Kommentar
10:34 Uhr, 01.12.2009

Deka-EZB-Kompass: Aufwärtsbewegung setzt sich fort

1. Der EZB-Kompass ist im November erneut leicht von 8,6 auf 14,4 Punkte angestiegen. Dazu haben alle vier Konjunkturvariablen und auch einige Inflationsindikatoren beigetragen. Die Kreditvolumen und die Lohnkosten sinken dagegen weiter. Insgesamt bleiben alle Indikatoren auf einem niedrigen bzw. extrem niedrigen Niveau. Trotz der Stimmungsverbesserung an den Finanzmärkten wäre das Signal einer Zinswende bei der EZB daher nicht angebracht. Dies gilt auch für das nächste halbe Jahr. Dennoch wird die EZB auf dieser Sitzung wahrscheinlich wichtige Weichenstellungen für das nächste Jahr bekannt geben: Dazu gehören die Prognosen des Mitarbeiterstabes und die Planung der nächsten langfristigen Tenderoperationen inklusive der für sie akzeptierten Sicherheiten.

2. Mitarbeiterprognosen: Die EZB wird wahrscheinlich bezüglich ihres Wachstums- und Inflationsausblicks deutlich optimistischer klingen. Ihre Mitarbeiterprojektionen für 2009 und 2010 sollten für das Wachstum von -4,1 % und 0,2 % auf -3,9 % bzw. 0,9 % und für die Inflation von 0,4 % bzw. 1,2 % auf 0,3 % bzw. 1,3 % revidiert werden. Erstmals wird die EZB auch Prognosen für 2011 veröffentlichen. Diese geben eine Indikation, inwieweit die EZB sich mittelfristig aufbauenden Preisdruck erwartet, und sind für die Geldpolitik durchaus richtungweisend. Wir erwarten eine Wachstumsprognose von 1,5 % und eine Inflationsprognose von 1,4 % für 2011. Damit könnte die Geldpolitik noch eine Weile expansiv bleiben, ohne zu starken Inflationsdruck zu generieren.

3. Der voraussichtliche Plan für die weiteren Refinanzierungsgeschäfte: Präsident Trichet hat mehrfach angekündigt, dass auf der Dezembersitzung die Ausgestaltung des am 16. Dezember anstehenden 12- Monatstenders sowie die Planung der folgenden Langfristtender verkündet werden. Er verwies zudem darauf, dass die extrem großzügige Liquiditätsversorgung nicht mehr notwendig sei und daher zeitnah aber graduell zurückgeführt würde. Damit scheint es sicher zu sein, dass nach dem Dezember keine weiteren 12- Monatstender mehr ausgeschrieben werden. Dies ist relativ leicht umzusetzen, da die EZB im Mai sowieso nur drei derartige Tender angekündigt hatte. Um die Geldpolitik weiter zu verschärfen, hätte die EZB folgende Instrumente zur Verfügung:
a) Höhe des Hauptrefinanzierungssatzes bzw. Zinsaufschlag bei Langfristtendern
b) Verwendung von Mengentendern mit begrenzter Zuteilung oder von Zinstendern
c) Frequenz der Langfristtender
d) Wahl der zulässigen Sicherheiten und ihrer Ratingschwelle
e) Angebot von 7-Tagestenderoperationen in Schweizer Franken und US-Dollar.

Zu a) Eine Erhöhung des Hauptrefinanzierungssatzes ist derzeit nicht vorstellbar. Immerhin hat Präsident Trichet noch am 20. November in seiner Rede auf dem European Banking Congress erklärt, dass er den Titel „After the Crisis“ nicht selbst gewählt hätte und die Krise auch noch nicht für beendet hält. Ein fester Zinsaufschlag für den 12-Monatstender im Dezember ist daher nicht angemessen. In den letzten Wochen wurde diskutiert, ob der 12-Monatstender zu einem variablen Zinssatz ausgeschrieben werden könnte. Dabei wurden der Euribor und der durchschnittliche Hauptrefinanzierungssatz während der Tenderlaufzeit ins Spiel gebracht: Die Verwendung des Euribors ist nicht angebracht, da der Satz ein Marktzinssatz ist und von der EZB nicht direkt kontrolliert werden kann. Er hängt auch von dem Vertrauen der Banken untereinander ab. Es passt nicht, dass ein geringeres Vertrauen zwischen den Banken den Refinanzierungszins bei der Zentralbank erhöhen würde. Ähnliches gilt für den Eurepo als Referenzzins, wenngleich in etwas geringerer Weise.

