Kommentar
10:28 Uhr, 18.03.2003

Deka: Gold - Glänzende Zukunft ?

Nach einem jahrelangen Schattendasein ist Gold wieder in den Mittelpunkt des Anlegerinteresses getreten. Mit dem Anstieg des Goldpreises von seinem bisherigen Tiefstand innerhalb der letzten 10 Jahre von 252,55 US-Dollar pro Feinunze im August 1999 auf zwischenzeitlich über 390 US-Dollar Anfang Februar ist der langjährige Abwärtstrend im Gold gebrochen. Damit waren Gold oder Assets, deren Preisentwicklung direkt vom Goldpreis abhängt, unter den wenigen Anlagemöglichkeiten, die im letzten Jahr erhebliche Renditen erwirtschaftet haben. Unbestritten ist, dass sich die weltweite politische Unsicherheit im Hinblick auf den Irak, und die damit verbundene Flucht in sichere Häfen, zu denen Gold ohne jeden Zweifel weiterhin zählt, günstig auf die Goldpreisentwicklung der vergangenen Monate ausgewirkt hat. Die Frage drängt sich jedoch auf, ob sich der Trend steigender Goldpreise auch in einem Umfeld größerer politischer Sicherheit fortsetzen wird? Manche Gold-Enthusiasten sehen gar den Beginn einer großen Gold-Hausse bevorstehen.

Was bewegt den Preis des Goldes?

Der Goldpreis hängt wie der Preis jedes anderen Gutes von dem weltweiten Angebots- und Nachfrageverhältnis ab. Allerdings sind die Einflüsse beim Gold komplexer als bei anderen Rohstoffen. So werden Angebot und Nachfrage nach Gold nicht nur von industriellen Zwecken oder von der Verwendung in Haushalten bestimmt (fundamentale Einflussfaktoren), sondern Gold dient darüber hinaus auch als Wertaufbewahrungsmöglichkeit, also als Anlageklasse. Gold war lange Zeit die einzige Währung auf der Welt. Die Ursprünge des Goldes als universelle Währung reichen Tausende von Jahren zurück. Die Inflationsraten in einer Goldwährung können von einer Zentralbank nicht so manipuliert werden, wie bei den derzeit im Umlauf befindlichen Papierwährungen. Die strikt goldgebundenen Währungen aus der Zeit des Goldstandards stehen damit im Ruf, der Welt stabilere Rahmenbedingungen beschert zu haben, als dies die derzeitigen Papierwährungen können weniger in Form von geringer Volatilität des Preisniveaus als vielmehr in Form von langfristiger Preisstabilität). Obwohl die Zeiten der Goldbindungen von Währungen mittlerweile endgültig vorbei sind (die allerletzte formale Bindung einer Währung an das Gold wurde beim US-Dollar Anfang der 70er Jahre gekappt), lässt sich der Mythos Gold nicht in so kurzer Zeit aus der Welt des Geldes verbannen - er wird vermutlich immer erhalten bleiben. Gerade in Europa mit seinen desaströsen Erfahrungen von Währungszerüttungen und politischen Instabilitäten im letzten Jahrhundert wurden solche Erinnerungen noch in jüngerer Zeit wieder anschaulich aufgefrischt.

Dieser weiterhin bestehende Mythos erklärt, dass Gold in weltwirtschaftlichen Krisenzeiten - und zwar Zeiten, in denen die Stabilität nicht nur einer Volkswirtschaft, sondern vieler großer Währungsräume der Welt gefährdet erscheint - weiterhin als sicherer Fluchthafen erscheint. Das erklärt auch, warum außer der Haushalts- und industriellen Verwendung noch weitere wichtige Akteure wie etwa die Zentralbanken an den Märkten für Gold oder Gold-Assets aktiv sind. Und selbst wenn deren Angebots- und Nachfrageverhalten in der kommenden Zeit einigermaßen gut prognostizierbar ist, bleiben Unsicherheiten bei der Einschätzung des Goldpreises bestehen. Diese Unsicherheiten resultieren aus weiteren nicht-fundamentalen Einflussfaktoren, und zwar der Nachfrage nach Gold als Anlage- oder Fluchtwährung. Die Kräfte, die sich aus diesen nichtfundamentalen Faktoren auf den Goldpreis entwickeln können, können die Fundamentalfaktoren zeitweise außer Kraft setzen: Nimmt die Nachfrage nach dem weltweiten Bestand von ca 130.000 Tonnen Gold in kurzer Zeit sprunghaft zu, dann ist die jährliche Goldproduktion von etwa 2.500 Tonnen vorübergehend ohne Einfluss auf den Preis.

