Kommentar
10:52 Uhr, 21.03.2018

Das gestresste Finanzsystem

Der Aktienmarkt ist volatil und Politiker wissen nicht so recht, was sie mit der Androhung von Zöllen machen sollen. Aber Stress? Ist wirklich Stress im System?

Die kurze Antwort lautet: Ja. Zu erkennen ist dies am sogenannten TED-Spread. Er zeigt die Zinsdifferenz vom 3-Monats LIBOR (USD) zu 3-monatigen US-Staatsanleihen (siehe Grafik). Immer dann, wenn das Finanzsystem erhöhten Risiken ausgesetzt ist, erhöht sich auch dieser Spread. Er zeigt letztlich an wie viel mehr Banken für Kredite untereinander im Vergleich zum risikolosen Zins zahlen müssen.

Besonders ausgeprägt und groß war der Spread in den Jahren 2007 und 2008. Für eine Zeit lang sanken zwar der Leitzins und die Zinsen für kurzfristige Staatsanleihen, doch für Banken stiegen die Zinsen. Sie vertrauten sich untereinander nicht mehr und verlangten viel höhere Zinssätze für Kredite an andere Banken.

Der Spread ist in den vergangenen Jahren tendenziell zurückgegangen. Es gab immer wieder Ausreißer, z.B. 2010 als Griechenland das erste Hilfspaket bekam. Auch 2011 gab es einen sprunghaften Anstieg. Damals drohte eine US-Zahlungsunfähigkeit, weil sich Politiker nicht auf die Anhebung der Schuldenobergrenze einigen konnten.

Von 2014 bis 2016 gab es einen Aufwärtstrend. Dies hing mit den kollabierenden Rohstoffpreisen zusammen. Einige Banken hatten Milliarden Kredite an Rohstoffunternehmen vergeben und es war nicht klar wie hoch die Verluste sein würden. Es war daher riskanter Geld untereinander zu verleihen.

Nun ist eigentlich alles in Ordnung. Die Wirtschaft brummt mehr oder weniger, die Rohstoffkrise ist abgehakt und auch die Eurokrise ist nicht mehr relevant. Trotzdem steigt der Spread seit wenigen Wochen stark an. Das deutet für gewöhnlich auf Stress im Finanzsystem hin.

Man kann dem Anstieg keinen eindeutigen Grund zuweisen. Es lässt sich aber beobachten, dass der Euro gegenüber dem Dollar nicht an Wert verliert. In den Jahren der Finanzkrise und danach war die Korrelation recht deutlich zu erkennen. Aktuell ist der Euro stark, obwohl der Spread steigt. Das ist ungewöhnlich, wenn wirklich Stress im System wäre.

Es gibt Erklärungen, weshalb der Spread steigt. Dazu gehört unter anderem die Ausgabe von ungewöhnlich vielen US-Anleihen. Investoren kaufen lieber diese Anleihen (risikolos), anstatt anderen Märkten Liquidität zur Verfügung zu stellen.

Ebenso ist denkbar, dass US-Unternehmen mit hohen Bargeldbeständen im Ausland nun einen Teil ihrer Gelder zurückholen. Das Geld war bisher in kurzfristigen Schuldpapieren angelegt. Die Nachfrage nach diesen Papieren fällt nun geringer aus. Auch das übt Aufwärtsdruck aus.

Zu guter Letzt verkauft auch die Notenbank Anleihen. Das große Angebot an Anleihen saugt aus anderen Märkten Liquidität ab. Es müssen höhere Zinsen geboten werden, um Gelder anzulocken.

Es gibt gute Erklärungen für den Anstieg des Spreads. Es muss also nicht notwendigerweise gleich eine Krise des Finanzsystems lauern. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Kosten für Kredite (sei es für Banken untereinander oder Unternehmen) relativ schnell steigen. Je schneller ein Zinsanstieg ist, desto problematischer ist er für Unternehmen. Weitet sich der Spread im bisherigen Tempo weiter aus, kann das zu einer Krise führen. Die Gründe für den Anstieg ist nicht eine Krise, aber der Anstieg kann zu einer führen.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • The Secessionist
    The Secessionist

    By by Zombies ......................... immer weiter steigen bitte !!

    11:11 Uhr, 21.03. 2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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