Kommentar
21:00 Uhr, 02.07.2008

Countertrend Trading(1) - Punktuell gegen den Trend - Was bringt mir das ?

Als Anleger kann man an steigenden und fallenden Kursen profitieren, man kann in Richtung des übergeordneten Trends handeln oder aber punktuell in Gegenrichtung. Um letzteres soll es in dieser Artikelserie gehen, das so genannte Countertrend Trading.

Zunächst einmal gilt es zu unterscheiden, was der Haupttrend ist und was dazu die Countertrends sind.

Jeder Trend ist relativ. Also gilt : Ausgangspunkt ist der Betrachtungszeitraum. Wenn wir mittelfristig anlegen, haben wir den Fokus auf mittelfristigen Kursverläufen, also auf Sicht mehrerer Monate und suchen nach dem Haupttrend in diesem Zeitfenster. Als Countertrend bezeichnet man die Gegenbewegungen im Rahmen des Haupttrends. In einem mittelfristigen Aufwärtstrend stellen kurzfristige Konsolidierungen also Countertrends dar. Und in einem mittelfristigen Abwärtstrend bezeichnet man kurzfristige Kurserholungen als Countertrends.

Kursverlaufsschema 1 - Klassische Handlungsweise: Handeln in Richtung des Haupttrends.

Blau dargestellt ist ein Kursverlauf. Der Kursverlauf zeigt eine Aufwärtsbewegung, einen Aufwärtstrend. Der Kurs steigt in zyklischen Bewegungen an. Klassisch wird Anlegern geraten in Richtung des übergeordneten Trends zu handeln, was auch richtig ist. In Richtung des Haupttrends handeln heißt die Wahrscheinlichkeit für sich auszunutzen. Es ist nuneinmal eher wahrscheinlich, dass sich ein bestehender Trend fortsetzt, als dass er beendet wird. Dies ist eine wesentliche Basisregel der DOW Theorie, die der Charttechnik zugrundeliegt.

Bei dem hier dargestellten Aufwärtstrend gilt es also Konsolidierungen im Rahmen der Aufwärtsbewegung zu kaufen. Und selbst dann, wenn man als Anleger seinen Emotionen freien Lauf läßt und anstatt in Kursrücksetzer, in steigende Kurse kauft, hat man die Wahrscheinlichkeit auf seiner Seite und muß lediglich die anschließende Konsolidierung abwarten. Setzt sich der Haupttrend fort, dürfte man dann mit der nächsten Aufwärtswelle in Profit laufen.

Einleitend stark vereinfacht die klassische Vorgehensweise, nun zum Thema dieses Artikels.

Kursverlaufsschema 2 - Alternative Handlungsweise: Countrend Trading - Punktuell gegen den HaupttrendBei dieser Vorgehensweise macht man sich zunutze, dass sich Kurse innerhalb von Trends zyklisch bewegen. Wir bleiben bei dem skizzierten mittelfristigen Aufwärtstrend von Schema 1. Ein mittelfristiger Aufwärtstrend liegt vor. Der Kurs steigt in Zyklen mittelfristig an.

Während bei der eingangs geschilderten klassischen Vorgehensweise, Kursrücksetzer genutzt werden, um sich in Richtung des Hauptrends einzukaufen, shortet man beim Countertrend Trading die eingestreuten zyklischen Hochpunkte und versucht von den Kursrücksetzern, also den Countertrends zu profitieren.

Beim Countertrend Trading versucht man also kurzfristige Überhitzungen im Rahmen einer übergeordneten Aufwärtsbewegung zu shorten . Man shortet zwischengeschaltete Zwischenhochs. Also muß man eine Vorgehensweise haben, um eine möglichst präzise Erwartungshaltung bezgl. bevorstehender Zwischenhochs zu entwickeln. Und das ist die unbedingte Voraussetzung, um Countertrend Trading betreiben zu können!

Am besten eignen sich Trendkanal-deckelnde Widerstandslinien, so genannte Countertrendlinien. In Kursverlaufsschema 2 ist eine solche deckelnde Countertrendlinie in rot dargestellt. Um eine solche Linie ziehen zu können, verbindet man einfach markante Zwischenhochs, die sich im bisherigen Verlauf des Haupttrends ergeben haben.

