Deutschland bleibt im Ranking der Industriestaaten weit abgeschlagen
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Von Andrea Thomas
DOW JONES--Deutschland hat sich in einem Vergleich von 21 Industriestaaten um einen Platz auf Rang 17 verbessert. Basis dafür ist eine leicht bessere Bewertung im Bereich Energie. Deutschland bleibt aber weit abgeschlagen von den Top-Standorten und verzeichnet eine erodierende Wettbewerbsfähigkeit, so das Ergebnis des "Länderindex Familienunternehmen", den das Zentrum für Europäische Wirtschaftspolitik (ZEW) im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen erstellt hat. Eine Trendwende sei nicht gelungen.
Deutschland solle umfassende Reformen, Prioritäten bei den öffentlichen Finanzen und die Abschaffung ganzer Gesetzespakete vornehmen, um die Standortbedingungen zu verbessern, heißt es in der Studie. Der Länderindex wird alle zwei Jahre vom ZEW erstellt.
Spitzenreiter des Ranking ist Dänemark, gefolgt von Schweden, Kanada und den USA. Dabei sind die beiden nordischen Länder in Europa erstmals ganz vorne. Dänemark verbesserte sich um knapp sechs Punkte, wobei besonders die positiven Entwicklungen im Bereich "Energie" in Form von vergleichsweise günstigen Strompreisen bei hoher Stromversorgungssicherheit sowie geringer Importrisiken für Öl, Gas und Kohle dem Land an die Spitze verhalfen.
Neben Deutschland nehmen Ungarn, Frankreich, Spanien und Italien die letzten Plätze der Rangliste ein. Damit befinden sich die vier größten EU-Staaten allesamt in der Schlussgruppe des Standortranking, so die Studie. Lediglich kleinere europäische Staaten hätten es in die Spitzengruppe geschafft.
Abkopplung von russischen Energieimporten positiv
Deutschland verbesserte sich im Vergleich zur Untersuchung von vor zwei Jahren leicht, weil die Abkopplung von russischen Energieimporten vorangeschritten ist. Trotz verbesserter Positionen in den entsprechenden Teilindikatoren bleiben die hohen Energiepreise jedoch ein großer Standortnachteil.
"Die sich häufenden Negativmeldungen aus der deutschen Industrie können nicht nur als Momentaufnahme in einem schwierigen, durch die Folgen der Energiekrise geprägten konjunkturellen Umfeld gewertet werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine erodierende Wettbewerbsfähigkeit der Standortbedingungen zur aktuell sich verschärfenden Problemlage ehemals prosperierender industrieller Branchen beigetragen hat", wie es in dem Bericht heißt.
Die am besten bewertete Standortdimension Deutschlands blieb der Untersuchung zufolge der Bereich Finanzierung, in dem das Land die Spitzenposition einnimmt. Das liege unter anderem an den herausragenden Resultaten im Bereich der Sovereign Ratings und der im internationalen Vergleich geringen Verschuldung der privaten und öffentlichen Haushalte.
Vergleichsweise gut, aber nicht exzellent habe Deutschland auch im Subindex "Infrastruktur und Institutionen" abgeschnitten. Schwach seien dagegen die Ergebnisse in den Bereichen "Steuern" sowie "Arbeitskosten, Produktivität, Humankapital" und "Regulierung" gewesen, wo sie sich tendenziell weiter verschlechterten.
Dazu trügen etwa eine erneut rückläufige Bildungsperformance, höhere Arbeitskosten bei geringem Produktivitätsfortschritt und eine noch kritischere Bewertung der Bürokratielasten für Unternehmen bei.
Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, mahnte die Politik, die Empfehlungen des ZEW nicht zu ignorieren. "Personalabbau, Marktanteilsverluste und Investitionsschwäche: Die Nachrichten, die wir aus den Familienunternehmen bekommen, decken sich mit den katastrophalen Standortnoten unseres Länderindex", sagte Kirchdörfer. "Die Politik hat in Teilen verstanden, dass dem mit mehr Schulden und Subventionen nicht beizukommen ist."
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/rio
Copyright (c) 2025 Dow Jones & Company, Inc.