Coronavirus: Die Risiken der zweiten Welle
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Als Covid-19 im Dezember 2019 erstmals von sich reden machte, wurde das Virus weitgehend als chinesisches Problem abgetan. Die globalen Märkte reagierten anfangs mit Sorge auf die Möglichkeit angebotsseitiger Unterbrechungen, dann mit Beruhigung, als China aggressive Gegenmaßnahmen einleitete und Hubei – die Provinz, von der Covid-19 ausgegangen ist – unter Quarantäne stellte. Doch mehr als zwei Monate nach Beginn der Abriegelung von Hubei ist die Weltwirtschaft in prekärer Verfassung. Täglich werden zehntausende neue Fälle gemeldet. Es werden extreme Eindämmungsmaßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und die Belastung der nationalen Gesundheitssysteme zu mildern. Die Maßnahmen scheinen langsam erste Wirkung zu zeigen: Vergangene Woche zumindest ist die tägliche Steigerung der Fallzahlen im Vergleich zur Vorwoche leicht zurückgegangen.
Da „Lockdown“-Maßnahmen dieser Größenordnung in unserem Zeitalter beispiellos sind, bleibt als Orientierungspunkt für den Rest der Welt nur der Blick auf Italien und China, die beiden am stärksten betroffenen Länder. Leider hat keines der beiden Länder sich bisher vollständig vom Virus erholt. Am wichtigsten ist es derzeit wohl, den Erholungsprozess in China zu beobachten, wo man beginnt zur Normalität zurückzukehren. Die Lockerung der Restriktionen und die Öffnung der Binnenwirtschaft in China geben uns die Möglichkeit, etwas über die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Infektionswelle zu erfahren.
Derzeit meldet China täglich etwa 35 neue Fälle. Das ist ein erheblicher Rückgang gegenüber der Hochphase des Virus. Die Spanische Grippe hat sich anfangs ähnlich entwickelt: Sie ist erstmals im März 1918 aufgetreten und dann im Laufe des Sommers zurückgegangen. Im Spätaugust desselben Jahres kehrte sie jedoch mit tödlicher Wucht zurück. Bei der zweiten Welle, die durch Soldaten auf Militärschiffen über die Welt verteilt wurde, geht man davon aus, dass es sich um einen mutierten Stamm des ursprünglichen Virus handelte. Zwei Monate lang tötete das mutierte Virus Millionen von Menschen auf der ganzen Welt. Anfang 1919 bildete sich bei einer weiteren Mutation ein dritter Stamm. Da aufgrund des Kriegsendes die internationale Mobilität weniger hoch war als während der zweiten Welle, breitete sich diese letzte Welle jedoch weniger stark aus.
Unserer Meinung nach wird Covid-19 bei einer Aufhebung der Quarantänemaßnahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ähnliche Mutation durchlaufen. Dies macht die Entwicklung eines Impfstoffs noch komplizierter – dieser sollte auch Immunität vor künftigen Stämmen des Virus garantieren. Bis dahin müssen die Staaten die interne und externe Reisetätigkeit streng überwachen, wenn die Abriegelung über die kommenden Monate gelockert wird. Ein abruptes und verfrühtes Ende der Eindämmungsstrategie, wie von Präsident Trump für die USA angestrebt, könnte für die Wirtschaft und den Gesundheitssektor im Fall einer zweiten Welle potenziell verheerend sein.
Aus einer Risikomanagement-Perspektive birgt eine Verbesserung der Covid-19-Situation aus Anlegersicht drei Kernrisiken: Die Frage, ob mit den Mitteln der Fiskalpolitik verhindert werden kann, dass die Angebots- und Nachfrageschocks noch stärker werden, die Auswirkungen des Virus auf das BIP-Wachstum der Industrieländer im zweiten Quartal und die Gefahr einer zweiten Welle. Wir glauben, dass die Gefahr einer zweiten Welle deutlich ernster zu nehmen ist als die beiden ersten Risiken. Covid-19 hat gezeigt, dass es sich auch ohne Mutation mit tödlicher Gewalt rasant ausbreiten kann. Bevor die Weltwirtschaft sich erholen kann, braucht es eine Bestätigung, dass die Risiken einer zweiten Welle unter Kontrolle sind.
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