Fundamentale Einflussfaktoren

Das Angebot

Das jährliche Goldangebot setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, wobei die laufende Minenproduktion mit 2.500 Tonnen den größten Anteil stellt. Daneben trägt der sogenannte Goldschrott (recyceltes Gold) mit 700 Tonnen ebenfalls einen nicht zu vernachlässigenden Anteil zum weltweiten Goldangebot bei. Seit Anfang der Neunzigerjahre treten zusätzlich die Zentralbanken als beachtliche Nettoverkäufer am Goldmarkt auf. Die Kontingentierung durch das Washingtoner Abkommen hat allerdings zu einem Rückgang des jährlichen Angebots von dieser Seite auf etwa 500 Tonnen geführt. Ausgeweitet wurde das jährliche Goldangebot in der Vergangenheit auch durch Terminverkäufe.

Wirft man einen genaueren Blick auf die verschiedenen Angebotskategorien, so zeichneten sich in den letzten Jahren verschiedene Trends ab. Die Minenproduktion, welche nach einer massiven Produktionsausweitung in den späten Achtzigerjahren jährlich positive Veränderungsraten verzeichnen konnte, wies im Jahr 2002 erstmals eine rückläufige Entwicklung auf. Auslöser für diesen Rückgang war einerseits der niedrige Goldpreis, welcher Investitionen zur Erschließung neuer Minen nur selten profitabel erscheinen ließ. Andererseits legten die großen Minenunternehmen in den vergangenen Jahren ihr Hauptaugenmerk auf eine Konsolidierung der Goldindustrie. Die Lancierung neuer Schürfprojekte war dabei nur von zweitrangiger Bedeutung. Der rückläufige Trend der Minenproduktion wird sich noch über mehrere Jahre hinweg fortsetzen, da es durchschnittlich drei bis sechs Jahre dauert, bis neue Minen erschlossen bzw. in Betrieb genommen werden können. Als äußerst schwierig erweist sich die Erschließung neuer Vorkommen vor allem auch deshalb, weil ein Großteil der Projekte traditionell durch Wagniskapital finanziert wird, welches bei der derzeit vorherrschenden Risikoaversion nur in geringem Umfang bereitgestellt wird.

Gleichzeitig ist es auch an den Terminmärkten ruhiger geworden. Im Gegensatz zu den Neunzigerjahren, als der Aufbau massiver Hedge-Positionen noch einen Hauptgrund für den Verfall des Goldpreises darstellte, trugen Terminverkäufe in den letzten drei Jahren nicht mehr zum Gesamtangebot bei. Hier spiegelt sich ein Trend wider, der auch bei den großen Minenunternehmen zu beobachten ist. Mit dem Einsetzen der großen Zentralbankverkäufe hatten sie vermehrt begonnen, den Preis ihrer Goldbestände über Termingeschäfte abzusichern, um sich so vor dem drohenden Preisverfall zu schützen. Das Washingtoner Abkommen aus dem Jahr 1999, welches die Goldverkäufe der assoziierten Zentralbanken auf jährlich 550 Tonnen beschränkt, hat nun aber dazu geführt, dass das Angebot von dieser Seite besser abzuschätzen ist. Hinzu kommt, dass sich bereits damals eine rückläufige Entwicklung der weltweiten Minenproduktion aufgrund fehlender Investitionen abzeichnete. Neben der Kontingentierung der Zentralbankgoldverkäufe und dem sich abzeichnenden Produktionsrückgang waren es aber auch das Zerplatzen der Aktienmarktblase und das ungemütliche allgemeine wirtschaftliche Umfeld, die die Minenunternehmen zu der Überzeugung führten, dass der Abwärtstrend des Goldpreises, der sich damals bereits auf historischen Tiefständen befand, wohl vorerst gebrochen sein dürfte. Eine Absicherung der Goldverkäufe über Termingeschäfte erschien kaum mehr rentabel. Folglich haben die großen Minenunternehmen nun vermehrt begonnen, ihre Terminkontrakte zurückzukaufen. Am Terminmarkt vollzogen sie dadurch einen Rollenwechsel vom Nettoanbieter zum Nettonachfrager nach Gold.

