Das Ende der Geldschöpfung durch die Banken - ist die "Monetative" die Lösung?
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In Zeiten, in denen die etablierten Währungssysteme offensichtlich ins Wanken geraten, ist Nachdenken über Alternativen nicht nur verständlich, sondern ein Muss. Dabei geht es nicht nur um die Frage, was man als Währung bzw. Geld verwendet, sondern auch und insbesondere in welcher Struktur.
Heute herrscht das „fraktionale Teilreservesystem“ vor. Das bedeutet, dass neben den Notenbanken auch Geschäftsbanken Geld schöpfen können („Giralgeldschöpfung“). Limitiert sind sie dabei im wesentlichen durch die bei der Notenbank zu hinterlegende Mindestreserve auf Einlagen sowie – wesentlich wichtiger – die Eigenkapitalunterlegung von (risikobehafteten) Krediten. Der Mindestreservesatz der EZB liegt bei 2% - das heißt rein theoretisch können im Euroraum aus 1000 EUR Einlagen 50.000 EUR Kredite generiert werden. Da Kredite in der Regel mit 8% EK unterlegt werden müssen, sieht die Praxis aber weit weniger inflationär aus. Nicht zuletzt müssen ja auch für gewöhnlich ausreichende Sicherheiten gestellt werden, was per se schon die Kreditmenge limitiert.
Die Notenbanken können die gesamte umlaufende Geldmenge nicht direkt steuern. Sie regulieren nur das so genannte „Zentralbankgeld“ (überwiegend durch Offenmarktgeschäfte) - das ist das Bargeld plus die Guthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank. Man nennt dieses Aggregat die „monetäre Basis“, da sie Ausgangspunkt der Geldschöpfung durch die Banken ist (unter anderem benötigen Geschäftsbanken Zentralbankgeld für die Mindestreserve, s.o.) Die tatsächliche Geldmenge, die auf Konten herumschwirrt, ist fünf- bis zehnmal so hoch (oder auch noch höher), je nachdem wie die Geldschöpfung, sprich Kreditvergabe, gerade aussieht.
Gegen dieses Vorrecht der Geldschöpfung durch die Banken hat sich seit jeher Widerstand geregt. Im Rahmen dieses Beitrags kann ich leider nicht so detailliert auf die Thematik eingehen wie es nötig wäre. Ich muss mich daher auf das Wesentliche beschränken und präsentiere Ihnen kurz eine Bewegung, die sich Monetative nennt.
Die Ähnlichkeit zu den Begriffen Judikative, Legislative und Exekutive ist kein Zufall, denn es soll eine vierte staatliche Gewalt etabliert werden. Das Ziel der Initiative lässt sich in drei Haupt-Forderungen zusammenfassen:
1. Beendigung der Geldschöpfung durch die Banken
2. Wiederherstellung des staatlichen Vorrechts der Geldschöpfung
3. Inumlaufbringung neuen Geldes durch öffentliche Ausgaben
Zu diesem Zwecke soll die Monetative die Geldschöpfung übernehmen, die ausführende Behörde wäre dann die EZB bzw. die Bundesbank.
Wesentlicher Schritt wäre die Umwandlung bestehender Girokonten bzw. deren Herauslösung aus den Bankbilanzen. Das Giralgeld (geschöpftes Geld) würde in Vollgeld umgewandelt, was dann den gleichen Status als gesetzliches Zahlungsmittel mit Annahmezwang erhielte wie Banknoten und Münzen. Es wäre ausfallsicher, da nicht Eigentum der Bank. Wenn Sie dagegen heute ein Girokonto führen, dann haben Sie eine Forderung gegenüber der Bank und diese Ihnen gegenüber eine Verbindlichkeit. Wenn die Bank pleite geht (abgesehen von den Sicherungseinrichtungen natürlich), ist theoretisch ihr Geld auch weg.
