Kommentar
18:02 Uhr, 25.03.2009

Das Spiel heißt "Bailout"

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  • WTI Öl
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    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

Das Spiel heißt „Bailout“ – und es wird tatsächlich schon seit Jahrzehnten gespielt. Schuldner, seien es Unternehmen, Einrichtungen oder ganze Staaten, die zu groß sind, um scheitern zu können, werden bei Zahlungsschwierigkeiten mit großzügigen neuen Krediten ausgestattet, sodass sie weiterhin in der Lage sind, die Zinsen auf bestehende Kredite zu berappen. Die US-Regierung hält mittlerweile selbst eine Verstaatlichung von Hedgefonds nicht mehr für ausgeschlossen. Dass damit das Problem nur in die Zukunft verschoben wird, wird offenbar ignoriert. Durch die Übernahmen und Zusammenschlüsse im Bankensektor hat sich die Marktkonzentration in diesem Sektor deutlich erhöht, sodass die „Überlebenden“ Banken nach einer Stabilisierung des Finanzsystems (ob eine Stabilisierung kommt?) enorme Gewinne machen werden. Die arg gescholtenen Bankenaktien sollten Sie also als Anleger immer im Blickfeld haben.

Das Rettungspaket, das nun von US-Finanzminister Geithner vorgestellt und von den Börsen überaus positiv aufgenommen wurde, folgt dem gleichen „Bailout-Spielplan“, der schon seit Jahrzehnten gespielt wird. Es lohnt sich durchaus, einmal die Historie dieser Aktionen zu recherchieren: Chrysler, Penn Rail, Continental Airways, Länder wie Argentinien, Mexiko, Russland, die asiatischen Länder während der Asienkrise, Russland Ende der 90er Jahre: Die Liste der Bailouts der letzten Jahrzehnte lässt sich lange fortführen. Jedes Mal gelang es, das Problem mit mehr Liquidität und neuen Schulden zu beheben. Neu an der jetzigen Krise ist, dass sie in so enormer Geschwindigkeit über uns hereinbrach, und weltweit fast alle Wirtschaftsbereiche betrifft. Die Kapitalmärkte haben auf diese Situation ähnlich reagiert, wie bei einem Kriegsbeginn oder einer großen Naturkatastrophe: Quasi über Nacht herrschte Schockstarre an den Kapitalmärkten. Diese Schockstarre versuchen nun Regierungen und Zentralbanken weltweit wieder zu lösen. Dabei wird nach dem gleichen Prinzip verfahren, wie schon bei den vergangenen Bailouts. Ob es dieses Mal wieder gelingen wird, vermögen wir nicht zu sagen. Es ist aber wichtig zu wissen, dass die jetzige Reaktion auf die Probleme – der Bailout-Spielplan - keineswegs neu ist.

Details zum am Montag bekannt gegeben Programm: 75-100 Milliarden US-Dollar werden eingesetzt, um Kredite für Investoren zu vergeben, die bereit sind, Hypothekenkredite und andere toxische Aktiva zu kaufen. Die Investoren selbst müssen nur 6 Prozent vom Nennwert selbst einbringen, weitere 6 Prozent kommen vom 700 Milliarden US-Dollar schweren Konjunkturprogramm der US-Regierung. 84 Prozent des benötigten Geldes stammen von der Einlagensicherungsbehörde FDIC, die dieses Geld von der US-Notenbank Fed erhält. Diese wiederum „schafft“ das Geld aus dem Nichts, in anderen Worten: sie druckt es. Später ist eine Aufstockung des gesamten „Bailout“-Pakets auf 1000 Milliarden US-Dollar geplant. Die Banken sollen dadurch wieder rekapitalisiert werden und können ihr Geschäft weiter führen. Außerdem ergibt sich der Vorteil, dass ein brach liegender und keine Zinsen mehr einbringender Teil der Aktiva wieder „belebt“ wird – man bringt hier also die Zinszahlungen wieder in Gang. Die Kosten trägt der Steuerzahler – einmal direkt in Form eines Teils des 700 Milliarden US-Dollar schweren Konjunkturpaketes, das vom US-Kongress verabschiedet wurde. Zum anderen durch eine höhere Inflation in den kommenden Jahren, ausgelöst durch die 84 Prozent-Beteiligung neu geschaffenen Geldes der Fed. Inflation ist schließlich nichts anderes als eine indirekte Steuer, die auch die betrifft, die eigentlich gar keine Einkommen haben und folglich auch keine Steuern zahlen. Die Wut der „Main Street“ in den USA auf die „Wall Street“ ist daher nicht unbegründet.

