Kommentar
16:00 Uhr, 21.05.2008

Das Phänomen spiegelbildlicher Projektionen - Einfach den Spiegel draufhalten!

Der Bärenmarkt von 1973 – 1974 sieht dem Markt von 1969 – 1970 sehr ähnlich. Wenn Sie die Jahre 1973 und 1974 genauer ansehen, werden Sie bemerken, dass 1974 eine spiegelbildliche Wiederholung von 1973 war. Einige Technische Analysten, wie zum Beispiel Ralph Acampora, bedienen sich diesen Wiederholungen und lassen einen Grossteil des Ergebnisses in ihre längerfristigen Analysen einfließen. Auf diese Weise prognostizierte Ralph Acampora einem Dow-Stand im von 11.500: Eine Prognose, die seinerzeit auf die meisten Marktteilnehmer völlig unverständlich wirkte.

„Future stock movements can be forecasted by a study of past history and past movements. By knowing the time when the greatest advances have taken place and the time when the greatest panics and declines have occurred and the time periods to watch for major and minor changes in trend, you can detect what to expect in the future.“ (W.D. Gann *, New Stock Trend Detector, 1936)

Der Idee von sich wiederholenden Strukturen liegt eine bestimmte Idee zugrunde: Nämlich dass alle finalen Hochs und Tiefs in einem Chart „zurückklappbar“ sind. Falls zum Beispiel ein Tief am 21. September auftritt und von dort aus eine Rallye startet, die bis zum 21. März läuft und dort ein Hoch ausbildet, dann würde man mit dem 21. März starten und der 22. März, 23. März, 24. März usw. hätte die gleiche Struktur wie der 20. September, 19. September, 18. September usw.. Die zukünftige Preisstruktur würde man also ab einem markanten Hoch oder Tief von hinten nach vorne klappen und erhielte auf diese Weise den zukünftigen Kursverlauf.

Wenn Sie sich lange Historien solcher nach vorne projizierter Spiegelbilder intensiv anschauen, dann wird Ihnen auffallen, dass einige große Anstiege über 10 Jahre, teilweise knapp 20 Jahre sich in der Zukunft spiegelbildlich (ab einem markanten Hoch oder Tief) verhielten.

Wenn es so einfach wäre, könnte man mit Leichtigkeit Kurse prognostizieren. Das Problem ist, dass wiederum kleinere Zeiträume von nur wenigen Wochen ein anderes Hoch oder Tief spiegelbildlich projizierten. Wenn Sie sich auf diese Weise den Anfängen und den Enden von Bullen- und Bärenmärkten widmen würden, dann hätten sie demnach vielleicht 50 verschiedene Startpunkte, die zurückklappbar und zugleich nach vorne klappbar sind. Und dort durchzublicken ist schwierig, denn Sie müssten den Markt ziemlich intensiv studieren, sehr detaillierte Charts anlegen und oft würde Ihnen die Komplexität einen Streich spielen.

Aus diesem Grunde legten Trader wie George Lindsay oder W.D. Gann Tabellen an. Diese starteten am jeweils 1. Januar und spiegelten jeden Bullen- und Bärenmarkt der letzten Jahre und Jahrzehnte. Ein Beispiel: Falls der Markt vor 2 Jahren am 1. November ein Hoch ausbildete, dann würde man am 1. Januar diesen Jahres zwei Jahre und zwei Monate vom Hoch entfernt sein und die Preisstruktur, die sich in Richtung Vergangenheit vom 1. November von vor zwei Jahren abzeichnet, nach vorne beginnend mit dem 1. Januar abtragen. Dies würde man für das ganze Jahr und für alle Zyklen machen. Nachdem man dann fertig wäre, würde man eine Chart-Liste erhalten. Sie könnte beispielsweise wie eine Tabelle von Lindsay aussehen, siehe Abbildung 3.

Wenn Sie diese Arbeit verrichtet hätten, würden Sie viele Linien sehen, die auf und ab gehen (zyklische Muster), übereinander liegen und zunächst scheinbar keine Verbindung untereinander haben. Dort aber, wo drei oder mehr Preisschwünge in die gleiche Richtung weisen und sich an einem gemeinsamen Datum überlagern, hätten Sie eine signifikante Indikation für eine potenziell wertvolle Preisumkehr. George Lindsay fand 1979 heraus, dass ein wichtiges Hoch nahezu alle 15 Jahre plus wenige Monate nach einem wichtigen Tief auftritt und ein Boden 12 Jahre und wenige Monate nach jedem Top.

