Deka erwarten die Leitzinswende im August
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1. Wie die US-Notenbank in ihrem neuesten Überblick über die Wirtschaftsbedingungen in den einzelnen Regionen, dem so genannten Beige Book1, berichtet, setzte sich der Aufschwung in den letzten Monaten weiter fort. Die ökonomische Aktivität expandierte in praktisch allen Fed-Distrikten und über alle Branchen hinweg. Hervorzuheben ist vor diesem positiven Hintergrund aber insbesondere die starke Aktivität im Bausektor. Die Kreditvergabe der Banken stieg ebenfalls, die Kreditqualität bleibt auf einem soliden Niveau. Wie schon der letzte Arbeitsmarktbericht verlautete, zieht der Arbeitsmarkt an. Demzufolge waren auch moderate Lohnerhöhungen zu verzeichnen. Viele Distrikte vermeldeten einen moderaten Anstieg der Konsumentenpreise. Zu konstatieren sind aber auch signifikante Erhöhungen der Preise für verschiedene Rohstoffe und Vorleistungsgüter. Kurz gesagt: Die Inflation stabilisiert sich auf niedrigem Niveau, der Arbeitsmarkt verbessert sich, die Konjunktur zieht an.
2. US-Notenbankchef Greenspan sieht die US-Konjunktur weiter anziehen, auch wenn sich die Dynamik des Aufschwungs im Vergleich zur zweiten Jahreshälfte in 2003 erwartungsgemäß verlangsamen sollte. Hierfür sprechen in erster Linie die ersten Zeichen für eine nachhaltige und signifikante Verbesserung am Arbeitsmarkt. Die Geldpolitik bleibe expansiv - womit ein Leitzinsniveau unter dem "neutralen" Zins von rund 4,5 % gemeint ist -, die Fiskalpolitik steuere ihren Teil zur Expansion bei, und - als wichtigster Grund - die Unternehmen haben ihr zögerliches Investitionsverhalten aufgegeben. Der Anpassungsprozess nach Platzen der Aktienmarktpreisblase sei aber noch nicht gänzlich abgeschlossen. Die Investitionen legten trotz einer dramatischen Verbesserung der cash-flows nur eine relativ moderate Dynamik an den Tag. Gleichfalls relativ zögerlich sei das Einstellungsverhalten der Unternehmen, was auf den massiven Kostensenkungsdruck auf die Firmen zurückzuführen ist. Vehikel für die Kostensenkungsmaßnahmen waren die Investitionen, die die Unternehmen Ende der 90er Jahre aufgebaut hatten. Auf Deutsch gesagt: Die Rezession und der zögerliche Aufschwung gaben den Unternehmen nach dem Boom Ende der 90er Jahre endlich Zeit, nachzudenken, was sie mit den Investitionen überhaupt anfangen sollten. Dies spiegelte sich in einem starken Anstieg des Produktivitätswachstums wider, das es den Firmen ermöglichte, die höhere aggregierte Nachfrage ohne zusätzliche Neueinstellungen zu befriedigen. Die momentan hohe Dynamik des Produktivitätswachstums wird auslaufen. Damit sollte sich aber auch der Arbeitsmarkt weiter verbessern. Dies muss sich aber nicht unbedingt in höherem Lohndruck äußern. Auch wenn die Lohnstückkosten nicht mehr ganz so schnell fallen wie in der zweiten Hälfte des letzten Jahres, so ist nach Ansicht Greenspans doch ein Anstieg der Kosten noch nicht abzusehen. Zwar zeigten Teilindikatoren auf anziehenden Inflationsdruck hin, die nach wie vor vorhandene Unterauslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten und das weiter hohe Produktivitätsdruck hält nach Meinung von Greenspan aber den Inflationsdruck begrenzt. Wie Greenspan aber explizit darauf hinwies, müssten die Leitzinsen letztendlich ansteigen, um ein Aufkeimen der Inflation zu verhindern.
3. Greenspans rechte Hand Donald Kohn hatte vor einigen Wochen die Voraussetzungen für die Leitzinswende vorgestellt: (1) Zunächst müsse eine Stabilisierung der Realwirtschaft gegeben sein, (2) danach eine Stabilisierung der Inflationsraten. (3) Die dritte Voraussetzung wäre eine Stabilisierung der Produktivitätswachstumsraten auf "normalen" Niveaus. Voraussetzung (1) ist seit dem letzten Arbeitsmarktbericht erreicht: Von einem Abbrechen der konjunkturellen Dynamik kann unter normalen Umständen nicht mehr ausgegangen werden. Auch die zweite Voraussetzung ist eingetreten: Die Kerninflationsmaße haben sich nach den Deflationsgefahren des letzten Jahres stabilisiert. Die spannende Frage ist nun, wie sich die Produktivität verhalten wird. Zwar ist klar, dass sich das Produktivitätswachstum aus zyklischen Gründen verlangsamen muss. Die Stärke dieser Verlangsamung bestimmt aber maßgeblich das weitere Szenario: Ist man für die Produktivität sehr optimistisch, so verheißt dies ein weiterhin günstiges Inflationsklima und eine vergleichsweise zögerliche Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Ist man für die Produktivität eher pessimistisch, so verheißt dies Gutes für den Arbeitsmarkt und Schlechtes für die Inflation. Das erste Produktivitätsszenario spricht für ein Herausschieben der Leitzinswende, das zweite für ein Vorziehen. Greenspan hatte vor ein paar Monaten bemerkt, dass die gegenwärtigen Dynamik des Produktivitätswachstums nicht aufrecht zu halten sei.