Die Verwendung des durchschnittlichen Hauptrefinanzierungssatzes wäre eine Möglichkeit, die Nachfrage nach dem 12-Monatstender etwas zu drosseln. Die Zinszahlung bei den Tendern erfolgt immer in einer Summe am Ende ihrer Laufzeit, sodass dies auch technisch umsetzbar wäre. Wenn die Leitzinsen zum Jahresende 2010 steigen sollten, würden Teilnehmer am 12-Monatstender durchschnittlich keine niedrigeren Zinssätze zahlen als diejenigen, die nur bei Hauptrefinanzierungsgeschäften bieten. Unter dem Zinsgesichtspunkt sind die langfristigen Refinanzierungsgeschäfte aber ohnehin nicht sonderlich attraktiv. Da überschüssiges Geld bei der EZB oder am Geldmarkt nur zu unter 1 % angelegt werden kann und der Liquiditätsbedarf mittels Wochentender viel genauer gesteuert werden kann, sind die Langfristtender nur für diejenigen interessant, die die Mittel gleich wieder langfristig anlegen möchten. Gute Adressen erhalten besichertes Geld am Geldmarkt jedoch zu deutlich niedrigeren Zinssätzen. Die Langfristtender sind daher nur für diejenigen attraktiv, deren Sicherheiten am besicherten Geldmarkt nicht akzeptiert würden. Das wesentliche Argument gegen einen variablen Zins liegt aber darin, dass er nur dann Sinn macht, wenn die EZB die Zinsen während der Tenderlaufzeit erhöht. Er würde damit unweigerlich als eine mittelfristig beabsichtigte Leitzinserhöhung aufgenommen. Die EZB sollte eine Zinswende aber nur dann verkünden, wenn sie sich sehr sicher ist, dass sie in die richtige Richtung blickt. Die von vielen als Fehlentscheidung bezeichnete Zinserhöhung vom Juli 2008 dient als wichtige Mahnung.

Zu b) Das Zuteilungsvolumen der längerfristigen Mengentender zu begrenzen, halten wir für einen wichtigen Schritt zur Normalisierung der Liquiditätssituation. Es wäre jedoch kontraproduktiv, dies bereits jetzt zu verkünden, da dadurch unnötig viele Banken in den letzten 12-Monatstender getrieben würden. Auch hatte die EZB am 5. Mai 2009 noch angekündigt, dass die Festzinstender mit Vollzuteilung in jedem Fall noch über das Jahresende 2009 hinaus fortgesetzt würden. Wir rechnen folglich damit, dass die EZB zumindest die Januartender noch zu 1 % voll zuteilt. Sie könnte sich aber offen halten, die Langfristtender zu späteren Terminen nur noch im Volumen begrenzt oder mit einem Zinsaufschlag auf den Refisatz auszuschreiben. Wenn gleichzeitig die Hauptrefinanzierungsgeschäfte weiter mit einem festen Zins und voll zugeteilt werden, würde die EZB wieder mehr Banken in die Hauptrefinanzierungsgeschäfte reinbringen. Die Verwendung von Zinstendern, bei denen die Banken mit den höchsten Geboten eine Zuteilung erhalten, würde einer extremen Zinserhöhung gleichkommen und einen Zahlungsausfall riskieren. Schließlich müssten Banken, die am Interbankengeldmarkt keine Mittel mehr erhalten, extrem hohe Zinsen bieten, um sich Liquidität zu sichern. Vor dem Rückzahlungstermin des ersten 12-Monatstenders am 1.7. 2010 ist ein Übergang zu einem Zinstender für uns nicht vorstellbar. Die EZB würde den Ausfall einiger Geschäftsbanken oder den unkontrollierten Anstieg der Geldmarktsätze damit fast provozieren. Für denkbar halten wir allerdings, dass die EZB beispielsweise im 2. Quartal den Wechsel zum Zinstender für das 3. Quartal ankündigt, um so die Banken von einer spekulativen Übernutzung der Tender abzuhalten.

