Analyse
10:12 Uhr, 12.06.2015

DAX: Ich finde die Zuversicht der Leute bedenklich

Die Kurse wirbeln nur so herum: Gestern raste der DAX binnen Sekunden um 131 Punkte nach Süden. Von dort kam auch der Auslöser: Der IWF reiste aus Brüssel ab, die Gespräche im hellenischen Schuldendrama liegen auf Eis.

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
    ISIN: EU0009652759Kopiert
    Kursstand: 1,1235 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Dow Jones
    ISIN: US2605661048Kopiert
    Kursstand: 18.039,37 Punkte (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • EUR/USD - WKN: 965275 - ISIN: EU0009652759 - Kurs: 1,1235 $ (FOREX)
  • Dow Jones - WKN: 969420 - ISIN: US2605661048 - Kurs: 18.039,37 Punkte (NYSE)

Über 15 Jahre, in denen ich schon auf dieser Seite schreibe, habe ich herausgefunden, dass das Feedback und die Stimmung, die sich durch Kommentare und Chats auf GodmodeTrader ableiten lässt, einen sehr guten Indikator für die allgemeine Marktlage abgibt.

Ich hatte Mitte August 2011 bei einem DAX-Stand von 5300 Punkten geschrieben, dass wir das Gröbste der Korrektur wahrscheinlich gesehen haben. Der DAX schloss in diesem Jahr bei 5900 Punkten. Im Januar 2012 schrieb ich (Artikel kann hier abgerufen werden):

"Wenn der DAX am Dienstag, den 31. Januar 2012 über 6200 Punkten schließt, dann haben wir ein neues Bull-Signal mit Ziel bei 8600, 10190 und 12590 Punkten, ohne zuvor nochmal neue Tiefs unter 4950 Punkten zu bekommen."

Ich musste viel Häme für diese Prognose einstecken. Da hieß es:

"Zu Optimistisch. Ein Zeichen, daß der der Markt einknicken wird."

"Zurzeit denke ich, sind wir in einer typischen Übertreibungsphase..."

"Es ist doch kaum zu glauben. Optimismus auf breiter Front!"

"Die Prognose ist zu optimistisch. Leider ! Der junge Herr Stanzl muss noch Lehrgeld zahlen ..."


Heute scheint der Pessimismus der Leute umgeschlagen zu sein in allgemeine Zuversicht. 3 1/2 Jahre unaufhörlich steigende Kurse an der Wall Street, große Kurssteigerungen im DAX seit Jahresbeginn - all das hatte einen gewissen Gewöhnungseffekt mit sich gebracht.

Menschen extrapolieren Trends, was an der Börse gefährlich ist, da dort Trends schlagartig drehen können.

Ich will nicht sagen, dass die Rally zu Ende ist, noch kann ich sagen, wann das Ende gekommen ist. Wir haben keinen dramatischen Abwärtsimpuls, der Prognosen über eine Trendwende nahelegen würde. Ich muss aber feststellen, dass ich die Zuversicht der Anleger bedenklich finde.

Seit Ende der QE-Aufkaufprogramme steigt die Wall Street nicht mehr. Das war Oktober 2014.

Dow Jones für Industriewerte: Keine Kurszuwächse seit QE-Ende
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    TTMzero Indikation

Der DAX auf Dollarbasis steigt seit einem Jahr nicht mehr. Auf EUR-Basis legte der DAX seit Jahresbeginn kräftig zu, das ist aber das Ergebnis des dramatischen Verfalls des Euros. Eine monetäre Illusion also.

DAX in USD: Seit einem Jahr seitwärts (Chart: Guidants PROmax)
Statischer Chart
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Nun scheint sich das Weiße Haus gegen die unaufhörliche Dollar-Aufwertung zur Wehr zu setzen. Dieser Treiber für den DAX fällt also weg. Es kann sein, wie der Chefberater der Allianz, Mohamed El-Erian, vermutet, dass die EZB ihr QE-Programm sogar noch weiter erhöht, wenn sich die Vola bei Renten und anderen Märkten nicht wieder beruhigt. Das könnte den Kursen im DAX einen Boost geben.

Ansonsten gilt: Ab sofort muss die Realwirtschaft die Kurssteigerungen bringen. Die Weltbank hat zwar gestern den Daumen über der Eurozone angehoben, ihn aber über der Weltwirtschaft gesenkt. Insgesamt krebst die Weltwirtschaft so vor sich hin.

