DE: BIP - Stagnation im 4. Quartal
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1. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt im Schlussquartal 2005 hat lediglich etwas mehr als stagniert (+0,0 % qoq). Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten zuletzt im Mittel (Median) wie auch wir mit einem Anstieg um 0,2 % qoq gerechnet. Das Vorjahresniveau wird nicht saisonbereinigt um 1,0 % übertroffen, unter Ausschaltung von Kalender- und Saisoneffekten sind es sogar 1,6 %.
2. Die heutige Veröffentlichung stellt lediglich eine Schnellschätzung dar. Details zur Verwendung, Entstehung und Verteilung des Bruttoinlandsprodukts werden erst am 22. Februar veröffentlicht. Dennoch lassen sich schon jetzt einige - zum Teil überraschende - Entwicklungen aus den Konjunkturindikatoren herleiten:
• Schon lange keine Überraschung mehr ist der schwache private Konsum in Deutschland. Das vierte Quartal macht da keine Ausnahme. Gemessen an der Entwicklung des Einzelhandelsumsatzes müsste es zu einem stärkeren Einbruch gekommen sein. Wir sind etwas vorsichtiger und gehen nur von einem leichten Rückgang aus, zumal der Zusammenhang in den letzten Quartalen etwas loser als sonst war. Möglicherweise kommt es aber auch noch zu entsprechenden Revisionen. Festzuhalten bleibt: Der private Konsum konnte ein weiteres Mal die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen.
• Aufgrund der Indikatoren ebenfalls wenig überraschend ist die langsamere Gangart der Exporte. Im dritten Quartal hatten die Exporte dank des starken Wachstums in den deutschen Handelspartner ländern so kräftig wie schon lange nicht mehr zugenommen. Im vierten Quartal hat sich aber die Konjunktur in den Handelspartnerländern deutlich abgeschwächt. Bestes Beispiel sind die USA, in denen das Bruttoinlandsprodukt nach der ersten Schätzung nur noch um 0,2 % qoq (annualisiert 1,1 % qoq) zugenommen hat. Immerhin deutet sich für das erste Quartal 2006 schon wieder eine Belebung der Auslandsnachfrage an. Da die Importe im vierten Quartal kräftiger zunahmen als die Exporte, bremste der Außenbeitrag das Wachstum.
• Überraschend stark waren die Bauinvestitionen. Nach dem kräftigen dritten Quartal, das durch witterungsbedingte Nachholeffekte gekennzeichnet war, kam es zu einem weiteren Anstieg. Begünstigt war das vierte Quartal durch leicht überdurchschnittlich milde Witterungsverhältnisse.
• Ebenfalls robust entwickelten sich die Ausrüstungsinvestitionen. Bei einer etwas gestiegenen Kapazitätsauslastung und hohem Zukunftsvertrauen (gemessen an den Geschäftserwartungen) mehrt sich die Bereitschaft der Unternehmen etwas, wieder in Erweiterungen zu investieren. Der Investitionszyklus ist in vollem Gange. Das mag man auch daran erkennen, dass das Jahr 2005 das erste Jahr seit 1999 ist, in dem - so es keine gravierenden Revisionen gibt - die Ausrüstungsinvestitionen in keinem Quartal rückläufig waren.
3. Zu beachten ist die Möglichkeit, dass uns die Saisonbereinigung wie schon zum Jahreswechsel 2004/05 einen Streich gespielt hat: Die hohe Anzahl an Werktagen zwischen Weihnachten und Neujahr lässt die Saisonbereinigung Abschläge vornehmen. Wenn aber diese Tage aufgrund von Urlaubstagen nicht in vollem Umfang als Werktage dienten, dann erweist sich dieser Abschlag als zu hoch. Dies führte 2004 zu einem unterzeichneten Schlussquartal und 2005 zu einem überzeichneten ersten Quartal. Vielleicht wiederholt sich Geschichte! Einen Hinweis mag die Diskrepanz der Prognosemodelle auf Basis von Stimmungsindikatoren und auf Basis von "harten" Indikatoren wie Produktion oder Einzelhandelsumsatz geben. Nimmt man Stimmungsindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes, die weniger anfällig für Übertreibungen sind, hätte das Wachstum im vierten Quartal sogar ähnlich hoch wie im dritten Quartal 2005 ausfallen müssen.
4. Unabhängig davon gibt es aber zahlreiche Gründe, warum der Start in das Jahr 2006 gelungen sein sollte. So werden die deutschen Handelpartnerländer wieder schneller wachsen und entsprechend mehr Exportgüter nachfragen. Sollte sich das überraschend schwache und im Gegensatz zu den Umfragen bei den Einzelhändlern stehende Konsumbild im Schlussquartal 2005 bestätigen, so besteht im ersten Quartal positives Überraschungspotenzial, zumal die Fußballweltmeisterschaft immer näher rückt. Schließlich sollte nicht vergessen werden, dass die deutsche Industrie über prall gefüllte Auftragsbücher verfügt, die ihr in den ersten Monaten des Jahres gute Geschäfte versprechen.
5. Trotz der Enttäuschung im vierten Quartal beträgt der statistische Überhang für das Jahr 2006 immerhin 0,4 Prozentpunkte. Der statistische Überhang misst die Geschwindigkeit, die der Tanker "Deutschland" im vergangenen Jahr zum Jahresende hin aufgenommen hat und mit der er in das laufende Jahr hinüber gleitet, selbst wenn die Maschinen gestoppt werden. Anders gewendet: Wenn 2006 nur Stagnation brächte, dann würde das Bruttoinlandsprodukt dennoch in diesem Jahr um diese 0,4 % wachsen. Damit ist der Boden für unsere zuversichtliche Prognose eines Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts um 1,7 % gut bereitet.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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