Immer dann, wenn sich die Kursnotierungen wieder dieser Countertrendlinie annähern, shortet man.

Countrend Trading - Punktuell gegen den Haupttrend

Das Beispiel :
Dargestellt ist der DOW Jones von September 2006 bis April 2007. In einer übergeordneten Aufwärtsbewegung konnte eine deckelnde Countertrendlinie eingezeichnet werden. Grundvoraussetzung für das Ziehen einer Countertrendlinie ist das Vorliegen von 2 Auflagepunkten, von 2 zyklischen Hochpunkten, möglichst in direkter Nachbarschaft. Anschließend konnte man im vorliegenden Beispiel den Index immer dann shorten, wenn er sich wieder der Countertrendlinie angenähert hatte.

In der folgenden Chartgrafik sind die Dimensionen der kurzfristigen Countertrends eingeblendet. Es handelt sich um eine Tageschartdarstellung. Eine Kerze steht also für einen Tag. Sie sehen, dass die Countertrends ausgehend von der Linie meist nur wenige Tage andauerten und lediglich 1,2 bis 1,5 % groß waren, was für einen Index allerdings ganz ordentlich ist. In der Regel werden Indizes gehebelt gehandelt. Die 1,2 bzw. 1,5 % lassen sich also hebeln.

Es gibt unterschiedliche Countertrend Setups. Ich unterscheide zwischen dem kurzen und dem langen Countertrend Setup.

Das kurze Countertrend Setup: Je schneller die Kurse nach Konsolidierung wieder ansteigen, je kürzer die Abstände zwischen den zyklischen Hochpunkten direkt an der Countertrendlinie sind, je schneller der Kurs also wieder die Linie anläuft und attackiert, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass diese Countertrendlinie eben nur diese kurzfristigen Konsolidierungen liefert und nicht Ausgangspunkt für eine größere Korrektur ist.

Das DOW Jones Beispiel zeigt ein solches kurzes Countertrend Setup. Bei den kurzen Setups gilt es zu beachten, dass das Chance/Risiko Verhältnis klein ist. Sprich, Sie können mit einem Trade nicht soviel gewinnen. Ein geringes Chance/Risiko Profil bei diesen kurzen Countertrend Trading Setups bedeutet, dass Sie sinnvollerweise eine hohe Trefferquote bei dieser Vorgehensweise benötigen, um konstant erfolgreich zu arbeiten. Diese Tradingmehtode hat also ihren Haken an dieser Stelle.

Das Basisregelwerk für Countertrend Trading:

Im Rahmen eines Haupttrends muß durch das Verbinden von mindestens 2 zyklischen Hochpunkten das Einzeichnen einer deckelnden Countertrendlinie möglich sein. Es muß offensichtlich sein, dass sich der Markt an einer solchen Linie orientiert. Das Kursgeschehen unterhalb der Linie sollte kein bullisches formationstechnisches Geschehen aufzeigen, wie beispielsweise eine inverse SKS o.ä.

Diese Countertrendlinie ist Ausgangspunkt für die Erstellung des Countertrend Tradingplans. Im Bereich der Linie bietet sich der Einstieg in den Short an. Im Bereich oberhalb der Linie bietet sich die unbedingt vorzunehmende Stoplossabsicherung an.

Beachten Sie, dass ein Kursziel über Chartstrukturen wie beispielsweise Aufwärtstrendlinien abgeschätzt werden muß. Während der Einstieg also über die Countertrendlinie recht präzise festgelegt werden kann, arbeitet man bei den Zielbereichen oft mit gröberen Erwartungswerten.

Bei kurzen Countertrend Trading Setups ist das Chance/Risiko Verhältnis oft gering, weshalb bei diesem Setup eine hohe Trefferquote erforderlich ist. Bei langen Countertrend Trading Setups erreicht man auch hohe Chance/Risiko Verhältnisse.

Der Charakter des Countertrend Tradings ist punktuell. Es wird punktuell gegen den Haupttrend gehandelt. Deshalb ist das Vorliegen einer Countertrendlinie als Ausgangspunkt ein Muß, ebenso das konsequente Platzieren von Stoploss.

Weitere Artikel werden folgen ...

Herzliche Grüße,
Ihr Harald Weygand

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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