Kommentar
11:39 Uhr, 28.06.2005

Deka erwartet Anhebung der US-Leitzinsen

1. Diesen Donnerstag wird sich der Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank zu seiner turnusmäßigen Sitzung zusammenfinden und aller Wahrscheinlichkeit nach die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf ein Niveau von dann 3,25 % erhöhen. Wir erwarten für Ende 2005 ein Niveau von 4,0 %. Weiteren Zinserhöhungsbedarf zeigt auch unser Prognoseinstrument, der DekaBank-Fed-Indikator an.

Das voraussichtliche Statement

2. Nachdem Alan Greenspan Anfang Juni schon die grundsätzliche Einschätzung der Fed einer robusten Konjunkturentwicklung („firm footing“) bei gleichzeitig verhaltenem Inflationsdruck bestätigt hat, erwarten trotz des Strategiecharakters des zweitägigen Meetings am 29./30. Juni keine wesentlichen Anpassungen im Statement zum Zinsentscheid. Im letzten Statement vom Mai stand: „The Federal Open Market Committee decided today to raise its target for the federal funds rate by 25 basis points to 3 percent. The Committee believes that, even after this action, the stance of monetary policy remains accommodative and, coupled with robust underlying growth in productivity, is providing ongoing support to economic activity.“ Dieser Teil des Statements sollte mit Ausnahme des Zinssatzes („3 ¼ percent“) unverändert beibehalten werden.

3. “Recent data suggest that the solid pace of spending growth has slowed somewhat, partly in response to the earlier increases in energy prices. Labor market conditions, however, apparently continue to improve gradually. Pressures on inflation have picked up in recent months and pricing power is more evident. Longer-term inflation expectations remain well contained.“ Auch der Gehalt dieses Teils des Statements sollte im Wesentlichen beibehalten werden. Denn die Konjunkturdaten der letzten Wochen waren gemischt, die Ölpreise sind wieder stark angestiegen, und das Beige Book berichtete zuletzt von Preisüberwälzungsversuchen der Unternehmen. Änderungen in der Wortwahl sind hier aber dahingehend möglich, dass betont wird, dass trotz der schwächeren Konjunkturzahlen die Expansionsdynamik auf festen Füßen („firm footing“) steht.

4. “The Committee perceives that, with appropriate monetary policy action, the upside and downside risks to the attainment of both sustainable growth and price stability should be kept roughly equal.“ Die Risikoeinschätzung sollte beibehalten werden. Zwar haben sich die Konjunkturerwartungen wieder etwas eingetrübt, aber es ist für das FOMC sicher noch zu früh, hieraus eine nachhaltige Verlangsamung der Konjunkturdynamik herauszulesen. So konstatierte Alan Greenspan nach Veröffentlichung der enttäuschenden Arbeitsmarktzahlen und dem erneuten Rückgang des ISM-Index: „The most recent data support the view that the soft readings on the economy observed in the early spring were not presaging a more-serious slowdown in the pace of activity.“ Und das Inflationsklima stabilisiert sich momentan. Aufwärtsrisiken für die Inflation bestehen aber mit der Verlangsamung des Produktivitätswachstums, dem langfristigen Abwertungspotenzial für den US-Dollar, den gestiegenen Ölpreisen, und dem sich verbessernden Arbeitsmarkt. Eine größere Diskussion im FOMC über die Balance der Risiken für Inflation und Konjunktur sollte diesmal nicht aufkommen.

5. “With underlying inflation expected to be contained, the Committee believes that policy accommodation can be removed at a pace that is likely to be measured. Nonetheless, the Committee will respond to changes in economic prospects as needed to fulfill its obligation to maintain price stability.“ Dieser Teil sollte beibehalten werden. Die Worte „measured pace“ sollten weiterhin Bestand haben, auch wenn das FOMC größtenteils nicht wirklich glücklich mit diesem Teil des Statements ist. Bei realen Leitzinsen von immer noch nahe Null, sieht die Fed die derzeitige Geldpolitik immer noch als expansiv („accomodative“) an. Grund genug daher, die Zinsen weiter zu erhöhen, selbst wenn die Abwärtsrisiken durch einen Hinweis auf die gemischten Konjunkturdaten – wie z. B. durch das Wort „lackluster“ – verbal aufgefangen werden könnten.