Konsequenz der angedachten Reform: Die Bank kann mit ihrem „Geld nicht mehr arbeiten“, es nicht mehr verleihen. Das Geld auf dem "neuen" Girokonto entspricht in jedem Aspekt Geld, das sich in Ihrem Geldbeutel befindet (außer dass es Ihnen nicht abhanden kommen kann). Damit ist es auch in Zeiten, in denen es „nutzlos“ herum liegt, nicht Teil des Geldkreislaufs. Eben wie bei gehortetem Bargeld. Natürlich würde es darauf keine Zinsen geben, sondern nur Gebühren, die wohl deutlich höher lägen als heute.
Banken könnten zwar weiter Geld verleihen, aber nur insoweit es Ihnen selber gehört oder aber von Kunden zu eben diesem Zwecke anvertraut wird. Geldschöpfung wäre nicht mehr möglich, was ja auch genau das Ziel der Monetative ist. Es kann und muss daraus folgen, dass die Kreditvergabe insgesamt drastisch einbrechen würde. Auch das will die Monetative, da sie in der exzessiven Kreditvergabe den Grund für Finanzkrisen sieht.
Geldschöpfung an sich gäbe es schon noch – aber durchgeführt einzig und alleine durch die Zentralbank, die damit vollständige Kontrolle über die Geldmenge hätte. Technisch liefe die Schöpfung so ab, dass die Zentralbank dem Staat neues Geld zinslos überlässt, dieser baut dann z.B. Straßen oder Kindergärten damit, das zusätzliche Geld fließt somit in den Kreislauf. Bestehende Staatsschulden würden auf dem gleichen Weg beglichen, sie würden also vollständig monetarisiert. Wenn eine alte Staatsanleihe fällig wird, dann begleicht sie die Zentralbank mit neuem Geld. Die Verfasser der Initiative sprechen hier etwas beschönigend von einer „hohen Übergangs-Seigniorage“.
Die Monetative soll übrigens von der Regierung unabhängig sein, was man zumindest in Zweifel ziehen darf. In der Idealvorstellung soll die Zentralbank dann das Geldmengenwachstum am geplanten Wachstum der Wirtschaft ausrichten. Das klingt schon leicht sozialistisch, oder?
Der markante Unterschied zwischen der Giralgeldschöpfung durch Banken und der Vollgeldschöpfung durch eine Monetative ist folgender: Das Giralgeld ist eine Bruttogeldschöpfung: Einem neuen Guthaben steht eine neue Verbindlichkeit in exakt gleicher Höhe gegenüber. Das staatliche Vollgeld dagegen entsteht in voller Höhe gänzlich neu, ganz so als würde Helikopter-Ben Europa überfliegen und Geldscheine abwerfen. Es wird also netto neues Geld geschaffen.
Abgesehen von diesem grundsätzlichen Problem ergeben sich weitere bedenkenswerte Faktoren:
- Die Kreditvergabe bzw. -aufnahme ist immens erschwert und völlig unflexibel, insbesondere für Mittelständler (Großkonzerne dagegen können selber Anleihen am Markt platzieren)
- Die Überführung der Girokonten aus der Bankenbilanz ist ein fast nicht zu meisternder Akt, der nur mit massiver Hilfe der Zentralbank an die Geschäftsbanken überhaupt möglich ist. Denn dieser Vorgang entspricht letztlich einer Barauszahlung aller Sichteinlagen an die Kunden!
- Die Rückführung sämtlicher (staatlicher) auslaufender Schulden wird durch „neu gedrucktes Geld“ erfolgen.
- Die „Nettogeldmenge“ würde daher explodieren, mit vermutlich entsprechenden Auswirkungen auf die Inflation.
- Der Staat entschuldet sich de facto komplett auf Kosten der Kaufkraft seiner Bürger.
Ist das ein gangbarer Weg, der auch nachhaltig ist? Ich sehe das Teilreservesystem bei weitem nicht so kritisch wie die meisten meiner Kollegen. Mit der Mindestreserve und der Eigenkapitalunterlegung von Krediten stehen zwei mächtige Instrumente zur Verfügung, die Geldschöpfung unter Kontrolle zu halten. Sie müssen nur konsequent genutzt werden.
Ihr
Daniel Kühn
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