Zeitzyklen lassen sich anhand der Planetenkonstellationen bemessen. Nicht umsonst befassten sich legendäre Trader wie W.D. Gann ausführlich mit Astrologie, denn alle 15 Jahre erreicht der Saturn seine Opposition (180°) und Jupiter konstruiert einen 12-Jahres-Zyklus.

Bevor wir ins Detail gehen, lassen Sie mich ein Beispiel für eine rückwärtige Spiegelung betrachten, damit Sie wissen, wovon ich rede. Die Abbildung 2 zeigt das Schema einer Spiegelbild-Projektion am Beispiel des Dow Jones Industrial Average.

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Wie Sie sehen, gibt es eine Symmetrie um einem zentralen Punkt herum und die Preisstruktur wiederholt sich rückwärts für lange Zeit, sodass die bereits entstandene Struktur wie dazu geschaffen erscheint, zukünftige Kurse vorauszusagen. Wenn Sie den exakten Spiegelungspunkt finden, dann wird die Preisstruktur mehrere Monate bis hin zu Jahren anhalten. Normalerweise starten Sie dazu von einem wichtigen Hoch oder Tief; Sie können aber auch vom ersten Wochentag nach einem Top starten.

Lassen Sie uns eine einfache rückwärtige Spiegelung anhand des S&P 500 Index vornehmen, bei dem wir Wochen, Tage oder Kursbalken zählen – vor und nach einem wichtigen Hoch oder Tief. Die erste Entscheidung, die dabei (aufgrund zyklischer Eigenschaften) getroffen werden muss ist, ob man Kalendertage oder Handelstage verwenden sollte. Diejenigen, die planetare Zyklen präferieren, werden mit Kalendertagen vorziehen, andere Handelstage. Vorab sei schon erwähnt, dass Kalendertage und die Bemessung zum Beispiel anhand von Sonnengraden exakter sind als Berechnungen anhand von Handelstagen. Doch auch Handelstage lassen Spiegelungen zu, sind doch viele Chartmuster auch numerische Wiederholungen vergangener Preisstrukturen, die sich teilweise über mehrere Jahre hin fortsetzen. Ein ähnliches Phänomen stellen beispielsweise die sogenannten Palindrome dar, das sind Namen, die sich vorwärts wie rückwärts lesen lassen, wie zum Beispiel „Retsinakanister“ oder „Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie“. Auf ähnliche Weise finden numerische Spiegelungen in Charts statt, mitunter mit einer kleinen Abweichung ähnlich des „z“ statt eines „j“ im Beispiel. Aber diese numerischen Wiederholungen sind etwas anderes, insofern behandeln wir hier zwei verschiedene Phänomene.

Eines der größten Probleme von spiegelbildlichen Betrachtungen stellen invertierte Zyklen dar. Zyklus-Inversionen sind Stellen, an denen die projizierte Preisstruktur genau umgekehrt wie erwartet verläuft. Wenn also die projizierte Preisstruktur steil nach oben zeigt und eine Zyklus-Inversion vorliegt, dann führt der tatsächliche Preisschwung steil nach unten. Dabei bleiben die Proportionen jedoch gewöhnlicherweise gleich, siehe Abbildung 3.

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Im Chart des S&P 500 Index sehen Sie eine Spiegelung der vergangenen Preisstruktur am Allzeithoch 2000. Die Projektionen weisen in zyklischer und proportionaler Hinsicht recht gut auf die zukünftige Preisentwicklung. Auch die beschriebenen Zyklus-Inversionen sind im Allgemeinen präzise, so zum Beispiel auch in der zweiten Jahreshälfte 2000. Das März 2003-Tief wird gut projiziert und anschließend tritt nach einem ersten Zwischenhoch eine Zyklus-Inversion auf.

* William Delbert Gann (1878 – 1955) war erfolgreicher Herausgeber eines wissenschaftlichen Börsenbriefes, zudem sehr erfolgreicher Trader und Autor. Im Laufe seines Lebens hat er viele Prognosen über die Finanzmärkte erstellt, die exakt eingetroffen sind.

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Autor: Frank Thönnißen

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