Deutschland: Bruttoinlandsprodukt 2009 - In der Weltwirtschaftskrise 2.0
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1. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im Jahr 2009 gemäß der vorläufigen Ermittlung durch das statistische Bundesamt um 5,0% (Bloomberg-Median: -4,8%; DekaBank: -4,8%). Das ist der stärkste Wirtschaftseinbruch seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.
2. Deutschland war im Jahr 2008 in die Rezession abgeglitten, wobei der Kollaps erst mit dem Fall der Investmentbank Lehman Brothers einsetzte. Panikartig reagierten die Unternehmenslenker weltweit und agierten wie Kapitäne, die auf einen Sturm zusteuern: „Schotten Dicht und Ballast über Bord!“. „Schotten Dicht“ bedeutete Auftragsstopp: Vor allem die Auslandsbestellungen brachen bei den deutschen Unternehmen ein. Gleichzeitig wurden Aufträge massenweise storniert. Da es keine Auftragsbestandsstatistik in Deutschland gibt, haben wir exemplarisch die Stornierungen bei Airbus als einen Indikator gewählt. „Ballast über Bord“ war gleichbedeutend mit der Räumung der Fertigwaren- und Vorproduktlager. Die Produktion wurde gestoppt und der Rest an Nachfrage aus den Fertigwarenlagern bedient. Gleichzeitig stellte man sich auf eine längere Phase der Produktionsdrosselung ein und baute daher auch die Vorproduktlager ab. Allein in Deutschland dämpften die Lagerinvestitionen das Wachstum um 0,8 Prozentpunkte. Dies geschah zeitgleich rund um den Globus und ließ die deutschen Exporte implodieren (-14,7 %).
3. Dies führte zu einem noch nie dagewesenen Einbruch der Kapazitätsauslastung, der von einer depressiven Unternehmensstimmung begleitet wurde. Beides bereitete den Boden für einen Kollaps der Investitionen in Ausrüstungen (-20,0 %). Man musste nicht investieren – es gab genügend Kapazitätsreserven – und man wollte nicht investieren – man hatte das Vertrauen in die Zukunft verloren. Auch wenn die negative Erwartungsspirale mit dem entschiedenen Einschreiten der Politik durchbrochen wurde, blieb die Stimmung auf einem sehr niedrigen Niveau und die Unterauslastung der Kapazitäten als Hemmschuh.
4. Die Bauinvestitionen sanken um 0,7 %, das lag aber zu einem großen Teil an der Erblast aus dem Jahr 2008. Nach bisherigem Rechnungsstand nahmen die Bauinvestitionen in den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 zu, lediglich das vierte Quartal wird wohl einen Rücksetzer gebracht haben.
5. Positiv zum Wachstum trugen der öffentliche (2,7 %) und der private Konsum (0,4%) bei. Letzterer war begünstigt durch die erstaunliche Widerstandskraft des deutschen Arbeitsmarktes, durch hohe Tarifabschlüsse im Vorjahr und durch die rückläufige Inflation. Hinzukamen die Maßnahmen der Konjunkturprogramme – allen voran die Abwrackprämie.
6. Die Importe sanken im Jahr 2009 um 8,9 %. Das ist deutlich weniger als der Exportrückgang und liegt sicherlich zu einem guten Teil am stabilen Konsum und der Abwrackprämie. Für den Außenbeitrag bedeutete dies allerdings Schlechtes: um 3,4 Prozentpunkte dämpfte dieser das Wachstum.
7. Mit Rückschlüssen auf das vierte Quartal sollte man vorsichtig sein, denn es ist nicht bekannt, ob und wie stark die Vorquartale revidiert wurden, und nicht alle Konjunkturindikatoren für Dezember liegen bislang vor. Zusammen mit den bekannten Konjunkturindikatoren und dem Jahresergebnis ergibt sich dennoch ein Bild, das auf eine Enttäuschung im vierten Quartal schließen lässt. Hatte man anfänglich noch mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um ½ % gerechnet, muss man sich nun auf einen geringeren Anstieg gefasst machen. Das bedeutet, dass auch der statistische Überhang für 2010 geringer als erwartet ausfallen dürfte.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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