Kommentar
08:37 Uhr, 06.07.2005

Deka-EZB-Kompass bestärkt abwartende Haltung der EZB

1. Gesamtergebnis: Der EZB-Kompass lag im Juni bei 54,0 Punkten, nachdem der Mai-Wert von 52,7 auf 54,0 Punkte heraufrevidiert wurde. Die Revision ist im Wesentlichen auf die von 1,4 % auf 1,6 % gestiegene Kernrate des HVPI, eine stärkere Industrieproduktion und auf eine stärkere Kreditvergabe und höheres M3- Wachstum zurückzuführen. Ausgehend von dieser höheren Basis vom Mai zeigt der EZB-Kompass im Juni nun eine Seitwärtstendenz. Dabei stieg der HVPI erneut auf über 2 % an. Die Kernrate glich dies jedoch mit einem Rückgang auf 1,4 % wieder aus. Erfreulich ist die Stabilisierung und sogar leichte Zunahme beim Economic Sentiment. Bei der Kreditvergabe gehen wir nicht davon aus, dass der Anstieg des Vormonats gehalten werden kann. Der für Mai berichtete saisonbereinigte Monatsanstieg von 0,8 % war der höchste seit März 2001.

2. Gesamtaussage des Kompass und Leitzinsprognose: Der aktuelle EZB-Kompass und seine Sechsmonatsprognose liegen etwas oberhalb des neutralen Wertes von 50 Punkten. Dies ist für sich genommen noch kein Grund zum Jubeln. Erfreulich ist dennoch, dass der Rückgang der Kompasswerte zunächst mal einen Halt gefunden hat. Wichtig ist auch, dass diese Stabilisierung nicht auf einen Rückgang der volatilen, energiepreisabhängigen Inflationsindizes oder des Geldmengenwachstums zurückzuführen ist, sondern auch darauf, dass sich die Industrieproduktion und das Economic Sentiment wieder gefangen haben. In der aktuellen Konjunkturschwäche würden wir davon ausgehen, dass die EZB bei einer Diskussion über mögliche Zinssenkungen weiteren Rückgängen dieser beiden realwirtschaftlichen Indikatoren ein besonderes Gewicht gegeben hätte. Die nun sichtbare Stabilisierung lässt eine konjunkturelle Bodenbildung vermuten, die im nachhinein die abwartende Haltung der EZB rechtfertigen könnte. Wir gehen davon aus, dass sich das geldpolitische Umfeld in den nächsten zwölf Monaten nicht ausreichend ändern wird, um eine Zinsänderung zu rechtfertigen – d.h. wir erwarten weder eine Zinssenkung noch eine Zinserhöhung auf Jahressicht.

3. Das Kommunikations-Problem: Nicht zu rechfertigen ist allerdings die Kommunikationspolitik der EZB. Die Pressekonferenzen von Präsident Trichet kommen inzwischen einer Kommunikationsverweigerung nahe, wenn er bei Rückfragen entweder nicht, nur ausweichend oder mit einer Wiederholung von Passagen des Eingangsstatements antwortet. Auch der Hinweis darauf, dass der EZB-Rat der Ansicht sei, dass die Höhe des von ihm soeben beschlossenen Leitzinsniveaus auch angemessen ist, trägt nicht unbedingt zu einem tieferen Verständnis der Geldpolitik bei. Ein Verständnis ist aber eine notwendige, wenngleich nicht hinreichende Bedingung für die Glaubwürdigkeit einer Zentralbank. Die Glaubwürdigkeit ist wiederum wichtig für das Vertrauen der Konsumenten, aber vor allem auch der Investoren. Eine Zentralbank, die der Öffentlichkeit nicht mitteilt, ob sie bei einer schwächeren Konjunktur auch über eine Zinssenkung nachdenkt, bzw. den Eindruck vermittelt, diese kategorisch auszuschließen, unterminiert das Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität eines Währungsgebietes. Die EZB bringt sich durch diese Kommunikationsweise selbst in eine Situation, in der die Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle, die wir eigentlich für unnötig erachten, für das Verständnis der Zinsentscheidungen notwendig werden.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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