Kommentar
10:06 Uhr, 23.08.2011

Dämmstoffhersteller machen Anleger froh

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Politische Vorgaben bringen die energetische Sanierung von Immobilien voran. Dämmstoffhersteller profitieren vom Trend, der auch der Baustoffforschung neuen Schub verleiht. Die Bewegung in der Branche spiegelt sich auch in den Aktienkursen wider.

Schlecht isolierte Wohnhäuser und veraltete Heizungen: Der Bereich Wohnen ist mit 40 Prozent des EU-Energieverbrauchs und 36 Prozent der CO2-Emissionen der größte Verursacher von Treibhausgasen durch private Haushalte in Europa. Dagegen helfen vor allem die energetische Sanierung der Gebäude, der Wechsel zu Heizungen, die mit Erneuerbaren Energien betrieben werden, sowie eine bessere Verbraucherberatung zu Energiefragen. Mit diesem Maßnahmenmix zur Steigerung der Energieeffizienz lässt sich der Gebäudeenergiebedarf um 70 % bis 90 % reduzieren.

Weitere politische Vorgaben könnten, so die Wissenschaftler des Öko-Instituts in Freiburg, bis zu 400 Millionen Tonnen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 einsparen. Dabei sollten sowohl die EU als auch nationale Entscheidungsträger verstärkt auf „harte“ gesetzliche Regelungen wie zum Beispiel eine progressive Energiesteuer und klare Verbrauchsobergrenzen beim Erreichen von Einsparzielen setzen. Zu diesem Schluss kommen Öko-Institut-Experten im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojekts „EUPOPP – Policies to Promote Sustainable Consumption Patterns“.

Um die Effizienzstandards für Gebäude EU-weit zu verbessern und stärker auf deren Einhaltung bei Neubau und vor allem bei der Renovierung zu achten, sollten Finanzierungshilfen in Form von Darlehen und günstigen Krediten, Steuererleichterungen oder Fördermitteln Bauherren die energetische Sanierung erleichtern. Auch ein Register für die bereits obligatorischen Energieausweise für Gebäude könnte, so die Empfehlungen aus EUPOPP, einen Überblick über die bereits tatsächlich realisierten Sanierungen und deren Treibhausgaseinsparung geben.

Aufgrund des politischen Drucks sind Immobilienbesitzer bis Ende 2011 in der Pflicht: Die Energieeinsparverordnung (EnEV) von 2009 fordert eine Nachrüstung von Altbauten (Ein- und Mehrfamilienhäuser), die nach dem 1. Februar 2002 übernommen wurden und vom Besitzer selbst bewohnt werden. Darüber hinaus müssen auch alte Heizungen (Einbau vor 1. Oktober 1978) bis Ende 2011 aufgrund der EnEV ausgetauscht werden.

Eine weitere Überarbeitung der Energieeinsparverordnung steht 2012 an, wobei vor dem Hintergrund des Atomausstiegs die Effizienzstandards höchstwahrscheinlich weiter angezogen werden.

Lukrativer Sanierungsmarkt

Hersteller von Dämmstoffen und energetisch effizienten Baumaterialien freut diese Entwicklung: Jahrelang hatte sich auf dem Markt für Dämmstoffe nicht viel getan, Mineralwolle, Styropor und Schaumstoffe dominierten. Doch aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ist Bewegung in den Dämmstoffmarkt gekommen – vor allem bei Dämmprodukten für Fassaden. Kurz nachdem Saint-Gobain Weber innovative Vakuum-Isolationspaneele vorgestellt hat, kündigte Rockwool für die zweite Jahreshälfte Produkte aus Aerowolle an, einem neu entwickelten Dämmstoff mit einer extrem niedrigen Wärmeleitfähigkeit.

Roland Gellert, Geschäftsführer des Forschungsinstituts für Wärmeschutz München freut sich über die Milliwatt-Rally. „Zwischen den Herstellern ist ein Kampf um die geringste Wärmeleitfähigkeit beziehungsweise die geringste Dicke der Dämmprodukte entbrannt.“

Die Aktien entsprechender Firmen haben ebenfalls eine Rally hingelegt: Der Kurs der Rockwool-Aktie (WKN 889488 / ISIN DK0010219153) kletterte seit einem Tief Ende Mai 2010 (62 Euro) auf 86 Euro und steht derzeit auf 60 Euro. Rockwool ist der weltweit größte Hersteller von Dämmsystemen aus Steinwolle und erwirtschaftete zuletzt mehr als 1,5 Mrd Euro.

