug um einen deutlich negativen Wachstumsbeitrag von mehr als -1½ Prozentpunkten zu verhindern (Anhang: Schaubild B).

• Das gute Weihnachtsgeschäft muss gemessen an der amtlichen Statistik in das Reich der Sagen und Märchen verbannt werden. Nach einem schwachen Start ins vierte Quartal gingen die Umsätze der Einzelhändler im Dezember nochmals in die Knie. Der private Konsum dürfte im Schlussquartal wieder gesunken sein – das vierte Mal innerhalb von fünf Quartalen (Anhang: Schaubild E). Ein wenig irritieren die Daten dennoch, denn bei einem robusten Arbeitsmarkt und einer rückläufigen Inflation hätte man auch Besseres erwarten können.

• Deutliche Bremseffekte gingen auch von den Ausrüstungsinvestitionen aus, die ähnlich stark wie in der Rezession von 1993 zurückgingen (Anhang: Schaubild C). Ein Wunder ist das nicht, denn bei kollabierenden Absatzmärkten weltweit und einem komatösen privaten Konsum in Deutschland besteht keine Notwendigkeit in neue Kapazitäten zu investieren. Im Gegenteil, die vorhandenen Kapazitäten erwiesen sich als zu hoch, ging der Auslastungsgrad doch um über 10 Prozentpunkte auf 76,2% zurück.

• Die Bauinvestitionen bewegten sich am Rande der Stagnation (Anhang: Schaubild D). Die zuletzt schwache Auftragsentwicklung hätte für kommendes Jahr Schlechtes erwarten lassen, wären nicht die Stimuli durch das Konjunkturpaket II in Aussicht gestellt worden.

• Eine unangenehme Nachricht kam von den Lagerinvestitionen. Diese wurden merklich erhöht. Das stützte zwar das Wachstum im Schlussquartal 2008, doch für die Zukunft ist dies eine Hypothek. Der Lageraufbau war nämlich alles andere als geplant, sondern die Folge einer in sich zusammenfallenden Nachfrage, mit der die Produktionsdrosselungen nicht mithalten konnten. Da Lager Kosten verursachen, werden die Unternehmen im kommenden Quartal bestrebt sein, diese zu verringern. Wenn Nachfrage bedient werden muss, wird dies folglich zunächst über einen Lagerabbau und nicht durch zusätzliche Produktion geschehen. Das führt zu weiteren kontraktiven Impulsen für das erste Quartal 2009.

3. Doch nicht allein die Gefahr einer Lagerkorrektur lastet auf dem ersten Quartal 2009. Die Abwärtsdynamik verschärfte sich zum Jahresende 2008, sodass es zu einem deutlichen statistischen Unterhang gekommen sein dürfte. Würden die Monate Januar bis März eine Stagnation beispielsweise der Produktion bringen, sänke sie dennoch im Durchschnitt des ersten Quartals um 4,8% qoq. Der deutsche Konjunkturdampfer treibt also rückwärts und braucht selbst unter Volldampf Zeit um Fahrt voraus machen zu können. Dass dies gelingen wird, ist aber aufgrund der Konjunkturindikatoren ohnehin nicht zu erwarten.

4. Durch die Revision der Historie und das schlechter als erwartete Schlussquartal 2008 würde sich rein rechnerisch eine Abwärtsrevision unserer Konjunkturprognose um rund zwei Zehntel Prozentpunkte ergeben. Berücksichtigt man eine etwas stärkere Korrektur der Lagerbestände als bislang unterstellt, so müssten nochmals um rund zwei Zehntel Prozentpunkte nach unten revidiert werden. Ausgehend von unserer aktuellen Prognose einer Schrumpfung um 2,6% nähert man sich wieder der -3%-Linie an – trotz Konjunkturpakets.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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