Deka - Der ifo-Geschäftsklimaindex fällt
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Das westdeutsche ifo-Geschäftsklima hat sich nach zwei vorhergehenden Anstiegen im März wieder von 88,9 auf 88,1 Indexpunkte verschlechtert. Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten einen unveränderten Indexstand von 88,9 Punkten, wir eine minimale Verbesserung auf 89,0 Punkte erwartet.
Das Ergebnis ist in diesem Monat vom Zeitpunkt der Antworten der Unternehmen maßgeblich beeinflusst. Der Zeitraum bis wenige Tage vor dem Kriegsausbruch war von einem dramatischen Einbruch an den Aktienmärkten und von hohen Ölpreisen geprägt. Die Antworten, die in diesem Zeitraum abgegeben wurden - nach ifo-Angaben sind das 75% - waren sicher durch diese negativen Entwicklungen bestimmt. Danach wendeten sich beide Faktoren ins Gegenteil, was sich stützend ausgewirkt haben sollte.
Im Einzelnen steht hinter der Verschlechterung des Geschäftsklimas sowohl eine schlechtere Beurteilung der Geschäftslage (79,2 nach 79,6 Indexpunkten) und eine Eintrübung der Geschäftserwartungen (97,2 nach 98,4 Indexpunkten). Mit der verschlechterten Lagebeurteilung war zu rechnen. Ohnehin schlechte Rahmenbedingungen und die angeführten Belastungen vor dem Kriegsausbruch haben sich negativ auf die Lage-beurteilung ausgewirkt. Die Eintrübung der Geschäftserwartungen kam hingegen überraschend. Wir hatten damit gerechnet, dass die Unternehmen auf einen kurzen und erfolgreichen Krieg im Irak setzen, der dann in sechs Monaten zu einer Entlastung beim Ölpreis und einer Belebung der Aktienmärkte führen würde. Dies hätte eigentlich die Erwartungen beflügeln müssen. Was hat die Unternehmen zu dieser pessimistischeren Sichtweise veranlasst? Man könnte vermuten, dass die Unternehmen derzeit eher einen langen Krieg oder ein problematisches Nachkriegsszenario unterstellen. Das halten wir aber für nicht wahrscheinlich. Vielmehr werden wohl zwei Aspekte die Erwartungen gedämpft haben: Zum einen hat sich die Stimmung in den Vereinigten Staaten in den letzten Monaten spürbar eingetrübt. Aufgrund der Handelsverflechtungen und der Bedeutung der USA für die Weltwirtschaft blicken die hiesigen Unternehmen seit längerem schon auf die dortige Stimmungslage. Zum anderen ist die Unsicherheit selbst nach dem Kriegsausbruch vergleichsweise hoch, denn verlässliche Informationen über den Kriegsverlauf sind nicht zu erhalten; ob der Irak nach einem Sieg stabilisiert werden kann und welche Kosten mit diesem Krieg verbunden sind, ist ungewiss. Für Unternehmen, die bei allen Entscheidungen - sei es über Investitionen, sei es über Arbeitsplätze - weit in die Zukunft blicken müssen, ist Unsicherheit aber Gift. Offenbar haben die Unternehmen diese beiden belastenden Faktoren stärker gewichtet als die Chance eines kurzen Krieges. Von der Regierungserklärung sehen wir keine Impulse auf das ifo- Geschäftsklima, weder im Guten noch im Schlechten. Zwar wurden dort richtige Schritte angekündigt, ob sie so im politischen Prozess schließlich umgesetzt werden, bleibt allerdings fraglich. Überdies bleiben es kleine Schritte, die im bestehenden System zu kurieren versuchen. Wenn aber schon jetzt klar ist - wie bei den Sozialversicherungen -, dass in absehbarer Zeit die gleichen Probleme wieder auf der Tagesordnung stehen, wären mutigere Schritte nötig gewesen. Für die Unternehmen werden sich die positiven und negativen Aspekte wohl die Waage gehalten haben.
Unterschiedlich war nach ifo-Angaben die Entwicklung in den Wirtschaftsbereichen. In der Bauwirtschaft und im Einzelhandel hat sich die Stimmung weiter verbessert. Beim Bau muss man hierfür wohl das milde Klima im März verantwortlich machen, die Stimmungsaufhellung im Einzelhandel ist nach wie vor schwer erklärbar. Verschlechtert hat sich dagegen das Geschäftsklima im Großhandel und im Verarbeitenden Gewerbe. Gerade die Eintrübung im Verarbeitenden Gewerbe ist angesichts seiner Bedeutung als "Motor der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung" negativ zu beurteilen.
Blickt man allein auf die Ergebnisse, so muss die Schlussfolgerung lauten, das sind schlechte Daten - der Aufschwung verschiebt sich nach hinten. Doch man sollte nicht aus den Augen verlieren, dass derzeit die Unsicherheit das einzig Sichere ist. Unternehmen müssen genauso wie Analysten mit wenigen Informationen und vielen (politischen) Annahmen ihre Prognosen erstellen. Man sollte daher die heutigen Daten als Mahnung zur Vorsicht verstehen, aber nicht als Vorboten einer sich konkret abzeichnenden (negativen) Entwicklung.
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