Kommentar
18:07 Uhr, 24.03.2005

Deka zückt Brieftasche

Offene Immobilienfonds sind riskanter als sie angepriesen werden.

Ein Bestechungsskandal, in den Führungskräfte der offenen Immobilienfondsbranche verstrickt sind, hat die Frankfurter Real Estate Szene letzten Sommer aufgemischt. Erst die Affäre um raffgierige gewerbliche Häuslebauer spülte das eigentliche Problem für Fondssparer nach oben: Die überbewerteten Immobilienbestände der in Deutschland investierenden offenen Immobilienfonds. Die seit Jahren stagnierende deutsche Volkswirtschaft schmälert die Mieteinkünfte im gewerblichen Sektor und führt zu einem Überangebot an Büroimmobilien. Wir alle kennen die Schilder der Immobilienmakler in den Großstädten. Prestigeprojekte wie die Theresien in München oder der Frankfurter Messeturm offerieren freien Mietraum zu international mehr als erschwinglichen Preisen.

Offene Immobilienfonds haben in Deutschland einen Anteil am Publikumsfondsvermögen von fast 19%: Das sind 90 Milliarden Euro. Nur internationale Anleihefonds sind mit 109 Milliarden Euro bei deutschen Sparern populärer. Die Anlageform offener Immobilienfonds gilt gemeinhin als risikoarm, gemessen an einer Volatilität nahe 0%. Zudem lockt das bei Deutschen beliebte Steuerargument. Die Ausschüttungen sind meist zu mehr als 50% steuerfrei. Doch so risikoarm können die Investments in Gewerbeimmobilien nicht sein.

Die DekaBank muss den Korruptionsskandal, überbewertete Liegenschaften und Mittelabflüsse unter einen Hut bringen. Die Extremsituation hat das Institut dazu gezwungen, die Markmechanismen für seinen Deutschlandfonds außer Kraft zu setzen. Der Dachverband der Sparkassen springt für Missmanagement, Untreue und Ignoranz ein. Immerhin sollen die Anteilsinhaber 2005 von einer Wertentwicklung von 2% profitieren. Die Wertdifferenzen zwischen Buchwerten und Realität sollen nun reduziert werden, ein in der Bilanz zu hoch einstehender Frankfurter Bankturm wird übernommen und selbst bezogen. Der Fondsmanager Deka Immobilien verzichtet „bis auf weiteres“ auf die Verwaltungsgebühr. Der Fonds wird wieder aufgepeppelt. Geräuschloser haben die zur HypoVereinsbank gehörenden iii-Fonds ihr Deutschlandproblem durch eine Zusammenlegung und Umbenennung des deutschen und europäischen Produkts gelöst. Allerdings waren auch hier die Anpassungen für die Anleger schmerzlich.

Und die Moral von der Geschicht’? Offene Immobilienfonds sind nicht so risikoarm, wie es die Volatilität und vergangene Wertentwicklungen signalisieren. Wenn Sie einen Immobilienfonds mit hohen einstelligen Wertzuwächsen in den letzten Monaten im Depot halten, dann fragen Sie ihren Anlageberater nach Einwertungsgewinnen. Investoren von weltweit anlegenden offenen Immobilienfonds sollten sich über Steuerrückstellungen für Auslandsliegenschaften im Sondervermögen ihrer Fonds informieren. Und eigentlich könnte doch die ganze Investmentbranche der DekaBank folgen. Werden Investmentfonds nachweislich und offensichtlich schlecht verwaltet, dann sollte der Mutterkonzern einspringen und den Schaden im Interesse der Anleger begleichen.

Quelle: Morningstar Deutschland

Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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