Kommentar
14:15 Uhr, 21.10.2005

China: Welche Verlangsamung?

1. Die chinesische Wirtschaft hat im dritten Quartal die Erwartungen der von Bloomberg befragten Analysten deutlich übertroffen. Nach den gestern vom National Bureau of Statistics of China veröffentlichten Zahlen wuchs die Wirtschaft im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 9,4 %. Der Median der von Bloomberg befragten Analysten lag bei 9,2 %. Das Wachstum wurde hauptsächlich von der weiterhin starken Investitionstätigkeit und von der anhaltenden Exportnachfrage getrieben. Zudem war eine weitere Stärkung der privaten Konsumnachfrage zu verzeichnen.

2. Bei der Entwicklung der Bruttoinvestitionen kann eine erfreuliche Veränderung festgestellt werden. Sie verzeichneten in den ersten neun Monaten des Jahres einen Anstieg gegenüber dergleichen Periode im Vorjahr um 26,1 %. Während sich die Immobilieninvestitionen in den Großstädten leicht verlangsamt hatten, haben sich die Bruttoinvestitionen in der Exploration und Förderung von Öl-, Gas und Kohle beschleunigt. Die befürchtete Verlangsamung der Bruttoinvestitionen, die aufgrund der sich verschlechterten Gewinnentwicklung der Unternehmen zu erwarten war, ist nicht eingetreten. Zu beobachten ist auch, dass die staatlichen Investitionen weiterhin eine herausragende Rolle spielen.

3. Die Industrieproduktion überraschte auch positiv. Es kam im September zu einem Anstieg um 16,5 % gegenüber dem Vorjahr. Der Bloomberg-Median lag bei lediglich 15,9 % yoy. Stärkere Anstiege verzeichneten erwartungsgemäß die Kapitalgesellschaften und die Unternehmen in ausländischen Händen, während die Unternehmen unter Staatskontrolle bzw. in Staatsbesitz, sowie die genossenschaftlichen Unternehmen eine unterdurchschnittliche Zunahme der Produktion aufwiesen.

4. Die Einzelhandelsumsätze sind im September um 12,7 % yoy angestiegen, und somit stärker gewachsen als von den Analysten erwartet (12,4 % yoy). Die private Konsumnachfrage stellt damit ein drittes Standbein neben Exporten und Investitionen für die chinesische Wirtschaft dar. Wir erwarten aufgrund der positiven Einkommensentwicklung auch in den nächsten Monaten eine Fortsetzung der kräftigen Entwicklung der Einzelhandelsumsätze.

5. Wir revidieren unsere Wachstumsprognosen für dieses und für nächstes Jahr nach oben, nachdem Hinweise für eine anhaltend kräftige Investitionstätigkeit und für eine stärkere Konsumtätigkeit sich mehren. Wir rechnen in diesem Jahr mit einem BIP-Wachstum von 9,4 % (davor 9,1 %) und für das Jahr 2006 von 8,6 % (davor 8,3 %). Eine Gefahr für die eine Fortsetzung des Wachstums stellen weiterhin die hohe Rohstoffpreise und ihre Auswirkung auf die Gewinnsituation der chinesischen Unternehmen.

6. Die Konsumentenpreisentwicklung hat sich im September überraschend moderiert. Die Inflationsrate lag im September bei lediglich 0,9 % yoy (Bloomberg-Median: 1,2 % yoy; August: 1,3 % yoy). Positiv auf die Inflationsentwicklung wirkte sich die Fortsetzung der Moderierung der Nahrungsmittelpreise, und dort insbesondere der Preis für Getreide. Die Nahrungsmittelpreise sollten mittelfristig eine weitere Mäßigung der Inflation bewirken. Hingegen bergen die Preise für Kraftstoffe, Transport und Energie aufgrund der notwendigen Anpassungen bei den regulierten Preise mittelfristig Gefahren.

7. Die Erzeugerpreise haben auch positiv überrascht. Im September kam es zu einem Anstieg um lediglich 4,5 % yoy (Bloomberg-Median: 5,3 % yoy; August: 5,3 % yoy). Wichtigster Treiber für die Erzeugerpreise bleiben die anhaltend hohen Preise für Rohstoffe, Kraftstoffe und Energie.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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