Das jüngste „Bailout“-Paket folgt dabei in etwa dem gleichen Prinzip wie alle anderen Maßnahmen, die bisher von der Regierung und der US-Notenbank unternommen wurden. Vieles spricht für eine steigende Inflation in den kommenden Jahren. Und dies wiederum ist ein stichhaltiges Argument für Investitionen in Sachwerte, und insbesondere in Rohstoffe. Zwei Rohstoffe gefallen uns derzeit besonders gut: Kupfer, weil die chinesische Regierung im Januar und Februar große Mengen importierte, um einerseits ihr Konjunkturpaket umzusetzen und andererseits strategische Lagerbestände aufzubauen, und Erdöl, weil einerseits die OPEC 4,2 Millionen Barrels/Tag durch Förderquotensenkungen vom Markt genommen hat und andererseits zahlreiche Ölproduzenten angesichts der niedrigen Preise unrentable Bohrtürme und Ölbohrinseln stilllegen mussten. Das senkt das Angebot. Unserer Meinung werden sich die Konjunktur und damit die Ölnachfrage erhöhen, wenn es gelingt, die Banken zu stabilisieren und die Kreditvergabe wieder zu aktivieren.

Die beiden konjunktursensiblen Rohstoffe Kupfer und Erdöl sind aus charttechnischer Sicht derzeit attraktiv für Long-Positionen. Bei Kupfer sehen wir auf Sicht der nächsten Monate ein Kursziel von 5000 US-Dollar/Tonne gegenüber aktuell rund 4000 US-Dollar/Tonne, bei Erdöl sehen wir Potenzial bis in den Bereich von 70-80 US-Dollar/Barrel, gegenüber aktuell rund 53 US-Dollar/Barrel. Ob dies bereits DER Boden bei den Rohstoffen ist oder nicht, muss abgewartet werden. Unserer Meinung ist jetzt aber der ideale Zeitpunkt, um in Rohstoffe, und insbesondere in Kupfer und Erdöl zu investieren und Stopps sukzessive nachzuziehen.

Ein weiterer Sektor, dem wir hohe Chancen beimessen, ist der Agrarsektor. Hier ist besonders Mais zu nennen, dass zu Ethanol verarbeitet wird. Auch wenn Ethanol umstritten ist, hat sich die US-Regierung jüngst erst wieder für das Benzin-Additiv ausgesprochen und ihre Subventionen bestätigt. Auch Zucker ist sehr interessant. Indien wird in diesem Jahr mehr Zucker nachfragen, als sonst. Indien ist das größte Nachfrageland für den süßen Rohstoff und muss das erste Mal seit dem Jahr 2006 wieder Zucker vom Weltmarkt importieren. Außerdem erhöhen steigende Erdölpreise wie bei Mais die Hoffnungen auf eine erhöhte Nachfrage nach Zucker zur Ethanolherstellung. Für alle Agrarrohstoffe gilt, dass das Wetterphänomen „La Niña“ – also kälter als normale Wasseroberflächentemperaturen vor der Westküste Lateinamerikas bereits jetzt zu Dürren in Lateinamerika, Asien und Australien führten und die Erntezeit in den USA vermutlich sehr regnerisch werden lassen wird. Dies spricht für schlechte Ernten in diesem Jahr. Außerdem hat die geringe Kreditverfügbarkeit viele Landwirte weltweit dazu gezwungen, weniger anzubauen. All diese Gründe sprechen für eine Reduzierung des Angebots und in Folge für eine Stabilisierung der Preise.

Quelle: Rohstoff-Report

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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