Die Nachfrage

Die Goldnachfrage, welche sich im Jahr 2002 auf 3.900 Tonnen belief, wird von der Schmuckindustrie dominiert, welche für 80 % der Gesamtnachfrage aufkommt. Insgesamt ist die Schmucknachfrage in den letzten beiden Jahren aber aufgrund der schwachen konjunkturellen Entwicklung weltweit leicht zurückgegangen. Daneben setzt sich die Nachfrage auch noch aus der Nachfrage nach Goldbarren und Industriegold zusammen.

Zu den größten Goldnachfragern zählen weiterhin die USA, Indien und China. Doch auch hier zeichneten sich in den vergangenen Jahren verschiedene Trends ab. In den USA zeigt sich die Entwicklung der Goldnachfrage weiterhin stabil. Indien bleibt der weltweit größte Nachfrager nach Gold. Am aktuellen Rand ist allerdings ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Begründen lässt sich dieser Rückgang einerseits durch sinkende Realeinkommen. Andererseits reagieren die Inder traditionell sehr stark auf Preisschwankungen. Es ist jedoch anzunehmen, dass es sich bei dem Nachfragerückgang nur um ein vorübergehendes Phänomen handelt. Eine Stabilisierung des Goldpreises und eine bessere Erntesaison sollten sich günstig auf die indische Goldnachfrage auswirken.

Abzuwarten bleibt, ob die Liberalisierung des Goldhandels in China (Juli 2002) ähnliche Auswirkungen haben wird wie die Liberalisierung des indischen Goldhandels im Jahr 1992. Dort hat sich die Goldnachfrage seither verdoppelt. Anzunehmen ist allerdings, dass Gold in China auch langfristig kaum einen ähnlichen Stellenwert erreichen wird wie in Indien. Ausschlaggebend könnte sein, dass in China ein besserer Zugang zum Finanzsystem herrscht, und damit auch ein größeres Angebot an Anlagealternativen besteht, insbesondere für die Anlage in Fremdwährung. Eine interessante Entwicklung war im vergangenen Jahr bei der japanischen Goldnachfrage zu verzeichnen. Vor allem im ersten Quartal 2002 hat neben der schlechten wirtschaftliche Lage auch die Unsicherheit über die teilweise Aufhebung der Einlagenversicherung zu einem massiven Anstieg der Goldnachfrage geführt. Die für den Beginn des Jahres 2004 zu erwartende Diskussion über eine weitere Aufhebung der Einlagenversicherung könnte erneut zu einer steigenden Nachfrage aus Japan führen.

Konzentriert man sich nun rein auf die fundamentale Angebots- und Nachfragesituation, so gibt es viele Faktoren, die für ein Ende des langjährigen Abwärtstrends sprechen. Dennoch sind die positiven Faktoren derzeit nicht stark genug ausgeprägt, um mittelfristig für einen starken Goldpreisanstieg zu sorgen. Vielmehr gehen wir davon aus, dass die Fundamentalfaktoren den Goldpreis zwar auf einem höheren Niveau stützen können. Sie sind jedoch derzeit noch zu schwach, um den Goldpreis aus eigener Kraft nach oben zu treiben. Wir schließen allerdings nicht aus, dass sich die fundamentale Situation in den nächsten Jahren stärker zu Gunsten eines höheren Goldpreises entwickeln wird. Möglich wäre dies, wenn ein stärkeres Weltwirtschaftswachstum zu einer steigenden Schmucknachfrage führt, wenn es zu noch stärkeren Produktionsrückgängen kommt, und wenn das Washingtoner Abkommen im Jahr 2004 verlängert wird. In diesem Fall gehen wir davon aus, dass auch aus fundamentaler Sicht mehr Dynamik in den Goldpreis kommen wird.

Nicht-fundamentale Einflussfaktoren I: Zentralbankverkäufe

Etwa ein Viertel der weltweiten Goldbestände von ca. 130.000 Tonnen befinden sich in den Kellern der Zentralbanken. Hier wiederum ist die Verteilung höchst ungleichmäßig: So halten drei Notenbanken fast 80 Prozent dieser Bestände.