Zu c) Die Frequenz der Langfristtender kann ab Januar 2010 reduziert werden. Bereits in der 2. Hälfte 2009 wurden viele Tender nur in einem geringeren Volumen abgerufen.

Zu d) Die Wahl der zulässigen Sicherheiten kann die EZB nur mit einem sehr langen Vorlauf verändern. So ist es schwer vorstellbar, dass sie während der Laufzeit eines 12-Monatstenders die Sicherheitenregelung so verschärft, dass davon bereits existierende Geschäfte betroffen wären und die Banken zu der Bereitstellung zusätzlicher Sicherheiten verpflichtet werden. Eine Verschärfung der Sicherheitenstandards kann nur so erfolgen, dass die Banken bereits bei Abschluss des Geschäftes wissen, dass sie während der Tenderlaufzeit ggf. Sicherheiten nachreichen müssen. Zudem gilt, dass die Sicherheiten immer als Pool für alle bestehenden Refigeschäfte dienen. Es werden also nicht gesonderte Sicherheiten für die einzelnen Haupt- und Langfristtender eingereicht. Damit muss die Frist vor einer Verschärfung der Sicherheitenstandards mindestens so lang sein wie das längste noch ausstehende Tendergeschäft. Die EZB kann damit effektiv ihre Standards für geforderte Sicherheiten im Jahr 2010 – also während der Laufzeit des letzten 12-Monatstenders – für keine ihrer neuen Geschäfte verschärfen. Entsprechend hat sie die Notwendigkeit eines zweiten Ratings für ABS-Papiere ab März 2010 auf neu emittierte Papiere beschränkt. Ein zweites Rating für alle sicherheitsfähigen ABS verlangt sie erst ab März 2011, also nach Ende der Laufzeit des nächsten 12-Monatstenders. Auch die Rückkehr zur alten Ratingschwelle von A- ab 2011, statt der derzeit gültigen BBB- Schwelle, hat sie im Mai 2009 mit einem sehr langen Vorlauf von über anderthalb Jahren angekündigt. Es ist damit fast auszuschließen, dass die EZB versucht, die Nutzung des letzten 12-Monatstenders durch die Verschärfung ihrer Sicherheitenstandards zu begrenzen.

Zu e) Wir halten es für gut möglich, dass die Bereitstellung von Refinanzierungsgeschäften auf USDollar- und Schweizer Franken-Basis eingestellt wird. Die Wochentender wurden bis Ende Januar angekündigt, sind derzeit aber wohl nicht mehr unbedingt notwendig. Die 84-Tage-Tender auf Dollarbasis wurden bereits eingestellt und sollen nur noch im Fall dringenden Liquiditätsbedarfs durchgeführt werden.

4. Wir erwarten, dass die EZB mehrere von den oben diskutierten Maßnahmen ergreifen wird, um die Liquiditätsversorgung etwas weniger generös zu gestalten. Die Kombination einer Vollzuteilung des 12-Monatsgeschäftes zu 1,0 % und der Begrenzung zukünftiger Langfristtender sollte zum einen die Eoniasätze niedrig halten, aber zum anderen zu einer Erhöhung der Geldmarktsätze am langen Ende der Kurve führen. Damit sollte sich die Geldmarktkurve nach der EZB-Sitzung versteilern.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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