Deka-EZB-Kompass: Tiefer geht es kaum
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
1. Der EZB-Kompass, der die wichtigsten makroökonomischen Einflussgrößen auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank zusammengefasst darstellt, ist im März von 10,3 auf 8,4 Punkte gefallen. Alle Komponenten des Kompasses weisen Scores auf, die unter dem neutralen Wert von 50 liegen. Daran wird sich unserer Einschätzung nach auf Sicht von sechs Monaten nichts ändern, sodass der EZB-Kompass bis zum Herbst nahe der aktuell sehr niedrigen Niveaus liegen wird. Auf Sicht von 18 Monaten, die die EZB für ihre Geldpolitik als relevanten Zeitraum bezeichnet, dürfte der Kompass wieder bei Niveaus um 35 Punkte liegen. Diese wären kompatibel mit einer langsamen und gedämpften Konjunkturerholung - allerdings noch nicht mit ersten Zinserhöhungen. Bei der Analyse der einzelnen Zeitreihen, die in den EZB-Kompass eingehen, ist diesen Monat bemerkenswert, dass die Preiserwartungen der Konsumenten nun auf den niedrigsten Stand seit Verfügbarkeit der Daten 1985 gefallen sind.
Die letzten Reden u.a. von Bundesbank Präsident Weber und EZB-Präsident Trichet haben suggeriert, dass die EZB ihren derzeit noch vorhandenen Zinssenkungsspielraum nutzen wird, bevor sie zu anderen Politikmaßnahmen übergeht. Wir erwarten daher, dass sie diese Woche den Refisatz sowie den Spitzenrefinanzierungssatz um jeweils 50 Bp auf 1,0 % und 2,0 % senkt. Der Einlagenzins, der bislang 100 Basispunkte unter dem Refisatz lag, dürfte nicht gleichmäßig mitgesenkt werden, da er sonst bei 0 % liegen würde. Die Überschussreserven, die die Banken in der Einlagenfazilität der EZB anlegen können, würden dann nicht mehr verzinst werden und auch der EONIA-Tagesgeldsatz würde auf 0 % sinken. Beides möchte die EZB offensichtlich verhindern. Mit gleicher Argumentation bestünde noch die Möglichkeit den Einlagenzins auf 0,25 % zu senken. Die EZB würde sich damit aber die Option nehmen mit einer zukünftigen Zinssenkung um 0,25 % für alle Fazilitäten einen zusätzlichen, kleinen positiven Impuls zu geben, der derzeit am Markt noch nicht erwartet wird.
2. Auf der letzten Pressekonferenz hat Präsident Trichet angekündigt, dass die EZB prüfen werde, ob und welche weiteren außergewöhnlichen geldpolitischen Maßnahmen sie noch ergreifen könne. Wir erwarten, dass die EZB – wie bereits von einigen Ratsmitgliedern in Aussicht gestellt – eine Verlängerung der Laufzeiten der Refinanzierungsgeschäfte auf möglicherweise 9 und 12 Monate als eine solche Maßnahme darstellen wird. Notwendig halten wir eine Verlängerung der Laufzeiten nicht. Für die Liquiditätsablaufplanungen der Banken würde sich nichts ändern, da EZB-fähige Sicherheiten bereits jetzt wie Bargeld behandelt werden. Voraussichtlich würde sich auch für die von den Banken zu zahlenden Refinanzierungskosten nichts ändern, da die EZB angekündigt hat, mindestens bis zum Jahresende Festzinstender mit voller Zuteilung durchzuführen. Durch die Nutzung eines längeren Tenders würden teilnehmende Banken lediglich zwei Optionen gegeneinander tauschen. Sie würden die Option verlieren, sich in ein paar Monaten zu einem niedrigeren Refisatz zu refinanzieren. Dafür erhalten sie den Schutz vor höheren Leitzinsen 2010, was dem Besitz einer Call-Option auf höhere Leitzinsen entspricht. Eine Teilnahme an längeren Tendern macht also nur für diejenigen Sinn, die sich bis in das Jahr 2010 bereits jetzt vor höheren Leitzinsen schützen wollen.
3. Die EZB wird vermutlich ebenfalls zu einem endgültigen Ankauf von Forderungen Stellung nehmen. § 18.1. des Statutes der EZB und Kapitel 3.2. ihrer „Allgemeinen Dokumentation“ regeln, dass die EZB die gleichen marktfähigen Vermögenstitel ankaufen darf, die sie auch bei ihren Offenmarktgeschäften als Sicherheiten akzeptiert.1 Dazu gehören auch Staatsanleihen und Anleihen von anderen Gebietskörperschaftenwie von Bundesländern, die sie allerdings nicht auf dem Primär- sondern nur auf dem Sekundärmarkt ankaufen darf. Eine Übersicht über die quantitative Bedeutung der einzelnen Sicherheitenarten bietet die Tabelle unten links. Staatsanleihen und Anleihen anderer Gebietskörperschaften stellen dabei die gewichtigste Gruppe dar. Sie haben auch den Vorteil, dass sie in allen Ländern der Eurozone emittiert werden. Die gleichmäßige nationale Verteilung der Forderungskäufe könnte so relativ leicht garantiert werden. Beispielsweise könnten Staatsanleihen von allen Ländern in Relation der nationalen Kapitalanteile an der EZB (s. Tabelle unten rechts) angekauft werden. Sowohl Präsident Trichet als auch Vizepräsident Papademos haben nun aber eine Präferenz für private Schuldtitel erkennen lassen. Dazu zählen gedeckte und ungedeckte Bankschuldverschreibungen und Unternehmensanleihen. Gedeckte Bankschuldverschreibungen sind beispielsweise Hypotheken-, Schiffs- und öffentliche Pfandbriefe. Sie besitzen zudem den Vorteil, dass sie über das Bankensystem laufen, deren Bedeutung die EZB häufig herausstellt. Diesen Vorteil besitzen Unternehmensanleihen beispielsweise nicht. Sie würden zudem nur von großen, aber nicht der Vielzahl kleinerer und mittelgroßer Unternehmen emittiert. Die EZB wird einen möglichen Ankauf aber nicht nur auf gedeckte Bankschuldverschreibungen beschränken können, da diese nicht in allen Ländern gängig sind. Dies würde dafür sprechen auch ABS anzukaufen, deren Anteil an den bei den Offenmarktgeschäften gestellten Sicherheiten aber bereits in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat. Es ist zudem bemerkenswert, dass die EZB bei den letzten Anpassungen der Sicherheitenkriterien tendenziell ungedeckte Bankschuldverschreibungen und ABS schlechter gestellt hat. Dies spricht nicht dafür, dass sie diese Papiere nun direkt ankauft. Wenn die EZB auf den Ankauf von Staatsanleihen verzichten möchte, bleibt die Auswahl der Papiere folglich schwer. Wir rechnen daher in diesem Monat noch nicht mit weiteren Details.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.