Kommentar
12:44 Uhr, 22.02.2006

DE: BIP - enttäuschendes viertes Quartal

1. Die Schnellschätzung des Statistischen Bundesamts wurde heute bestätigt: Das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2005 stagnierte. Mit größerem Interesse haben wir die Details zum Bruttoinlandsprodukt betrachtet – und sie enttäuschten. Nahezu alle Komponenten der Verwendungsseite zeigten sich schwächer als erwartet:

• Der private Konsum sank um 0,6 % qoq, das ist der stärkste Quartalsrückgang in den vergangenen vier Jahren. Allerdings wurden die Vorquartale – wie erwartet – nach oben revidiert, sodass es statt zwei Rückgängen nun eine Stagnation im zweiten und ein Anstieg der Konsumausgaben im dritten Quartal gab. Der staatliche Konsum ging im vierten Quartal 2005 sogar um 1,6 % qoq zurück.

• Die Ausrüstungsinvestitionen stagnierten mit einer Rate von 0,1 % qoq nahezu, nachdem die Wachstumsrate im Vorquartal von 3,8 % qoq auf 1,6 % qoq abwärts revidiert wurde.

• Der Export nahm nur um 0,5 % qoq zu, die Importe hingegen um 1,1 %, sodass der Außenbeitrag das Wachstum bremste.

• Erwartungsgemäß stark zeigten sich die Bauinvestitionen, die um 1,2 % qoq zunahmen, nachdem das Wachstum im dritten Quartal mit 2,2 % nun doppelt so hoch wie vor drei Monaten ausgewiesen wurde. Damit beträgt der statistische Überhang für das Jahr 2006 immerhin 2,0 %.

• Die eigentliche Überraschung waren die Lagerinvestitionen, die 0,8 Prozentpunkte zum Bruttoinlandsproduktanstieg beisteuerten. Hier stellt sich nun die brennende Frage, ob das ein ungeplanter Lageraufbau war, weil die Nachfrage mit der Produktion nicht Schritt halten konnte? Dies würde im ersten Quartal 2006 zu einer entsprechenden Korrektur führen. Oder war es ein geplanter Lageraufbau, weil die Unternehmen in den kommenden Quartalen mit mehr Nachfrage und Produktion rechnen? Anders als in den letzten Quartalen ist der Lageraufbau wohl nicht alleine als ungeplant zu bezeichnen. Sicherlich war die Nachfrage im vierten Quartal enttäuschend, sodass nicht alle Produkte wie geplant abgesetzt werden konnten. Es erscheint uns aber sehr wahrscheinlich, dass eine große Anzahl an Produkten auch deshalb auf Lager genommen wurden, um im ersten Vierteljahr mehr produzieren zu können. Hierauf deutet die starke Produktion von Vorleistungsgütern im vierten Quartal hin, das sind eben jene Güter, die für den weiteren Produktionsprozess benötigt werden.

2. Wie geht es mit der Konjunktur weiter? Wir sind zuversichtlich, dass das erste Quartal stärker als ursprünglich erwartet ausfallen wird. Dies liegt zum einen daran, dass das vierte Quartal vermutlich – wie schon im vergangenen Jahr – durch die Arbeitstagebereinigung unterzeichnet ist, und es daher im ersten Quartal zu einer Korrektur kommt. Zum anderen deutet sich für die ersten drei Monate des Jahres ein starkes Wachstum in den deutschen Handelspartnerländern an. Dies sollte zu einer deutlichen Belebung der Exporte führen. Einen Hinweis darauf gab das gestern veröffentlichte ifo-Weltwirtschaftsklima, das kräftig zunahm, vor allem getragen durch die Entwicklung in Europa und Nordamerika. Diese zusätzliche Nachfrage im ersten Quartal trifft auf volle Auftragsbücher, die ohnehin schon die Produktion gut absichern.

3. Fügt man das zusammen, so ergibt sich ein kräftiges Wachstum im ersten Quartal von 0,6 % qoq. Für das Gesamtjahr erwarten wir aufgrund des etwas geringeren statistischen Überhangs von 0,4 % unverändert eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 1,7 %.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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