Die Zentralbanken sind in der Vergangenheit als Netto-Verkäufer an den Goldmärkten aufgetreten. Hier herrscht die Vorstellung vor, dass die Zeiten der Goldwährungen endgültig vorbei sind und die Bestände aus dieser Zeit abgebaut werden können, da sie nur geringe Erträge (etwa über die Goldleihe) einbringen. Allerdings sollen die Goldvorräte auch nicht vollständig abgebaut werden. So streben die Mitglieder des Europäische Zentralbanksystems (ESZB) eine Quote von 15 % Anteil an den gesamten Währungsreserven an, zu Marktkursen bewertet sind es gegenwärtig fast 60 %. Ebenfalls zu Marktpreisen bewertet, hält die Fed gegenwärtig fast doppelt so viel Gold wie andere Währungsreserven; allerdings zeigen die US-amerikanischen Notenbanker gegenwärtig keine Bereitschaft zu einer Veränderung. Daneben gibt es Zentralbanken, die aufgrund ihres jungen Alters oder aufgrund von Diversifizierungsbestrebungen bei ihren Währungsreserven noch in geringem Maß Goldreserven aufbauen möchten, wie etwa einige osteuropäische Notenbanken oder auch die chinesische Zentralbank. Wenngleich man die Goldpolitik der Notenbanken nicht exakt vorausberechnen kann, so wird doch deutlich, dass insbesondere von Seiten der großen Zentralbanken auf absehbare Zeit Verkaufsdruck auf den Goldmarkt ausgeübt wird. Wollten die drei großen "Goldreservebanken" ESZB, Fed und Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre Bestände auf 15 % ihrer Währungsreserven reduzieren, so bedeutete dies bei gegenwärtigen Marktkursen einen Verkauf von fast 600 Mio Feinunzen Gold (Tabelle). Dies wird auch durch den möglichen Bedarf einiger anderer Notenbanken nicht annähernd aufgewogen. So läge der Bedarf Chinas selbst bei einer (unwahrscheinlichen) Auffüllung seiner Goldbestände auf 15 % bei lediglich gut 100 Mio Feinunzen. Insgesamt bleibt es dabei: Von Seiten der Zentralbanken besteht ein potenzielles Goldangebot in Höhe von mindestens 470 Mio Feinunzen (entspricht ca. 15.000 Tonnen).

Um dies marktverträglich durchführen zu können, einigten sich die verkaufswilligen Notenbanken 1999 auf das Washingtoner Goldabkommen, nach dem die Verkaufsmenge auf ca. 550 t im Jahr begrenzt ist. Das Abkommen steht im Jahr 2004 zu Verlängerung an. Wir rechnen damit, dass eine Nachfolgeregelung eine leicht höhere Höchstmenge festsetzt. Innerhalb dieses Rahmens werden Verkaufsquoten verteilt werden, an denen voraussichtlich auch die Deutsche Bundesbank beteiligt sein wird. Rein rechnerisch resultiert also aus den Verkäufen der Zentralbanken noch für ca. 30 Jahre ein Nettoangebot in der Höhe von 500 bis 600 Tonnen pro Jahr. Allerdings stellt dies für den Goldmarkt inzwischen keine neue Information mehr dar: Diese Verkäufe dürften in den Portfolioüberlegungen der Marktteilnehmer mittlerweile enthalten sein und daher keinen zusätzlichen Preisdruck mehr auslösen.

Nicht-fundamentale Einflussfaktoren II: Der Goldmarkt vor einer spekulative Blase?

Vor allem wenn man den massiven Anstieg des Goldpreises im vergangenen Jahr erklären will, sollte man sich weniger auf eine Veränderung der fundamentalen Einflussfaktoren oder das Zentralbankverhalten stützen, sondern vielmehr auf die Wertentwicklung anderer Assetklassen. Investoren sahen sich im letzten Jahr mit einem äußerst ungemütlichen Marktumfeld konfrontiert. Dieses war geprägt durch massive Kurseinbrüche an den internationalen Aktienmärkten, durch neue geopolitische Risiken, durch fallende Kapitalmarktzinsen und durch die Schwäche des US-Dollars. All diese Faktoren haben dazu beigetragen, dass Gold nicht nur in den Augen vieler Kleinanleger zu einer wirklichen Anlagealternative emporstieg. Auch Spekulanten wurden dadurch auf den Plan gerufen. Deren verstärktes Interesse spiegelt sich in den wöchentlich veröffentlichten Zahlen der Commodity Futures Trading Commission (CFTC) wider. Diese belegen, dass das Volumen der gehandelten Kontrakte seit Anfang 2002 massiv angestiegen ist. Durch die großen Volumina besteht allerdings auch die Gefahr, dass zwischenzeitlich Gewinnmitnahmen den Preis drücken können, vor allem dann, wenn andere Anlageklassen wieder an Attraktivität gewinnen.