4. Entscheidend für die Zinspolitik ist die Inflationsentwicklung. Wie Fed-Vertreter zuletzt verlauten ließen, macht auch bei der Inflation eine Schwalbe noch keinen Sommer, denn die Inflationsdaten sind sehr volatil. Die Hauptinflationstreiber sind in den USA die kalkulatorischen Eigenmieten und die Preise in den Restaurants. Beide Indikatoren zeigen noch keinen nennenswerten Inflationsdruck an. Allerdings haben die USA ein massives Problem bei den Gesundheitskosten. Auch zeigen die kalkulatorischen Eigenmieten wieder langsam nach oben, nachdem sie zuvor einem Abwärtstrend unterlegen waren. Man kann also schon das Weiße in den Augen der Inflation sehen, wenn man nur genauer hinschaut.
5. Die Fed wird daher auf kurz oder lang die Zinswende einläuten müssen. Nur wann? Das wahrscheinlichste Szenario ist das folgende: Nachdem Greenspan vorgestern deklariert hat, dass keine Deflationsrisiken mehr existieren, ist zu erwarten, dass die Fed beim nächsten Zinsentscheid am 4. Mai die Risiken zwischen Inflation und Deflation als ausgeglichen ansehen wird. Der Satzteil "the probability of an unwelcome fall in inflation has diminished in recent months and now appears almost equal to that of a rise in inflation" sollte daher aus dem Statement gestrichen werden. Die Risiken zwischen Inflation und Konjunktur sollten sich damit wieder entsprechen. Zudem sollte die Fed auf die verbesserte Lage am Arbeitsmarkt hinweisen. Am 29./30. Juni hat die Fed dann Gelegenheit zu verlautbaren, dass eine "geduldige" Geldpolitik nicht mehr von Nöten sein wird, um Deflationsgefahren abzuwehren. Der Satzteil "the Committee believes that it it can be patient in removing its policy accommodation" sollte daher aus dem Statement gestrichen werden. Damit ist die Tür geöffnet für eine Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte am 20. August 2004.
6. Wieso keine initiale Leitzinserhöhung im September oder November? Die Antwort lautet schlicht und einfach: der Wahlkampf. Natürlich stimmt es, dass es keinen systematischen Zusammenhang zwischen Leitzinsentscheidungen der Fed und Wahlterminen gibt. Die Fed wird aber dennoch, wenn irgend möglich, der Politik ausweichen wollen. Gerade Greenspan hat hierzu allen Grund, gilt er doch unter den Demokraten verdächtig, ein republikanischer Parteigänger zu sein. Erhöht die Fed die Zinsen erst im November, drei Tage nach der Wahl, könnten Demokraten ihr vorwerfen, die Zinserhöhungen zugunsten der Bush-Administration hinaus geschoben zu haben. Erhöht die Fed erstmalig die Zinsen in der heißen Wahlkampfphase im September, so könnten Bush-Anhänger Greenspan vorwerfen, er greife zu Lasten Bushs in den Wahlkampf ein. Der springende Punkt ist in diesem Zusammenhang, dass die initiale Leitzinserhöhung emotional und ökonomisch so aufgeladen ist, dass der Wahlkampf die Hürde für die Fed hinsichtlich der ersten Leitzinserhöhung um ein Weiteres erhöht. Gegeben die Inflations- und Konjunkturdaten wäre eine Zinserhöhung erst im Dezember 2004 oder Januar 2005 wohl zu spät. Jeder Termin vor August wäre wohl zu früh, muss die Fed die Märkte doch graduell auf die Zinserhöhungen verbal vorbereiten.
7. Die Zinserhöhungen sollten graduell ausfallen, darauf hat Greenspan schon hingewiesen: Erstens, weil der Inflationsdruck nicht so stark ist, wie viele momentan annehmen. Zweitens, weil die Haushalte hoch verschuldet sind. Es ist abzuwarten, wie die Haushalte mit höheren Zinsniveaus umgehen können. Drittens ist gegen Ende des Jahres eine Verlangsamung der Konjunkturdynamik zu erwarten, weil die fiskal- und geldpolitischen Impulse auslaufen. Und letztendlich gibt es ja noch jede Menge Risiken. Man denke nur an die Zwillingsdefizite in den Leistungsbilanzen und Budgetsalden, Terrorgefahren, und Probleme in den Emerging Markets bei Zinsanstiegen in den USA. Wir erwarten daher, dass die Fed die Zinsen am 4. Mai konstant belassen wird, aber am 10. August die Zinsen um 25 Basispunkte auf ein Niveau von dann 1,25 % erhöhen wird.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 131 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.
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