Das bedeutet: Der neue Kurstreiber ist ein weitaus weniger potenter als es die Bazookas der Zentralbanken waren. Da die größte Bazooka demnächst von Janet Yellen zurückgezogen werden soll, spricht das eher für noch mehr Vola und Unsicherheit. Es gibt ganz große Herden von Marktteilnehmern, die ihre Positionen noch drehen müssen, und wer soll auf der anderen Seite des Marktes die Positionen aufnehmen? Ein Rätsel.

Fazit: Ich bleibe weiterhin bullisch, würde fallende DAX-Notierungen zum Einstieg nutzen. Es steht noch ein Kursziel aus der Prognose von Februar 2012 aus: Rund 19000 Punkte. Allerdings wäre erst ein nachhaltiger Anstieg über die bisherigen Rekordhochs vom DAX ein Signal dafür, dass wir in diese Richtung gehen.

16 Kommentare

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  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Es ist nicht zu übersehen, das die Zentralplaner mit dem Rücken zur Wand stehen. Mr. Market zeigt Al Draghone den Stinkefinger und lässt Zinsen explodieren und den Euro steigen. Die Achillesferse im System ist die Anleihenblase, wenn sie explodiert fegt sie alles weg, Zentralplaner, Schulden und krude Allmachtsphantasien der Politclowns. Dann wird es einen Neustart geben, mit einem voraussichtlich besseren Geldsystem. Den Aktien als Sachwertanlage muss das nicht zum Schaden gereichen. Wenn große Adressen die Flucht aus dem Schuldenturm antreten, dann halte ich 19000 Punkte im Dax nicht für ausgeschlossen

    10:10 Uhr, 13.06. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    Widersprüchlicher gehts der Artikel ja nicht. Erst alles sehr bedenklich und kein Wachstum und kurs seitwärts und ohne us QE bewegt sich nichtd, aber dann plötzlich die 19000 ausrufen. Nicht, das das nicht möglich wäre. Der 100% realen inflation seit euro Einführung (alle preise in DM kosten heute das gleiche in Euro) haben wir ja auch die Steigerung von 6000 auf 12000 zu verdanken. Warum soll bei weiterer realer inflation die so sicher wie das Amen in der Kirche ist, der kurs nicht auch auf 18000 steigen?, aber ihre Argumentation passt überhaupt nicht. Haben sie die Hälfte ihres Artikels vor der Veröffentlichung gelöscht?

    01:51 Uhr, 13.06. 2015
  • CK7985
    CK7985

    Und die Aussage, dass die Märkte seit Ende 2014 seitwärts laufen, ist ja auch bahnbrechend und ein Novum der Börsengeschichte, gerade in den Sommermonaten ein äußerst seltenes Phänomen...Einigen fehlt es einfach an Geduld und dem langfristigen Blickwinkel, deren es für Investitionsentscheidungen und die nachhaltigen Beteiligung an Unternehmen bedarf.

    18:14 Uhr, 12.06. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Zusatz: Und Autos? MB bezieht man in RU derweil aus Thailand und Audi aus China. Das ist billiger als sie in D zu kaufen.....sagt mein Freund.

    13:37 Uhr, 12.06. 2015
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Ich finde es lustig, das man Chinas gewaltige Aktionen sich vom $ zu trennen und die gesammten Aktionen der BRIICS praktisch gar nicht beachtet. Gestern kam ein Freund aus RU zurueck und erzaehlte, das derweil praktisch alle Produkte , die dem Embargo des Westens zum Opfer fielen von China ersetzt wurden . Die Lebensmittel von GR!!! , Thailand und Brasilien. Ru hat kein Problem , wie es scheint. UND merkt euch mal : USA und EU ist NICHT der Mittelpunkt der Welt. Das wird sich wohl bald zeigen. DAX 19 000 ist lach haft bei den derzeitigen Aktienpreisen. Voellig absurd.