Den größten Erklärungsgehalt für die Goldpreisentwicklung seit April 2001 bietet die Entwicklung des USDollars gegenüber dem Euro. Zwischen dem Goldpreis und dem Außenwert des US-Dollar besteht traditionell eine enge negative Korrelation, d.h. wenn der USD abwertet, steigt der Preis für eine Feinunze Gold tendenziell an. Wertet der USD auf, wird dies in der Regel von einem Rückgang des Goldpreises begleitet. Dies lässt sich auch anhand einer einfachen Regression des EUR-USD Wechselkurses auf den Goldpreis belegen. Als Startzeitpunkt haben wir April 2001 gewählt, da zu diesem Zeitpunkt eine klare Trendumkehr zu sehen ist, ausgelöst zunächst durch eine äußerst starke Nachfrage aus Indien und den erstmals erkennbaren Rückgang der Minenproduktion. Die Entwicklung des EUR-USD Wechselkurses erklärt die Goldpreisentwicklung seitdem mit einem Bestimmtheitsmaß von 80 %.

Dass der Zusammenhang zwischen dem EUR-USD Wechselkurs und dem Goldpreis in den letzten Monaten besonders stark ausgeprägt war, hängt von mehreren Faktoren ab. Da Goldgeschäfte traditionell in US-Dollar abgewickelt werden, verringert sich durch einen schwachen US-Dollar der Goldpreis gemessen in Fremdwährung, d.h. für nicht Dollar-Investoren wird Gold billiger. Sollten sich Nicht-Dollar-Investoren dann entscheiden Gold zu kaufen, treibt die steigende Nachfrage den Goldpreis in US-Dollar nach oben. Ein schwacher US-Dollar allein macht Gold allerdings noch nicht zu einem besonders attraktiven Investment, denn grundsätzlich können andere Dollar-Assets wie Aktien oder Renten trotz eines schwachen US-Dollars immer noch einen höheren Total Return abwerfen, wie dies in der Vergangenheit meist der Fall war. Am aktuellen Rand war dies aber nicht gegeben. Betrachtet man das aktuelle Marktumfeld, so zeigt sich deutlich, dass sich die Kapitalmarktzinsen und auch die Realzinsen vor allem in den USA bereits auf sehr niedrigen Niveaus befinden, und auch an den Aktienmärkten ist derzeit noch keine Trendwende nach oben zu erkennen. Überdies hält Gold weiterhin den Status eines sicheren Hafens, eine Eigenschaft, die der US-Dollar oder vielmehr US-Staatsanleihen scheinbar verloren haben. Kämen in einer solchen Lage noch massive Inflationsängste hinzu, wäre diese Sicherheitsfunktion des Goldes gegenwärtig noch wesentlich bedeutsamer.

Inflation, Deflation und Goldpreis

Gold gilt traditionell als Inflationsschutz. Ökonomisch ist dies dadurch begründet, dass die Menge an umlaufendem Gold nicht wie die von Papiergeld beliebig erhöht werden kann. Empirisch ist diese Funktion jedoch in den letzten Jahren ohne Bedeutung, da die Inflationsraten weltweit historisch niedrig waren. Da wir sehr sicher davon ausgehen, dass mit einer nachhaltigen Rückkehr von Inflation in den nächsten Jahren nicht zu rechnen ist, da sich die Zentralbanken auf das Ziel niedriger und stabiler Inflationsraten eingeschworen haben, scheidet dieser Grund für ein weiteres Anheizen der Goldnachfrage jedoch aus. Manchmal wird die Goldnachfrage aber gleichzeitig auch in Abhängigkeit von Deflationsängsten gesehen. Unmittelbar aus einer Deflation ergibt sich kein Grund, Gold nachzufragen, denn in diesem Fall werden auch Papiergeldbeträge real mehr wert. Es sind vielmehr die häufigen Begleitumstände einer Deflation, wie wirtschaftliche Stagnation, Ängste um die Stabilität des Finanzsystems u.ä., die eine Flucht ins Gold hervorrufen könnten. Da wir in den kommenden Jahren für die großen Volkswirtschaften der Welt keine derartig apokalyptischen Szenarien voraussehen, scheidet für uns ein Anstieg des Goldpreises aus diesen Ursachen heraus ebenfalls aus.