Auch der Kurs der Steico AG (WKN A0LR93 / ISIN DE000A0LR936), nahe München beheimateter Hersteller von Dämmstoffen aus Holzfasern, ist von Ende August 2010 von 6,99 Euro auf auf zwischenzeitlich 11 Euro vorgeprescht - und steht aufgrund der globalen Kursrückgänge aktuell bei 8,31 Euro. Besonders rasant erscheint die Entwicklung, wenn man den Aktienkurs vom März 2009 heranzieht: Der Wert pendelte damals um 1 Euro. Aufgrund der guten Absatzerfolge wollen die Bayern nun mit neuen Produktionsstätten in Polen und Frankreich die internationale Expansion vorantreiben.

Die Sto AG (WKN 727413 / ISIN DE0007274136) mit Sitz bei Freiburg im Breisgau zählt zu den wichtigsten Technologieführern der Branche und ist weltweit ein bedeutender Hersteller von Wärmedämm-Verbundsystemen. Seit Firmengründung hat Sto über 150 Patente angemeldet und belegt damit branchenweit den ersten Platz. Der Aktienkurs befindet sich seit Herbst 2008 in einer steten Aufwärtsentwicklung: Von 28 Euro auf derzeit 92 Euro.

Schick und gedämmt: Vorgehängtes hinterlüftetes Fassadensystem der Sto AG.

Hauptgrund für diese Entwicklung ist die gestiegene Nachfrage nach Fassadendämmsystemen in Ländern, in denen entsprechende Investitionen aus energiepolitischen Gründen gefördert werden und ein hohes Umweltbewusstsein herrscht, erläutert der jüngste Jahresgeschäftsbericht der Sto AG. „Erfreuliche Verkaufserfolge wurden vor allem im Kernmarkt Deutschland erzielt, was sich in einem um 8,6 Prozent höheren Inlandsumsatz von 489,2 Millionen Euro niederschlug. Das operative Konzernergebnis EBIT 2010 verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr um 4,0 Prozent auf 85,6 Millionen Euro. Die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich um 2,5 Prozent auf 4249 Personen (Vorjahr: 4145)“, so der Geschäftsbericht. Für das Geschäftsjahr 2011 erwartet die Sto AG einen moderaten Anstieg beim Konzernumsatz um rund 3 Prozent auf etwa 1.015 Millionen Euro sowie einem unter Vorjahr liegenden operativen Ergebnis EBIT. Weiterhin kräftig steigende Rohstoffpreise und eine spürbare Erhöhung bei den Personalkosten werden die positiven Ertragsauswirkungen des leicht größeren Geschäftsvolumens allerdings mehr als kompensieren. Darüber hinaus dürfte der Druck auf die Absatzpreise unvermindert anhalten, schränkt eine aktuelle Konzern-Zwischenmitteilung zum Geschäftsjahr 2011 die Erfolgszahlen ein.

Auch der Kurs des Baustoffherstellers Saint-Gobain (WKN A0NRBZ / ISIN XS0294547525), der über eine große Dämmsparte verfügt, legt eine moderate Aufwärtsbewegung hin: Seit März 2009 ist der Kurs von 82 Euro auf derzeit 100 Euro gestiegen.

Ebenso Kingspan Group: Der Aktienkurs des irischen Dämmstoffhersteller (WKN 905605 / ISIN IE0004927939) erfreut sich eines kontinuierlichen Zuwachses. Die Aktie der Unternehmensgruppe mit 1,2 Mrd Euro Umsatz steht derzeit bei rund 7 Euro.

Die Aktie von Centrotec Sustainable (WKN 540750 / ISIN DE0005407506 ), ein in 50 Ländern vertretener Spezialist für Energiesparsysteme mit Sitz im Sauerland, kletterte ebenfalls vom Frühjahr 2009 von 6,50 Euro auf 13 Euro.

Die Aussichten für Zuwächse bei den Aktienkursen bleiben weiter rosig. Von den rund 38,5 Millionen Wohneinheiten in Deutschland gelten zwei Drittel als sanierungsbedürftig. Bislang wurden die Investitionen für Renovierungen immer weiter hinausgeschoben. Wenn die Politik im kommenden Jahr ihre Energieeffizienzvorschriften nochmals verschärft, wird die Branche einen neuen kräftigen Schub bekommen. Nicht zuletzt dürften weiter steigende Energiepreise die Branche beflügeln. Wie schnell der Dämmstoffmarkt wächst, hängt jedoch auch von den Rohstoffpreisen ab – die schon jetzt zum Leidwesen der Hersteller stetig zulegen.

Dieser Artikel ist zusammen mit einem Interview mit dem Geschäftsführer des Münchner Forschungsinstituts für Wärmeschutz in unserer Sonderpublikation "Nachhaltigkeit & Investment" erschienen. Weitere spannende Themen können Sie nach einer kurzen kostenfreien Anmeldung hier herunterladen.

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