Kommentar
09:28 Uhr, 04.07.2006

Deka-EZB-Kompass: Weiterer Zinserhöhungsbedarf

1. Gesamtergebnis: Der bei 50 Punkten neutrale EZB-Kompass lag im Juni bei 68,3 Punkten. Der Vormonat wurde von 68,8 auf 68,4 Punkte leicht herunterrevidiert.

2. Wirtschaftliche Analyse: Der Wert der wirtschaftlichen Analyse stieg von 59,1 im Mai auf 59,3 im Juni. Von den Werten der zehn Indikatoren, die bei dieser Strategiesäule analysiert werden, liegen sieben oberhalb des neutralen Niveaus von 50 Punkten. Unterhalb dieses Niveaus befinden sich allein die Kernrate mit 1,4 % ggü. Vj., die Lohnstückkosten mit 0,4 % ggü. Vj. und der Outputgap mit -0,2 %. Vom Arbeitsmarkt gehen daher noch keine Inflationsgefahren aus.

3. Monetäre Analyse: Der Score der monetären Analyse bleibt mit 95,3 nach 96,4 Punkten im Vormonat auf extrem hohen Niveau. Das davon ausgehende Signal spricht eindeutig und nachhaltig für Zinserhöhungen.

4. Leitzinsprognose: Der EZB-Kompass zeigt, dass die Makrodaten zusammengenommen eine Zinserhöhung bereits in dieser Woche zulassen würden. Auch taktisch wäre der Termin günstig, da mit Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal nach HVPI-Anteilen über 70 % der Eurozone im WM-Halbfinale stehen, Spanien, Belgien und Irland mit stark steigenden Hauspreisen und dem Bau von Zweit- und Drittimmobilien anderweitig beschäftigt sind, sodass diese Woche eine Zinserhöhung auch um 50 Basispunkte wahrscheinlich nur in Holland auffallen würde. Nun ist aber die WM nicht offizieller Teil der geldpolitischen Strategie und so wird es wohl bei einem Leitzins von 2,75 % bleiben. Die in den letzten Wochen vorgepreschten Falken im EZB-Rat machen deutlich, dass es Argumente dafür gibt, die Leitzinsen schneller anzuheben. Die bisherige Abwesenheit von Präsident Trichet in diesem Chor verdeutlicht, dass die Falken aber noch keine Mehrheit im EZB-Rat haben und der Konsensus wohl eher eine graduelle Anhebung der Leitzinsen befürwortet. Die Finanzmarktturbulenzen der letzten beiden Monate, die hohe Arbeitslosenquoten in der Eurozone sowie der trotz bester WM-Stimmung nach wie vor negative Outputgap bestärken diese Position. Die Pressekonferenz am Donnerstag bietet die letzte Möglichkeit vor der Sommerpause, auf eine sich im EZB-Rat verändernde Mehrheit und die Absicht kürzerer Pausen zwischen den Zinserhöhungsterminen hinzuweisen. Solange dies aber ausbleibt, gehen wir weiter von einer Zinserhöhung pro Quartal aus und erwarten die nächste auf 3,0 % am 31. August. Zum Jahresende sehen wir einen Leitzins von 3,25 %. Anfang 2007 wird die Wirtschaftspolitik in Deutschland bereits durch die Mehrwertsteuererhöhung restriktiverer. Eine Zinserhöhung in diesem Umfeld halten wir für gefährlich, da sie den Verbraucher zusätzlich verunsichern würde. Deshalb gehen wir von einer Zinserhöhungspause im ersten Quartal 2007 aus und erwarten eine letzte Zinserhöhung auf 3,5 % erst im zweiten Quartal 2007. Das dann erreichte Niveau könnte bereits als neutral bezeichnet werden. Wenn sich bis dahin keine mittelfristigen inflationären Spannungen anzeigen, könnte die EZB die Normalisierung ihres Leitzinsniveaus dann als abgeschlossen betrachten.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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