Obwohl wir nicht mit einer krisenhaften Zuspitzung der weltwirtschaftlichen Entwicklung rechnen, ist die Verunsicherung an den Finanzmärkten weltweit derzeit jedoch groß. Die Entwicklung der weltpolitischen Lage, angefangen von den Terroranschlägen vor eineinhalb Jahren bis hin zu den derzeitigen Kriegsvorbereitungen gegen mutmaßliche Bedrohungsstaaten haben Unsicherheiten geschürt. Dies ist jedoch nicht die einzige Unsicherheit, mit der sich Marktteilnehmer, Privathaushalte wie Institutionelle, derzeit konfrontiert sehen. Gleichzeit mit den geopolitischen Umwälzungen fand auf den Finanzmärkten in den Jahren 1996 bis 2000 eines der größten Spekulationsereignisse aller Zeiten statt: Der Aufbau und Zusammenbruch der Aktienmarktblase an praktisch allen Börsen der Welt hat Volkswirtschaften und Finanzsysteme der wichtigen Industriestaaten schwer belastet. Niemand weiß mit allerletzter Sicherheit, ob die Folgen aus diesen Verzerrungen bereits vollständig abgearbeitet sind. Eine solche Umgebung aus politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten bildet u.E. eine Kulisse, vor der sich eine spekulative Blase am Goldmarkt aufbauen könnte. Eine länger andauernde Baisse am Aktienmarkt, ein weiter voranschreitender Verfall des US-Dollars vor dem Hintergrund eines steigenden Twin-Defizits (gleichzeitiges Budget- und Leistungsbilanzdefizit) in den USA und mangelnde Anlagealternativen an Rentenmärkten könnten den Goldmarkt längere Zeit über stützen. Treten dann noch die typischen Mechanismen einer Blasenbildung in Kraft - Kauf von Gold einzig aus dem Motiv weiterer Kurssteigerungen -, kann hier eine länger andauernde Welle der Preissteigerungen ansetzen, deren Scheitelpunkt nicht prognostizierbar wäre. Gerade daher ist es wichtig, Vorstellungen von einem fundamental gerechtfertigten Preis zu haben, um beurteilen zu können, ab wo eine spekulative Übertreibung startet.

Wohin geht der Goldpreis?

Was erwarten wir von der weiteren Entwicklung des Goldpreises? Sehr kurzfristig gehen wir davon aus, dass der Ausbruch des Irakkriegs durchaus zu einem kräftigen Überschießen, auch über die Marke von 400 USD/Feinunze, führen kann. Sollte sich der Irakkonflikt jedoch schnell auflösen, ohne politische Eskalation und terroristische Anschläge sowie ohne nachhaltige Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, erwarten wir, dass die Unsicherheit, welche derzeit an den Märkten zu beobachten ist, zurückgehen wird. Nach einer Lösung des Konflikts gehen wir deshalb davon aus, dass Gold wieder seinen mittelfristigen Trend gegenüber dem USD einschlagen wird. Gestützt auf unsere Regression und unsere Einschätzung der Entwicklung des EUR-USD Wechselkurses, den wir auf 12-Monatssicht bei EUR-USD 1,15 sehen, erwarten wir auf 12-Monatssicht einen Goldpreis zwischen 350 und 370 USD/Feinunze. Ein solchermaßen primär fundamental abgeleiteter Ausblick für den Goldpreis könnte allerdings dann zur Makulatur werden, wenn die nicht-fundamentalen Einflussfaktoren die Oberhand gewinnen würden. Hierin liegt ein Aufwärtsrisiko für unsere Goldpreis-Prognose, das wir jedoch für sehr gering erachten.

Quelle: Deka

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