Kommentar
15:56 Uhr, 22.07.2005

Der Schein kann trügen

Die veröffentlichte Rendite eines Fonds muss nicht mit der Rendite seiner Anleger übereinstimmen.

Fonds werben gerne mit ihrer Wertentwicklung. Was dabei oft unerwähnt bleibt: Je eindruckvoller die kurzfristige Rendite (im Vergleich zu anderen Marktsegmenten), desto weniger Anleger dürften diese tatsächlich mitgemacht haben.

Denn die meisten Investoren sind zu Beginn eines Höhenflugs nicht dabei. Viele springen erst dann auf den Zug auf, wenn dieser schon stark an Fahrt gewonnen hat. Anleger neigen dazu, die Trends der jüngeren Vergangenheit in die Zukunft fortzuschreiben und Fonds zu kaufen, die eine gute Performance vorweisen können bzw. solche zu verkaufen, die stark gefallen sind. Das Gegenteil des berühmten Mottos „Buy low and sell high“.

Fondsfactsheets oder Performancetabellen weisen die Wertentwicklung des gesamten Portfolios aus, unabhängig davon, wie viel Geld darin in welchen Zeitraum investiert war. Sie zeigen die Rendite unter der Annahme, dass der gesamte Anlagebetrag zu Anfang des Betrachtungszeitraums investiert und bis zum Ende der Periode gehalten wurde.

Die Erfahrung des durchschnittlichen Investors ist aber meist eine andere. Anleger tätigen Ein- oder Auszahlungen innerhalb des Anlagezeitraums, da sie einen Sparplan eingerichtet haben oder versuchen, auf kurzfristige Marktbewegungen zu reagieren. Je nachdem, wie richtig oder falsch man damit liegt, kann die persönliche erheblich von der offiziellen Fondsrendite abweichen.

Unsere Kollegen in den USA haben die Lücke zwischen diesen beiden Renditemaßen untersucht, um herauszufinden, mit welchen Fonds Anleger am besten gefahren sind. Sie errechneten dabei die geldgewichtete Rendite eines typischen Fondsinvestors, in dem sie die geschätzten Mittelzu- und –abflüsse in die betreffenden Fonds berücksichtigten. Die Berechnungen beziehen sich auf 17 amerikanische Kategorien und einen Zeitraum von 10 Jahren.

Abweichungen in der Rendite geben einen Hinweis darauf, wie gut Anleger ihre Käufe und Verkäufe zeitlich gesteuert haben. Sie sind auch Anhaltspunkt dafür, ob bestimmte Fonds schwierig in der Handhabung sind.

Vorneweg: Die gewichtete Rendite lag in jeder Kategorie unterhalb der publizierten. Heikel scheinen jedoch vor allem Branchenfonds zu sein. Spitzenreiter (oder eher Schlusslicht) im Untersuchungszeitraum waren Technologiefonds, wo die tatsächliche Rendite der Anleger dem veröffentlichten Wert um 14 Prozentpunkte hinterherhinkte. Ähnlich war es bei Telekomfonds (-5,4%) und Health Care Fonds (-4%).

Auch mit Fonds, die einen Growthansatz verfolgen, bewiesen viele Anleger kein glückliches Händchen: Je nach Marktkapitalisierung ergab sich eine Lücke von 2,5 – 3,4% gegenüber der offiziellen Wertentwicklung.

Dagegen kamen Investoren mit Valuefonds am besten weg. Insgesamt fällt auf, dass die Abweichungen der beiden Renditemaße in weniger volatilen Kategorien geringer ausfallen als in schwankungsintensiven Anlagesegmenten. Die vollständigen Ergebnisse mit den Durchschnittswerten pro Kategorie finden Sie hier.

Fazit

Die Auswahl des „richtigen“ Fonds nützt wenig, wenn ungünstiges Timing die Performance zunichte macht. Dies rührt oft aus übertriebenem Aktionismus und mangelnder Langfristplanung. Eine ausreichende Risikostreuung hilft, um Schwächephasen besser zu überstehen und nicht in pro-zyklisches Handeln zu verfallen.

Quelle: Morningstar Deutschland

Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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