Kommentar
15:26 Uhr, 03.05.2007

Deutsche und Franzosen gleich risikoscheu

Zwar entscheiden die Franzosen erst am kommenden Sonntag, ob Ségolène Royal oder Nicolas Sarkozy Staatspräsident wird - doch steht bereits fest, dass das neue Staatsoberhaupt mit einer geringen Verbreitung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge in Frankreich konfrontiert sein wird. 84 Prozent der Franzosen erwarten Kürzungen der staatlichen Renten, aber nur 40 Prozent sorgen zusätzlich vor, wie das Fidelity Vorsorge-Barometer Europa zeigt. Damit bestehen gravierende Unterschiede zum Vorsorgeverhalten in Deutschland.

Fidelity International hat mit dem Fidelity Vorsorge-Barometer Europa eine vergleichende Meinungsumfrage zum Vorsorgeverhalten in acht europäischen Ländern vorgelegt. Ausgehend hiervon veröffentlichte das Fondsmanagement-Unternehmen in einem neuen Positionspapier nun Ansätze zur Lösung der Vorsorgeproblematik in den untersuchten Ländern. Demnach sollten die Europäer vor drohenden Rentenlücken gewarnt, besser informiert und durch stärkere steuerliche und finanzielle Anreize zu mehr Eigenvorsorge motiviert werden.

Wie die Studie ergab, gehören Frankreichs Bürger zu den Europäern, die sich bisher am wenigsten auf mögliche künftige Einschnitte bei der staatlichen Rente eingestellt haben. In Frankreich sorgen nur 31 Prozent der Erwachsenen privat vor und nur 12 Prozent über den Arbeitgeber. Eine Minderheit von gerade einmal 3 Prozent kann sowohl Produkte zur betrieblichen Altersversorgung als auch zur privaten Altersvorsorge vorweisen. Frankreich zählt damit neben Spanien und Italien zu den Ländern mit den niedrigsten Werten.

Als Hauptgründe dafür, dass sie mit der Vorbereitung der Altersvorsorge noch nicht begonnen haben, nennen die Franzosen fehlende finanzielle Mittel, die Tatsache, dass sie sich zu jung fühlen oder sie sich auf die Ausbildung ihrer Kinder konzentrieren. Zudem fühlen sich die Bürger schlecht informiert: 55 Prozent von ihnen stufen sich als nicht gut informiert ein; in Deutschland beträgt dieser Anteil dagegen nur 25 Prozent.

Trotz verbreiteter Vorsorge: Probleme in Deutschland

"Eine eigenverantwortliche Vorsorge erfordert detaillierte Informationen. Damit lassen sich die Herausforderungen der Zukunft optimistisch angehen, denn Rentenlücken können durch frühzeitiges und systematisches Handeln geschlossen werden. Insbesondere in Deutschland und Frankreich sollten die Bürger effizienter vorsorgen und so die Chance nutzen, ihre Lebensqualität im Alter zu halten", sagte Alfred Strebel, Sprecher der Geschäftsführung von Fidelity International in Deutschland.

Die Deutschen gingen aus dem Fidelity Vorsorge-Barometer Europa als fleißige, aber ängstliche Altersvorsorgesparer hervor. Rund drei Viertel von ihnen (77 Prozent) haben sich nach eigenen Angaben schon für ein Vorsorgeprodukt entschieden; 71 Prozent zur Privatvorsorge, 35 Prozent zur Altersversorgung über den Betrieb - und 28 Prozent für beides.

Deutsche und Franzosen gleich risikoscheu

Große Übereinstimmung zwischen Deutschen und Franzosen gibt es bei der Einstellung zum Thema Altersvorsorge. Jeweils mehr als der Hälfte der Bevölkerung ist das Thema Altersvorsorge lästig. Ebenfalls in beiden Ländern herrscht eine erhebliche Risikoscheu bei Geldanlagen vor. In Frankreich tendieren 82 Prozent der Befragten trotz niedriger Verzinsung zu Produkten, die eine möglichst hohe Sicherheit versprechen. Die Franzosen sind damit die Europäer mit der größten Angst vor einem möglichen Wertverlust ihrer Anlagen. Die Deutschen folgen mit geringem Abstand (78 Prozent) und weisen damit ein fast eben­so defensives Anlageverhalten auf.

"Deutsche wie Franzosen verzichten gleichermaßen auf Rendite, indem sie auf konservative Sparformen setzen. Diese sind zum Aufbau eines privaten Zukunftsvermögens allerdings nur sehr eingeschränkt geeignet. Wer seine Vorsorge stattdessen motiviert angeht sowie aussichtsreiche Geldanlagen nutzt, hat gute Chancen auf Vermögenszuwächse", so Strebel.

Quelle: Fidelity

Die 1946 gegründete US-Investmentgesellschaft Fidelity ist das größte unabhängige Fondsmanagement-Unternehmen der Welt. Es beschäftigt insgesamt 35.000 Mitarbeiter an 36 Standorten und stellt privaten und institutionellen Anlegern Investmentprodukte und -dienstleistungen zur Verfügung. Die deutsche Niederlassung Fidelity Investment Services GmbH in Frankfurt betreut ein Fondsvermögen für private Anleger von 14,37 Mrd. Euro, vertreibt 106 Publikumsfonds direkt sowie über mehr als 600 Kooperationspartner und beschäftigt 200 Mitarbeiter (Stand: 30.06.2006).

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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