    13:35 Uhr, 12.06. 2015
  • Stockhorn
    Stockhorn

    Sicher wird der nächste Crash kommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.. die Frage ist nur WANN! Zurzeit glaube ich ehrlich gesagt noch nicht. Mir fehlt ganz klar noch die letzte Euphoriephase.. die haben wir noch nicht. Es sind immer noch viel zu viele bärisch eingestellt. Ich höre das überall.. bin euch auch Steuerexperte.. von 100 Steuererklärungen von Privaten haben nur gerade 0-1 etwas ganz wenig Aktien im Depot. Heisst die Masse ist noch gar nicht dabei. Und die braucht es noch. Viel eher sehe ich, dass ab Herbst die Anleiheblase definitiv platzt. Dann kommt noch Bargeldverbot, schlimmere Negativzinsen, das dürften dann die Gründe sein, noch die letzten Privaten in den Aktienmarkt zu jagen! Denke der Dax hat noch absolut Potential von 100% die nächsten 2 Jahre.. dann dürfte dann allerdings Schluss sein. Erst wenn man in der Bild auf der Titelseite liest, jetzt müsse man Aktien kaufen, dann wird es höchste Zeit, sich zu verabschieden...

    12:22 Uhr, 12.06. 2015
  • Investor
    Investor

    Wir befinden uns in unsicheren Zeiten:

    - die Rallye muß sich ändern von liquiditäts- zu fundamental getrieben

    - wir sehen gerade einen Umbruch in der Wirtschaft. Viele klassische Wirtschaftsbereiche werden immer mehr über Technologie herausgefordert. zB die Banken entlassen momentan 100.000te von MA. Momentan stellt sich die Wirtschaft global neu auf und services nehmen einen immer breiteren Raum in der Wertschöpfung ein.

    - Durch den Umbruch werden gesellschaftliche Vereinbarungen in Frage gestellt. Soziale Probleme und Spannungen nehmen zu

    - Politische Krisen wie gr nehmen immer mehr zu und

    - Staatliche Regulierungen umfassen immer mehr Themen und erzeugen dadurch neue und größere Risiken im System (austrockende Liquidität)

    - Medial werden wir von Meldungen überflutet. Von immer mehr Ereignissen bekommen wir "Wasserstandsmeldungen (zB Gr)"

    All dies erzeugt Unsicherheit und an den Börsen letztlich eine hohe Vola. In USA sehen wir daß die Nasdaq immer mehr zum Antreiber der Wirtschaft wird. In den letzten jahren hat sich das Zusammenspiel zwischen S&P 500 und Nasdaq geändert

    10:56 Uhr, 12.06. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • CK7985
    CK7985

    Ich kann mich den Vorrednern nur anschließen. Herr Stanzl in seiner tendenziell bärishen Grundhaltung skizziert wie so häufig in seinen Artikeln, Beiträgen und Videos etwas überspitzt und populistisch die Apokalypse, versucht aus subjektiven und vereinzelten Meinungen repräsentative Stimmungsbilder abzuleiten (was wissenschaftlich betrachter doch bedenklich erscheint) und vor allem argumentiert eher absolut inkonsequent.

    Im ersten Teil seiner Ausführungen stellt er dar, dass die Märkte keinerlei Impulse mehr erhalten, die Weltwirtschaft vor sich hin krebst, die Politik der Notenbanken verpufft und die Realwirtschaft kaum kurstreibende Impulse liefern kann und wird.

    Im zweiten Teil seiner Ausführungen stellt seine bullische Haltung dar und skizziert astronomisch Kursziele von 19.000 Punkten, die den zuvor getätigten Aussagen völlig widersprechen, denn in diesem Fall stünde eine lange Phase der Stagnation bzw. des Crashs bevor.

    Mal ganz abgesehen davon, dass die Prognosen und Einschätzungen von Herrn Stanzl im Rohstoffsektor sowie generell an den Märkten in der Mehrzahlt der Fälle an tatsächlichen Marktentwicklung vorbei gehen und er sich dazu genötigt fühlt, irgendwelche uralten Prognosen aus den Jahren 2011/2012 hervor zu holen, spricht Bände.

    Die Einschätzungen von Hr. Weygand sind bedeutend objektiver, auch wenn WIR ALLE kein Orakel oder eine Glaskugel besitzen und die Aussage "A oder B" kann nun wahrlich jeder tätigen.

    Und eine Seitwärtsbewegung ist kein Crash sondern ggf. eine Pausierung bzw. ein Luft holen von der Rally der letzten Jahre...

    10:50 Uhr, 12.06. 2015
  • plungeboy
    plungeboy

    "Ich finde die Zuversicht der Leute bedenklich" - "Ich bleibe weiterhin bullisch" mmmh.

    10:29 Uhr, 12.06. 2015
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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