Kommentar
14:45 Uhr, 12.05.2017

Das Wachstums-Rätsel: Wer ist schuld?

Banken waren lange Zeit die Sündenböcke der Welt. Sie waren an allem schuld. Das ist etwas zu einfach, insbesondere in einem Aspekt.

Eines der großen Rätsel der letzten Jahre ist die fehlende Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung. Seit der Finanzkrise ist irgendwie nichts mehr wie es vorher war. Global ist das Wirtschaftswachstum zurückgegangen. Daran konnten auch die Notenbanken nichts ändern.

Der Rückgang des Wachstums hat zwei Gründe. Einerseits wächst die Bevölkerung weniger stark als noch vor ein oder zwei Jahrzehnten. Andererseits ist das Produktivitätswachstum gering.

Der demographische Wandel schlägt mit der Pensionierungswelle der Babyboomer gerade richtig durch. Die arbeitsfähige Bevölkerung wächst immer langsamer. Das Wirtschaftswachstum wiederum bestimmt sich aus Beschäftigungs- und Produktivitätswachstum. Wächst die arbeitsfähige Bevölkerung langsamer, so wächst auch die Wirtschaft langsamer.

Den einen Aspekt kann man also erklären. Das mangelnde Produktivitätswachstum hingegen kann bisher niemand schlüssig aufklären. Theorien gibt es viele. Eine davon ist relativ simpel. Produktivität ist nichts anderes als der Output pro Person. Kann eine Person innerhalb einer bestimmten Zeit, z.B. einer Stunde, mehr produzieren, so ist die Produktivität gestiegen.

Produktivität lässt sich gut messen, wenn es um greifbare Güter geht. Man kann z.B. sehr einfach messen, ob ein Unternehmen pro Beschäftigten mehr Autos vom Laufband rollen lässt oder weniger. So einfach ist das im Dienstleistungsbereich nicht. In der Produktion können Prozesse automatisiert und so beschleunigt werden. Bei Dienstleistungen ist das nicht so einfach möglich.

In einem Extrembeispiel kann man sich einen Psychologen vorstellen. Dieser spricht mit seinem Patienten. Das dauert nun einmal so lange wie es nun einmal dauert. Es gibt keine Technologie, die dem Psychologen erlaubt, mehr Patienten „durchzuschleusen.“ Die Produktivität kann nach derzeitigem Stand schlichtweg nicht steigen.

Nun entwickelt sich die Wirtschaft immer mehr zur einer Dienstleistungsgesellschaft. Da Produktivitätssteigerungen hier schwieriger zu erzielen sind, geht eine Theorie davon aus, dass der Wandel hin zu Dienstleistungen das Produktivitätswachstum verlangsamt. Das kann man so nicht sagen.

Hier kommen nun die Banken ins Spiel. Die Grafik zeigt dazu die Entwicklung der Produktivität in der Produktion, für alle Unternehmen und für Nicht-Finanzunternehmen. Gerade dort, wo die Produktivität durch Automatisierung am einfachsten gesteigert werden kann (Produktion), stagniert sie seit Jahren.

Nicht-Finanzunternehmen zeigen einen positiven Trend, allerdings ohne große Dynamik. Bei allen Unternehmen und Sektoren zeigt sich ein etwas soliderer Trend. Diese Gruppe beinhaltet im Gegensatz zur grauen Linie Finanzunternehmen. Zählt man diese hinzu, so zeigt sich ein höherer Anstieg der Produktivität.

Kurz gesagt: ohne Banken und sonstigen Finanzdienstleistern sähe es sehr viel düsterer aus. Gerade Dienstleistungsunternehmen der Finanzindustrie sind ein Lichtblick für die Produktivität. Wer hätte das gedacht?

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Clemens Schmale

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  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Überalterung der Gesellschaft, gesättigte Märkte, schrumpfende Realeinkommen und ein Geldsystem das mit komplett abgefahrenen Reifen unterwegs ist, all das sind Gründe, wieso es mit dem Wachstum nicht mehr so läuft, wie es nach dem allgemeingültigen Glaubensbekenntnis zum ewigen Wachstum, dem alle modernen Induatrienationen huldigen, eigentlich laufen sollte. Hinzu kommt die Digitalisierung 4.0, Maschinen kaufen halt keine Maschinen. Der Kreditzklus ist fast an seinem Ende angekommen, neue Schulden haben im Vergleich zu den 80er und 90er Jahren nur noch eine minimale Wachstumssteigerung zur Folge. Die Politik macht Politik für alte Säcke, wohl wissend, das die Babyboomergeneration ein gewaltiges Wählerpotential darstellt, mit dem man es sich besser nicht verscherzt. Wer anschafft bezahlt, das wäre die Normalität. Der momentane Wahnsinn wird jedoch von den Kindern und Enkelkindern der Babyboomer bezahlt, Motto: Nach mir die Sintflut.

    23:42 Uhr, 12.05. 2017
  • netzadler
    netzadler

    der brüller des tages: die finanzindustrie ist nachhaltig äusserst produktiv.

    Mal ne frage: jibt es inner Natur irgendeinen Organismus, der permanent wächst (auf natürliche weise)

    21:47 Uhr, 12.05. 2017
  • P_44
    P_44

    Haste makes waste. Eine Beratung, für die nicht genug Zeit ist, taugt nichts.

    21:05 Uhr, 12.05. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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