Kommentar
14:14 Uhr, 15.12.2023

Darum ist die tief invertierte Zinskurve ein Glücksfall

Eine invertierte Zinskurve wird selten als Glücksfall betrachtet. In einer Hinsicht ist sie aber genau das.

Zuerst die schlechte Nachricht. Historisch betrachtet gibt es einen gewissen Zusammenhang zwischen dem negativen Zinsspread und dem Rückgang der Wirtschaftsleistung. Je höher Anleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren gegenüber Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren stehen, desto tiefer ist die folgende Rezession.

Der Zinsspread erreichte vor den Rezessionen in den Jahren 1969, 1989 und 2000 lediglich Werte von -0,1 bis -0,6. Die Wirtschaftsleistung fiel zwischen 0,4 und 1,3 %. Tiefere Spreads, wie 1974, 1980 oder 1981 wurden von tieferen Rezessionen gefolgt. Die Wirtschaftsleistung ging in den USA um 2,3 bis 3,5% zurück.

Eine Ausnahme war 2006. Die Zinskurve war zwar invertiert, jedoch im Vergleich zum folgenden Rückgang der Wirtschaftsleistung nur geringfügig (Grafik 1). Erklären kann man diese Ausnahme. Die invertierte Zinskurve spiegelte die Erwartung einer milden Rezession wider und nicht einer schweren. Die Finanzkrise sah kaum jemand kommen. Rückblickend gesehen gab es zwar viele Anzeichen, aber sie wurden von den meisten ignoriert.

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Als die Finanzkrise plötzlich da war, war auch klar, dass die Zinsen schnell sinken würden. Der Zinskurve blieb keine Zeit, um eine tiefe Inversion auszubilden. Aktuell liegt der Zinsspread bei -0,4 %. Dies ist deutlich höher als das bisherige Tief, welches bei -1,1 % lag. Ein so deutlich negativer Spread spricht für eine schwere Rezession, in der die Wirtschaftsleistung mindestens um ein Prozent fällt.

Derzeit erwarten Marktteilnehmer und Analysten eine milde Rezession, sofern überhaupt eine auftritt. Das ist schlecht. Was für die Wirtschaft schlecht ist, muss für den Aktienmarkt keine Katastrophe sein. Eigentlich liegt der Schluss nahe, dass eine tiefe Rezession auch den Aktienmarkt stärker drückt. Historisch war das nicht der Fall. Das ist die gute Nachricht.

Je weniger tief die Inversion in der Vergangenheit war, desto stärker korrigierte der Aktienmarkt (Grafik 2). Das ist alles andere als intuitiv, ist aber genau so geschehen, ob zur Jahrtausendwende, während der Finanzkrise oder 1969. Die Bärenmärkte 1980 und 1981 waren deswegen nicht gerade ein Spaziergang. Die Stichprobe ist zudem klein, sogar so klein, dass man das Ergebnis dem Zufall zuschreiben kann.Darum-ist-die-tief-invertierte-Zinskurve-ein-Glücksfall-Kommentar-Clemens-Schmale-stock3.com-2

Die Logik sagt etwas anderes. Je tiefer die Inversion, desto tiefer die Rezession und desto schlimmer der Bärenmarkt. In der Vergangenheit war es nicht immer so. Häufiger war es sogar umgekehrt. Wenn Anleger Glück haben, ist es dieses Mal wieder so. Das Minimum an Korrektur hätte der Markt bereits 2022 abgearbeitet.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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