Kommentar
08:39 Uhr, 07.07.2011

Der Verknappung der Zukunft zuvorkommen

Sieben Milliarden Menschen leben heute auf der Erde, 2050 werden es neun Milliarden sein: Doch schon seit 20 Jahren steht fest, dass die Bevölkerung der Erde mehr verbraucht, als der Planet regenerieren kann. Schon jetzt zeichnen sich Konflikte um Ressourcen ab: Um Rohstoffe, Nahrungsmittel und Trinkwasser. Die arabische Welt ist in Aufruhr, weil vor allem die jungen Menschen angesichts der weltweiten Verknappungen, die direkt das bescheidene Wohlstandsniveau zwischen Marokko und Syrien bedrohen, keine Perspektiven sehen.

Angesichts der – vor allem auch durch den Aufstieg Chinas ausgelösten – Ressourcenverknappung sieht sich Deutschlands Industrie im Verbund mit der Politik im Zugzwang. Fachleute rechnen damit, dass die globale wirtschaftliche und demographische Entwicklung in den kommenden 30 Jahren eine Verdoppelung des weltweiten Ressourcenbedarfs bewirkt – und die Rohstoffpreise rasant steigen lässt. Deutschland ist mit Blick auf viele Rohstoffe fast ausschließlich von Importen abhängig. Vor diesem Hintergrund hat im Herbst des vergangenen Jahres das Bundeswirtschaftsministerium die „Rohstoffstrategie der Bundesregierung“ verabschiedet, ein umfassender politischer, rechtlicher und institutioneller Rahmen für die Versorgungssicherheit in der Zukunft. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle bringt in diesem Zusammenhang die für den Wohlstand Deutschlands schon jetzt kritische Lage auf den Punkt: „Wir brauchen Rohstoffe, damit wir in Deutschland aus Spitzenideen auch zukünftig Spitzenprodukte machen!“

Es ist keine Frage, dass das bewusste und nachhaltige Umgehen mit Ressourcen die Zukunft des globalen Wirtschaftens bestimmen wird. Dabei ist Ressourceneffizienz nicht nur ein Gebot des Umweltschutzes, sondern immer mehr auch ein Gebot der Wirtschaftlichkeit. „Der Materialkostenanteil z.B. im verarbeitenden Gewerbe stieg in Deutschland von etwa 38 Prozent im Jahr 1993 auf fast 45% im Jahr 2006. Das sind absolut rund 500 Milliarden Euro im Jahr“, rechnet Bundesumweltminister Norbert Röttgen vor. Nach Einschätzungen von Experten seien mit Ressourceneffizienz-Strategien Einsparungen von rund 100 Milliarden Euro möglich: „Es lohnt sich also“, so der Minister, „in ein ökologisches Ressourcenmanagement zu investieren.“

Deutschland gehört schon heute als Vorreiter der Kreislaufwirtschaft und als Technologieführer im Bereich Umwelttechnologie zu den ressourceneffizientesten Volkswirtschaften. Derzeit wird viel dafür getan, um rohstoff- und materialeffizientes Wirtschaften weiter voranzubringen. Vor allem aber auch die Rohstoffrückgewinnung aus Abfallmaterialien rückt immer weiter in den Fokus. So macht der Begriff „Urban Mining“ die Runde: Die relativ aufwendige Rohstoffrückgewinnung aus jahrzehntelang angehäuften Haushalts- und Industrieabfällen. Vor allem Millionen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten gelten hier als attraktive Wertstoffe. Aber auch die Bereiche Bau und Abbruch, die mit 20,9 Mio Tonnen die größte Menge an Abfällen darstellen, sind interessant, weil inzwischen auch Recylingbaustoffe für Neubauten eine wachsende Akzeptanz erfahren.

Die Zahlen sprechen für sich: Unter rund 960 Mio Tonnen deponiertem Hausmüll in Deutschland finden sich 32 Mio Tonnen Eisen- und Nichteisenmetalle. Dabei entfallen 26
Mio Tonnen auf Eisen-, 850.000 Tonnen auf Kupfer- und 500.000 Tonnen auf Aluminiumschrott. Ein Rohstoffpotenzial, das einen wichtigen Beitrag zur Rohstoffversorgung und -sicherheit leisten kann.

Die EU hat den Handlungsbedarf offenbar erkannt: Im Februar 2011 wurde die Novellierung der europäischen Altgeräterichtlinie von 2003 für ein neues Sammelziel von 85 Prozent des anfallenden Elektroschrotts ab 2016 auf den Weg gebracht. Ein Entwurf der EU-Kommission sah bislang eine Erfassungsquote von 65 Prozent als neue Zielsetzung vor. Die Wiederverwertung von Elektroschrott könne aber nur gelingen, so die EU-Experten, wenn der illegale Export dieses Schrotts aus der EU unterbunden werde. Vor allem Afrika und Asien sind Ziel von illegalen Schrottexporten.

Dieser Artikel ist in unserer Sonderpublikation Nachhaltigkeit erschienen. Weitere spannende Themen können Sie nach einer kurzen kostenfreien Anmeldung hier herunterladen.

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