Kommentar
17:35 Uhr, 12.02.2003

Deka: USA - Ölpreis bremst die Konjunktur

Die seit Monaten anhaltende Unsicherheit über einen möglichen Krieg im Irak und die schwierige innenpolitische Situation in Venezuela lassen die Preise für Rohöl stetig steigen. Mit Sorge beobachten weltweit Ökonomen, wie sich der Preisanstieg auf die konjunkturelle Dynamik in den Volkswirtschaften niederschlägt. Gerade die Hoffnungen auf eine stabile Erholung für die US-amerikanische Ökonomie erfuhren in den vergangenen Wochen eine Eintrübung.

Das hier konstruierte Ölpreis-BIP-Modell soll uns die Möglichkeit geben, die Auswirkungen eines Ölpreisschocks auf die amerikanische Wirtschaft darzustellen. Darüber hinaus soll es uns ermöglichen, exakte Abweichungen, d.h. absolute wie auch relative Differenzen, für die bisherigen Prognosen für die USA abschätzen zu können.

Um die Elastizitäten zwischen dem konjunkturellen Verlauf einer Volkswirtschaft und der Entwicklung der Rohölpreise an den Weltmärkten aufzuzeigen, kommt im Folgenden ein Vektorautoregressives Modell (VAR-Modell) zum Einsatz. Der Vorteil gegenüber häufig eingesetzten einfachen Regressionsgleichungen besteht darin, dass die Dynamik zwischen den einzelnen Determinanten stärkere Berücksichtigung findet. Dieser Ansatz ist bereits mehrfach zur Analyse von Abhängigkeiten zwischen Rohölpreis und Konjunkturverlauf bei internationalen Organisationen zum Einsatz gekommen und baut auf einer wissenschaftlich fundierten Grundlage auf. Zu den erklärenden Variablen des Modells zählen neben Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Ölpreis (OEL) auch die Entwicklung des handelsgewichteten Wechselkurses (WK). Alle drei Determinanten werden in den Gleichungen durch die jeweils eigene Vergangenheit und die Vergangenheit der anderen Variablen erklärt. Die dynamischen Eigenschaften der Determinanten fließen hier, nach Bestimmung der optimalen Lagstruktur, für das vorhergehende Quartal ein. Somit wird das Bruttoinlandsprodukt des laufenden Quartals durch die Entwicklung der endogenen Variablen BIP, OEL und WK der Vorperiode bestimmt.

Ausgehend von einem Preis für Rohöl (WTI) von durchschnittlich 30 USD pro Barrel (USD/bbl) für das vierte Quartal 2002 wird für das erste Quartal 2003 ein durchschnittlicher Preis von 35 USD/bbl (Szenario 1) bzw. 40 USD/bbl (Szenario 2) unterstellt. Aufgrund der Struktur des VAR-Modells lassen sich die Auswirkungen des Schocks allerdings erst ab der Folgeperiode, hier dem zweiten Quartal, abgreifen. In den anschließenden Quartalen wird dann wieder mit einem Rückgang des Rohölpreises auf die Werte des Basisszenarios gerechnet. Die anschließende Tabelle 1 stellt die Abweichungen von der bisherigen BIP-Prognose durch den gestiegenen Ölpreis dar.

Sollte sich der Rohölpreis im Quartalsverlauf auch weiterhin auf einem Niveau von 35 USD bewegen, dann verliert das Wachstum der US-Wirtschaft im zweiten Quartal mit einer annualisierten Rate von 0.9 % deutlich an Fahrt. Im dritten und vierten Quartal verringern sich die negativen Effekte deutlich. In Wachstumsraten zum Vorquartal ausgedrückt, ergibt sich sogar ein leicht höherer Zuwachs als im ursprünglichen Szenario - der Einruch im zweiten Quartal verringert die Vergleichsbasis. Für das Gesamtjahr 2003 würde sich für einen durchschnittlichen Rohölpreis von 35 USD/bbl im ersten Quartal und einer anschließenden Normalisierung auf unter 30 USD/bbl ein Wachstumsverlust in Höhe von 0,1 Prozentpunkten oder rund 10 Mrd. USD weniger für das US-BIP ergeben. Ein Anstieg auf 40 USD/bbl führt im Jahresvergleich zu einem geringeren Wachstum von 0,2 Prozentpunkten oder einem knapp 20 Mrd. USD geringerem BIP gegenüber den bisherigen Prognosen. Nach unserer laufenden Einschätzung (ohne Ölpreisschock) liegt die Veränderung des Jahresdurchschnitts gegenüber dem Vorjahr momentan bei 1,8 %.

Unterstützung erfährt die konjunkturelle Erholung in den USA jedoch durch die Abwertung des USDollars. Der negative Ölpreisschock wurde in den vergangenen Wochen durch eine Abwertung der Währung gemildert. Für die US-Unternehmen ergeben sich durch die schwache Währung zusätzliche Absatzmöglichkeiten auf den internationalen Märkten. In einem weiteren Szenario wird zusätzlich zum Ölpreisschock (Rohöl bei 35 USD/BBL) mit einem "positiven Wechselkursschock" (handelsgewichteter Wechselkurs bei 105 und damit eine Abwertung um weitere 10 % gegenüber Q4 2002) im laufenden Quartal gerechnet. Im Jahresverlauf summiert sich der Verlust des US-BIP gegenüber unseren bisherigen Prognosen lediglich auf rund 3 Mrd. USD statt der 10 Mrd. USD beim isolierten Ölpreisschock. Sollte der Rohölpreis auf dem gegenwärtigen Niveau stagnieren, aber der Wert des US-Dollars auch weiterhin sinken, kann es sogar zu einer völligen Kompensierung der negativen Folgen des Ölpreisschocks kommen.

Quelle: Deka

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