Kommentar
18:44 Uhr, 28.06.2022

Der Konjunktur geht es erstaunlich gut

Umfragebasierte Frühindikatoren lassen einen deutlichen Konjunktureinbruch befürchten. Doch der Wöchentliche Aktivitätsindex der Bundesbank zeigt (noch) ein anderes Bild.

Betrachtet man das in der vergangenen Woche veröffentlichte Ifo-Geschäftsklima oder die Einkaufsmanagerindies für die deutsche Wirtschaft, so könnte man annehmen, die Wirtschaft steuere auf eine schwere Krise zu. Das zeigt sich ganz besonders beim Blick auf den Verlauf des Ifo-Geschäftsklimas im vergangenen halben Jahr. Der wichtigste Frühindikator der deutschen Wirtschaft stürzte mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs geradezu ab und ließ wegen der Geschwindigkeit des Einbruchs Erinnerungen an die Finanzkrise oder den Corona-Crash wach werden. Nach einer leichten Erholung im April und Mai ging es im Juni wieder abwärts. Von nachhaltiger Erholung bisher keine Spur.

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Das Ifo-Geschäftsklima und die Einkaufsmanagerindizes basieren auf der Befragung von Unternehmen, die Angaben zum aktuellen Geschäftsverlauf und den Erwartungen für die kommenden Monate machen. Das hat den Vorteil, dass die Daten sehr frühzeitig zur Verfügung stehen im Vergleich zu Konjunkturdaten wie der Industrieproduktion oder dem Bruttoinlandsprodukt. Allerdings haben die umfragebasierten Daten auch ihre Tücken.

Vergleicht man die umfragebasierten Frühindikatoren mit Echtzeitdaten zum Wirtschaftsgeschehen, ergibt sich aktuell eine interessante Diskrepanz. Dies zeigt sich beim Blick auf den Wöchentlichen Aktivitätsindex (WAI) der Bundesbank, der die Entwicklung der deutschen Wirtschaft annähernd in Echtzeit abbilden soll. Neben traditionellen Datenreihen wie der monatlichen Industrieproduktion sowie dem vierteljährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP), die immer erst mit einer gewissen Verzögerung veröffentlicht werden, fließen in den WAI verschiedene Indikatoren ein, die ohne große zeitliche Verzögerung in wöchentlicher Frequenz zur Verfügung stehen. Dazu gehören unter anderem der Stromverbrauch, das Passantenaufkommen in Einkaufsstraßen, die Anzahl der weltweiten Flüge, Fahrten von Lkws in Deutschland, Google-Suchanfragen zum Beispiel nach Arbeitslosigkeit sowie die Anzahl von Kreditkartentransaktionen in Deutschland.

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Der WAI ist so konstruiert, dass sein langfristiger Mittelwert bei null liegt. Der WAI-Wert für jede Woche entspricht der trendbereinigten Wachstumsrate der wirtschaftlichen Aktivität in den letzten 13 Wochen (ungefähr ein Quartal) gegenüber den vorangegangenen 13 Wochen. Ein Wert von größer null bedeutet eine überdurchschnittlich stark steigende Aktivität in der Realwirtschaft, ein Wert unter null eine überdurchschnittlich stark sinkende Aktivität.

Kurz vor Beginn des Ukraine-Kriegs sank der WAI unter die Nulllinie und trübte sich anschließend weiter ein, kehrte aber auch zwei Mal wieder kurzzeitig für jeweils eine Woche über die Nulllinie zurück. Seit den vergangenen beiden Wochen zeigt sich nun eine erneute Aufhellung der Wirtschaftsaktivität, die den WAI inzwischen fast erneut an die Nulllinie geführt hat. In den vergangenen 13 Wochen bis zum 26. Juni ist die trendbereinigte Wirtschaftsaktivität damit laut WAI im Vergleich zu den vorangegangenen 13 Wochen praktisch unverändert geblieben. Die WAI-implizierte BIP-Wachstumsrate für die letzten dreizehn Wochen bis zum 26. Juni gegenüber den vorangegangenen dreizehn Wochen liegt laut Bundesbank sogar bei plus 0,2 Prozent.

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Trotz der zahlreichen Unsicherheitsfaktoren wie der hohen Inflation, weiterhin gestörter Lieferketten und der steigenden langfristigen Zinsen ist bisher kein dramatischer Wirtschaftseinbruch auszumachen, wie der WAI zeigt.

Beim Blick auf das Ifo-Geschäftsklima und auf die Einkaufsmanagerindizes fällt auch auf, dass für den deutlichen Einbruch vor allem die eingetrübten Erwartungen verantwortlich sind, während die aktuelle Lage nur etwas schlechter eingeschätzt wird.

Fazit: Insgesamt befindet sich die Konjunktur in Deutschland weiter in einer relativ robusten Verfassung. Das muss in den kommenden Monaten nicht so bleiben, aber bisher leidet die Wirtschaft vor allem an einem Stimmungstief und schwächeren Erwartungen, während die Geschäfte eigentlich noch ganz gut laufen.


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3 Kommentare

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  • Aus meiner Sicht
    Aus meiner Sicht

    Eine solche inhaltliche Zustimmung durch einen Experten stimmt mich nachdenklich hinsichtlich seinem tiefgreifenden Fachwissen.

    18:51 Uhr, 29.06.2022
  • Oliver Baron
    Oliver Baron Experte für Anlagestrategien

    Stimmt, das ist eine plausible Erklärung!

    22:37 Uhr, 28.06.2022
  • iglu
    iglu

    mögliche Erklärung: Augrund der Inflation werden Konsumausgaben vorgezogen (kaufen bevor es noch teurer wird).. Nachdem diese Käufe getätigt wurden, kommt der Einbruch.

    20:27 Uhr, 28.06.2022

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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