Deka-EZB-Kompass: Stetige Erholung setzt sich fort
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1. Der EZB-Kompass ist im Oktober erneut leicht von 5,5 auf 8,3 Punkte angestiegen. Dazu haben alle vier Konjunkturvariablen beigetragen. Auch die Jahresraten der Importpreise weisen etwas höhere Werte als im Vormonat auf, wenngleich sie immer noch deutlich im negativen Bereich liegen. Bei den Lohnkosten und den Inflationserwartungen ist derzeit ein Seitwärtstrend zu beobachten. Einen niedrigeren Wert als im Vormonat zeigen allein die Buchkredite, deren Volumen inzwischen 0,6 % unter dem Vorjahreswert liegt. Bei allen von uns prognostizierten Indikatoren erwarten wir in den nächsten sechs Monaten ansteigende Werte.
2. Die EZB wird die Verbesserung des makroökonomischen Umfeldes auf der am Donnerstag anstehenden Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid würdigen, aber bei der Interpretation auf die Bedeutung der Mitarbeiterprojektionen im Dezember hinweisen. Dort werden dann auch erstmals die Projektionen für 2011 veröffentlicht. Sie wird damit Erwartungen aufbauen, dass der Dezembersitzung eine besondere Bedeutung zukommt. Im Dezember steht zusätzlich die Entscheidung an, ob der 12-Monatstender am 16. Dezember mit oder ohne Zinsaufschlag zum Hauptrefinanzierungssatz ausgeschrieben wird.
3. Bundesbank Präsident Weber hat der bisher eher im Hintergrund schwelenden Diskussion über den Ausstieg aus der unkonventionellen Geldpolitik zusätzliche Nahrung gegeben. Er suggerierte, dass der nächste 12-Monatstender am 16. Dezember der letzte Tender mit dieser langen Laufzeit sein könnte. Wir halten dies ebenfalls für wahrscheinlich, da wir derzeit keinen Grund sehen, warum die EZB bis in das Jahr 2011 unbegrenzt Liquidität zur Verfügung stellen sollte. Sie könnte alternativ den 12-Monatstender mit einem Zinsaufschlag zum Hauptrefinanzierungssatz versehen. Dies käme jedoch einer Zinswende gleich und würde Zinserhöhungserwartungen für den Hauptrefinanzierungssatz zu einem zu frühen Zeitpunkt bestätigen. Wir gehen zwar auch von Zinserhöhungen Ende nächsten Jahres aus, halten es aber für verfrüht, wenn die EZB diese Erwartungen bereits jetzt bestätigen würde. Schließlich muss sie auf die Möglichkeit eines Konjunkturrückschlages nach Auslaufen der finanzpolitischen Stimuli und der Lagerkorrektur vorbereitet sein. Die Liquiditätsversorgung des Bankensystems bzw. der Geldmärkte und die Zinspolitik von einander zu trennen ist folglich nicht trivial.
4. Erschwerend kommt bei der Normalisierung der Geldpolitik dazu, dass der erste 12- Monatstender mit 442 Mrd. Euro ein extrem hohes Volumen hatte. Bei Auslaufen dieses Geschäftes am 1. Juli 2010 steht daher ein ebenfalls extrem hoher Betrag zur Refinanzierung an. Die EZB wird im Vorfeld versuchen müssen, diesen Liquiditätsbedarf etwas über die Zeit zu strecken, um einen ungewollt starken Zinsanstieg sowie einen erneut punktuell auftretenden Finanzierungsbedarf zu verhindern. Dies wäre mit einer Kombination von liquiditätsabsorbierenden und liquiditätszuführenden Maßnahmen unterschiedlicher Laufzeit möglich. So könnte die EZB beispielsweise im Mai einen 6-Monatstender anbieten und gleichzeitig eine liquiditätsabsorbierende Maßnahme mit einer Laufzeit bis zum Ende der Laufzeit des ersten 12-Monatstenders. Durch eine Vielzahl von längerfristigen Tendergeschäften vor dem 1.7. sollte es dann möglich sein, den hohen Refinanzierungsbedarf am 1.7. zeitlich zu strecken. Es bedarf dann lediglich eines Anreizes, die Banken zu der frühzeitigen Aufnahme der Mittel zu bewegen, da sie alternativ auch darauf spekulieren könnten, dass die EZB auch am 1.7. versuchen wird eine marktschonende Refinanzierungslösung zu finden.
5. Eine Möglichkeit, die Banken zu einer frühzeitigen Aufnahme der Anfang Juli benötigten Mittel zu bewegen, ist die Andeutung, die Vollzuteilung der Tender zu beenden. Derzeit schreibt die EZB Mengentender mit Vollzuteilung aus. Sie könnte die Mengentender auch mit einem begrenzten Volumen ausschreiben, um so ihre Bilanz zu verkürzen und die Überschussliquidität zu begrenzen. Bei dieser Verfahrensweise würden Banken nicht notwendigerweise eine Vollzuteilung ihrer Gebote erhalten. Mittels eines zunächst hohen – wenngleich nicht unbegrenzten – Zuteilungsvolumens könnte sich die EZB langsam an marktverträgli3 che Tendervolumen herantasten. Dies würde die Eonia-Sätze mit der Zeit stärker in die Nähe des Refisatzes bringen. Nachteilig wäre dieses Verfahren vor allem aber für die Banken, die am Geldmarkt keine Liquidität mehr erhalten und allein auf die EZB angewiesen sind. Bei einer zu geringen Zuteilung wären sie dann auf die Spitzenrefinanzierungsfazilität angewiesen.
6. Zu einem späteren Zeitpunkt ist auch die Rückkehr zum Zinstenderverfahren wahrscheinlich. Die Andeutung eines solchen Verfahrenswechsels würde einen zusätzlichen Anreiz darstellen, Marktteilnehmer zu einer frühzeitigen Teilnahme an längerfristigen Refinanzierungsgeschäften zu bewegen. Beim Zinstender gibt die EZB einen Mindestbietungssatz vor. Die Banken bieten daraufhin einen Zinssatz, zu dem sie einen von ihnen gewünschten Betrag aufnehmen wollen. Die EZB hat dieses Verfahren vor der Finanzkrise so angewendet, dass die Banken dann jeweils den Zinssatz zahlen mussten, den sie bereit waren zu zahlen. Alternativ ist es aber auch möglich, alle Banken den gleichen Zinssatz zahlen zu lassen. Dies hätte allerdings den Nachteil, dass Banken mit einem hohen Liquiditätsbedarf, sich diesen über ein Gebot hoher Zinsen nicht mehr sichern könnten. Wir erwarten erst auf der EZB-Sitzung im Dezember einen detaillierten Plan bezüglich der 2010 anstehenden längerfristigen Tendergeschäfte.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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