Kommentar
18:34 Uhr, 08.01.2021

Das nächste Jahrzehnt am Aktienmarkt wird europäisch

Das letzte Jahrzehnt war ganz klar ein amerikanisches. Eine Wiederholung dieser goldenen Zeiten darf man nicht erwarten. Vielmehr werden andere Märkte glänzen.

Im Vergleich zum US-Aktienmarkt ist der europäische abgeschlagen. Ende 2020 markierten europäische Aktien im Verhältnis zu US-Aktien sogar ein Allzeittief (Grafik 1). In Relation zu den USA geht es bereits seit fast 30 Jahren bergab. Ein so langanhaltender Trend hat meist einen Grund und ist nicht einfach zu brechen.


Es lohnt ein Blick darauf, weshalb europäische Aktien im Vergleich schlechter abgeschnitten haben. Ein Grund war eine massive Überbewertung. Zwischen 1980 und 1990 performten europäische Aktien deutlich besser als US-Aktien. Europäische Aktien standen 100 % höher als US-Pendants (Grafik 2).

Die Lücke schloss sich kurzfristig Mitte der 90er Jahre. Danach schlugen die Euphorie über den neuen Markt (Internetblase) und europäische Konvergenz zu. Der Euro war beschlossen. Hoch verschuldete Länder wie Griechenland oder Italien konnten sich zum gleichen Zinssatz wie Deutschland Geld leihen.

Dazu kam auch die Freude über die EU-Osterweiterung. Es herrschte regelrechte Goldgräberstimmung. Wie diese Euphorie aussah, kann man anhand des österreichischen ATX erkennen. Diese Ostblase platzte mit der Finanzkrise. Noch immer ist der ATX ein Schatten seiner selbst.

Kaum jemand hat es in Europa so wahrgenommen, doch der Kontinent profitierte von hohen Erwartungen, unbegrenztem Kapital, Osterweiterung, Euro und Zinskonvergenz usw. Nicht nur waren die Aktienkurse höher als in den USA, sondern auch die Bewertung. Diese lag zeitweise 50 % höher als in den USA. Das Ausmaß der Überbewertung war fast vergleichbar mit dem in Japan Ende der 80er Jahre. Das will was heißen.

Japan brauchte 23 Jahre, um das Platzen der Blase zu überwinden. In Europa gehen wir ins einundzwanzigste Jahr der Konsolidierung. Die Überbewertung ist inzwischen abgebaut und auch die Nachwirkungen der Eurokrise sind so langsam ausgestanden.

Gleichzeitig ist der US-Markt hoch bewertet, niedrige Zinsen hin oder her. Die Luft ist dünn. Europa hingegen profitiert von vergleichsweise niedrigen Bewertungen, Negativzinsen, einer beginnenden Fiskalunion und deutlich besseren Beziehungen zu China. Letzteres wird gerne unterschätzt.

Während die scheidende US-Regierung die USA isolierte, hat die EU nun ein Investitionsabkommen mit China. Europäische Firmen sind vor Technologietransfer besser geschützt, in vielen Branchen sind keine Joint Venture mehr notwendig, Firmen dürfen 100 % ihrer chinesischen Tochterfirmen halten und haben deutlich besseren Zugang zum chinesischen Markt.

So mancher Autobauer könnte seinen Gewinn um mehrere Milliarden steigern, indem sie die hundertprozentige Kontrolle über ihre chinesischen Joint Ventures übernehmen. Verbesserter Marktzugang, besserer Schutz vor Diskriminierung und Zugang zum Geschäft der staatlich kontrollierten Unternehmen bedeuten, dass hier enormes Wachstum lauert. Wachstum muss also nicht einmal in Europa stattfinden, damit Unternehmen ihre Gewinne erheblich steigern können.

Wie in Japan braucht es einen Auslöser, um Anleger wachzurütteln. In Japan hatte man sich an fallende Kurse gewöhnt. Es brauchte eine Reformagenda und unbegrenztes QE. In Europa könnte der Startschuss mit China und dem Beginn einer Fiskalunion kommen. Bei der generell niedrigen Bewertung in Europa ist das Risiko jedenfalls deutlich geringer als in den USA.

Clemens Schmale


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9 Kommentare

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  • Bigdogg0806
    Bigdogg0806

    Das laufende Jahrzehnt wird weder ein europäisches noch ein amerikanisches Aktienjahr!

    12:38 Uhr, 11.01. 2021
  • Tüskendör
    Tüskendör

    Ihre Beispiele bestätigen doch Herrn Schmales Überlegungen:

    Er schrieb von der Überbewertung der europ. Märkte 80-90. Nun ist es einigermaßen schwer, z.B. Tesla NICHT als überbewertet anzusehen. Mitte der 80`er hatte auch niemand Angst vor der ökonomischen Stärke der USA, sondern vor Walk-Man-Japan und den Tiger-Staaten inkl. China. Was sich jetzt zumindest auch einigermaßen bewahrheitet hat (China ist die Werkbank der Welt geworden und hat zudem Alibaba und Co.).

    Trotzdem gibt es eine Konstante: die stetige Veränderung.

    Vor USA-amerikanischer Bildung und Infrastruktur muss sich kein Europäer fürchten. Sie haben ihr SiliconValley, Unternehmergeist und eine Portion Größenwahn. AmericaFirst ist der Schuss in das eigene Knie.

    Und wenn der gemeine Chinese keinen Bock mehr auf die KP hat, 4 Wochen Jahresurlaub und etwas persönliche Freiheit will...

    Natürlich hat Europa Chancen. Kapital ist flüchtig.

    15:49 Uhr, 09.01. 2021
  • amateur
    amateur

    Mit was für Firmen/Aktien soll Europa konkurieren? Mit den Autobauern im Dax, die sich noch halbieren werden? Da ist Tesla (noch) weit voraus. Mit einem Fresslieferanten als "Newcomer", der noch keine schwarze Zahl geschrieben hat und bei uns als bessere Briefkastenfirma sitzt; guter Witz! Ein Guck in die USA in den DOW: Weltmarkführer mit teilweiser Monopolstellung. Wer was verdienen will, geht in die USA und von mir aus nach China...aber ja nicht in Europa...

    22:48 Uhr, 08.01. 2021
    1 Antwort anzeigen
  • Nico dietel
    Nico dietel

    Schrott meinte ich..

    22:11 Uhr, 08.01. 2021
  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Kann sein, glaube ich aber nicht... Ich denke, dass in den nächsten Jahren gut Luft abgelassen wird von den deutschen und den US-Märkten und dann die US-Märkte wieder davontraben.

    22:04 Uhr, 08.01. 2021
  • Nico dietel
    Nico dietel

    Schott

    22:04 Uhr, 08.01. 2021
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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