Der Hintergrund der Zinsentscheidung

6. Die makroökonomischen Indikatoren lassen die Märkte und sicher zum Teil auch das FOMC derzeit ein Wechselbad der Gefühle erleben. Auf die glänzenden Beschäftigungszahlen vom April folgte ein schwacher Mai; ein ähnliches Bild boten auch die Einzelhandelsumsätze. Hinzu kommt, dass der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe im Mai mit einem Wert von 51,4 Punkten schon recht nahe an die kritische Grenze von 50 Punkten herangerückt ist. Doch so lange der Dienstleistungssektor Stärke zeigt, können wir unser Bild einer anhaltenden konjunkturellen Expansion mit gutem Gewissen beibehalten. Dank der Datenrevisionen zeigen jetzt auch die Zahlen für das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal klar an, dass die US-Wirtschaft im ersten Halbjahr ein solides Wachstum vorgelegt hat. Die viel zitierte konjunkturelle Delle ist inzwischen nicht mehr zu erkennen.

7. Die Verbraucherpreise in den USA gingen im Mai um 0,1 % saisonbereinigt im Monatsvergleich zurück und stiegen im Jahresvergleich um 2,8 % nicht-saisonbereinigt an. Der Inflationstrend stabilisiert sich damit. Der auf das Jahr hochgerechnete gleitende Sechsmonatsdurchschnitt für die Kernrate des CPI (sa) wie auch der gleitende Sechsmonatsdurchschnitt der Inflationsrate des Trimmed-Mean-CPI hin lagen im Mai bei 2,3 %. Der Trimmed-Mean-CPI filtert die monatlichen Extremwerte der Inflationsraten im Warenkorb des CPI heraus und dient damit als Prognoseinstrument für die Kerninflationsrate.

8. Das Hauptdiskussionsthemen im FOMC sollten bei diesem zweitägigen Strategiemeeting des FOMC die zuletzt schwächeren Konjunkturdaten, die Möglichkeit einer spekulativen Blase am Immobilienmarkt, das „Rätsel“ sinkender langfristiger Zinsen bei steigenden kurzfristigen Zinsen, und der erneute Anstieg der Ölpreise sein. US-Notenbankchef Alan Greenspan hat zuletzt bei seiner Anhörung vor dem Kongress klar gemacht, dass er das gegenwärtige Niveau der langfristigen Zinsen für zu niedrig und den Immobilienmarkt zum Teil für überbewertet hält – kein Wunder bei diesen niedrigen Zinsen. Die Geldpolitik wirkt immer noch expansiv, selbst wenn man berücksichtigt, dass die gleichgewichtigen Realzinsen – bei denen sich die Inflationsrate nicht beschleunigt – aufgrund eines weltweiten Sparüberschusses über die Investitionen niedriger sind als ihr historischer Durchschnitt. Diese Inflationszahlen sollten aber der Fed Spielraum geben, die Leitzinserhöhungen weiter „maßvoll“ zu gestalten. Angesichts der zuletzt schwächeren Konjunkturdaten ist ein 50-Basispunkteschritt erst einmal vom Tisch. An eine Zinspause im Sommer glauben wir aber nicht. Zum einen, weil wir mit Alan Greenspan übereinstimmen, dass das BIP-Wachstum robust ist. Zum anderen, weil die Unsicherheit über die Inflationsdaten zu groß ist, als dass man hier eine zu große Zurückhaltung in der Zinspolitik üben könnte. Eins ist aber klar: Nach dem jetzt schon fast sicheren weiteren Zinsschritt im Juni wird die Geldpolitik im weiteren Verlauf zunehmend datengetrieben sein. Wir erwarten für jedes Zinsmeeting – außer im Dezember 2005 – eine Leitzinserhöhung um 25 BP auf ein Niveau von 4,25 % im Februar 2006. Ende 2005 sollten die Leitzinsen damit bei 4,0 % liegen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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