Kommentar
15:15 Uhr, 30.06.2006

Das große Ringen: REITs vor der Tür?

REITs, sog. Real Estate Investment Trusts, sollten eigentlich schon im Jahr 2006 in Deutschland eingeführt werden. Zumindest wurde dies in den Koalitionsverhandlungen 2005 so vereinbart. Das primäre Ziel ist klar umrissen: die Investitions- und Anlagebedingungen am Finanzstandort Deutschland verbessern. Doch die Einführung stockt, weil zum einen neue Steuerschlupflöcher befürchtet werden, zum anderen über die Frage nach der Segmentstruktur gerungen wird. Etwas fokussierter formuliert: Sollen Wohnungsportfolien in diese Vehikel eingebracht werden dürfen? REITs sind bereits in den wichtigsten globalen Kapitalmärkten erfolgreich implementiert oder die Einführung steht bevor. Im Wettbewerb der Finanzplätze hat Deutschland Groß britannien an sich vorbei ziehen lassen. Dort können die Vehikel ab Januar 2007 gelistet werden. Um internationale Investoren für den deutschen Immobilienmarkt zu gewinnen, sollte der Gesetzgebungsprozess deshalb schnell vorangebracht werden.

REITs werden die indirekten Immobilienanlagen ergänzen

Was sind REITs? Bei REITs handelt es sich um börsennotierte Investment-Gesellschaften, deren Kernfunktion es ist, Immobilien sowie Beteiligungen an Immobiliengesellschaften zu kaufen, zu entwickeln, zu managen und zu verkaufen. Gewinne werden weitestgehend an die Anleger ausgeschüttet. Der REIT selbst zahlt keine Körperschaftsteuer. Die Ausschüttungen werden beim Anleger – wie bei direkten Immobilienanlagen Offener Immobilienfonds – mit dem persönlichen Satz versteuert. Anfang der 60er Jahre wurden in den Vereinigten Staaten die weltweit ersten REIT-Strukturen eingeführt. Inzwischen sind knapp 200 REITs mit einer Marktkapitalisierung von über 250 Mrd. US-Dollar an den US-Börsen ge listet. 18 weitere Länder wie die Niederlande (1969), Australien (1985), Italien (1994) oder Japan (2000) übernahmen das Modell erfolgreich; zuletzt wurde diese Form der Immobiliengesellschaft im Jahr 2003 in Hongkong, Frankreich und Taiwan eingeführt.

Real Estate Investment Trusts (REITs) können in Deutschland die Palette der indirekten Immobilieninvestments sinnvoll ergänzen. Denn die Einführung der im Ausland vielfach schon bekannten REITs wird starke Impulse für den hiesigen Immobilienmarkt bringen. Zum einen wäre damit eine effizientere Nutzung des volkswirtschaftlichen Immobilienvermögens verbunden. Unternehmensimmobilien könnten mittels REITs an den Kapitalmarkt gebracht werden. Damit können die Bilanzen der Unternehmen bereinigt und eine Beschränkung auf Kernfunktionen ermöglicht werden. Zum anderen eröffnet sich für den Investor eine neue Anlageform. Die Immobilienmärkte gewinnen letztlich an Professionalität, da die Zahl der handelbaren Objekte und die Zahl der Mitwirkenden am Immobilienmarkt steigen. Denn REITs mobilisieren „immobile Immobilien“.

REITs sprechen risikobereite Anleger an Indirekten Immobilienanlagen steht eine große Zukunft bevor. Aufgrund ihrer individuellen Rendite-Risiko-Struktur bilden REITs innerhalb der Assetklasse Immobilien eine Ergänzung zu anderen indirekten Immobilienanlageprodukten. REITs enthalten zum einen über ihre Börsennotierung alle Chancen und Risiken eines Aktieninvestments. Anders als bei der „großen Schwester“ Offener Immobilienfonds, deren Immobilienvermögen durch einen unabhängigen Sachverständigenausschuss bewertet wird, erfolgt die Wertbildung über den Kapitalmarkt. D. h., dass der Kurs von REITs nicht unbedingt den Inventarwert der Immobilien widerspiegelt. Dieser kann – wie die Erfahrung im Ausland lehrt – 20 Prozent oder mehr vom Börsenkurs abweichen. REITs weisen dadurch eine wesentlich höhere Volatilität der Anteilspreise auf als die durch Wertstabilität gekennzeichneten Offenen Fonds.

Ferner besteht durch die häufige Spezialisierung auf bestimmte Nutzungsarten und Anlageregionen für REITs die Chance der Erzielung vergleichsweise hoher Renditen auf Kosten einer geringen Risikodiversifizierung. Publikumsfonds und Spezialfonds einerseits sowie REITs anderseits sprechen somit unterschiedliche Zielgruppen an und werden „nebeneinander“ das Angebot an indirekten Immobilieninvestments auf dem deutschen Markt maßgeblich bestimmen. Die erhöhte Volatilitäts-/Risikostruktur definiert letztlich den Anlegerkreis. Die erhöhte Volatilitäts-/Risikostruktur definiert letztlich den Anlegerkreis.

Deutsche Anleger können schon seit längerem in REIT-Fonds investieren

Auch wenn die Einführung von REITs in Deutschland erst noch bevor steht, können deutsche Anleger bereits seit 1997 in REITs investieren. Und zwar über Aktien-Branchenfonds, die ihre Mittel in ausländischen REITs anlegen. Diese Fonds waren in den vergangenen drei Jahren mit durchschnittlichen jährlichen Renditen von 19,7 Prozent sowie nach fünf Jahren von 10,5 Prozent (per 30. November 2005) ein äußerst lohnenswertes Investment. Die Ergebnisse von REIT-Aktienfonds schwanken allerdings wesentlich stärker als die der Offenen Immobilienfonds, die sich in ihrer Wertentwicklung erheblich stabiler und „berechenbarer“ zeigten, wenngleich mit tendenziell niedrigeren Renditen.

Fazit:

REITs bringen zusätzliche Bewegung in den deutschen Immobilien- und Kapitalmarkt und machen die Assetklasse Immobilien für Anlegerschichten, die bei ihren Investmententscheidungen ein ausgeprägteres Chancen-Risikoprofil suchen, interessant. Allerdings können REITs nicht das Allheilmittel für den Immobilienstandort Deutschland sein. Daher sollte man die REITs nicht mit zu hohen Erwartungen von allen Seiten überfrachten, sondern als notwendige und sinnvolle Ergänzung der Produktpalette am Finanzplatz Deutschland sehen.

Quelle: dit

Der dit (Deutscher Investment Trust) verfügt über fast 50 Jahre Fondsmanagement-Erfahrung in Deutschland und ist Teil einer der größten Vermögensverwalter der Welt – der Allianz Dresdner Asset Management. In über 100 Fonds verwaltet der dit mehr als 58 Mrd. Euro (Stand: Mitte Februar 2005).

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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