Kommentar
14:20 Uhr, 20.04.2006

China: Wachstumsbeschleunigung bei fallender Inflation

1. Nun ist es offiziell bestätigt: Die chinesische Wirtschaft hat, wie bereits am Ostersonntag vom Präsident Hu Jintao angekündigt, erneut an Schwung gewonnen. Wie das nationale Statistikamt in der vergangenen Nacht bestätigte, ist die chinesische Wirtschaft im ersten Quartal 2006 gegenüber dem Vorjahr um 10,2 % gewachsen. Die Mehrheit der von Bloomberg befragten Analysten hatte mit einer Verlangsamung gerechnet (Bloomberg-Median: 9,7 % yoy; Vorquartal: 9,9 % yoy).

Die von der Regierung beabsichtigte Verschiebung der Wachstumsstruktur, die eine Verstärkung des privaten Konsums zum Ziel hatte, ist zumindest teilweise aufgegangen. Die Einzelhandelsumsätze sind im März gegenüber dem Vorquartal um beachtliche 13,5 % gestiegen (Februar: 9,4 %). Allerdings ist die von der Regierung erwünschte Verlangsamung des Wachstums der Anlageinvestitionen nicht eingetreten. Es hat sich im März mit einem Plus von 32,7 % gegenüber dem Vorjahresmonat sogar beschleunigt. Auch der Anstieg der Kreditvergabe wird durch die chinesische Regierung mit Sorge betrachtet. Eine Straffung der Geldpolitik – möglicherweise durch die Anhebung der Mindestreservesätze – ist unserer Einschätzung nach notwendig und sollte in den nächsten Tagen angekündigt werden. Nach dem überraschend starken BIP-Wachstum haben wir unsere Wachstumsprognosen für das Jahr 2005 von 9,1 % auf 9,7 % revidiert. Im nächsten Jahr rechnen wir weiterhin mit einem Wachstum von 8,6 %.

2. Die Industrieproduktion ist stärker als erwartet mit 17,8 % yoy angestiegen (Bloomberg-Median: 16,0 % yoy; Vormonat: 20,1 % yoy). Wie erwartet verzeichneten erneut die privaten Unternehmen ein stark überdurchschnittliches Wachstum. Die Strukturverschiebung zu höherwertigen Produkten setzte sich im März fort.

3. Die Inflationsrate in China ist im März auf 0,8 % yoy zurückgegangen. Dies lag deutlich unterhalb des Medians der von Bloomberg befragten Analysten (1,3 % yoy) und sogar unterhalb der Jahresveränderungsrate vom Februar (0,9 % yoy). Im ersten Quartal kam es damit zu einem Anstieg der Konsumentenpreise um 1,2 % gegenüber dem Vorjahr. Die Moderierung der Preise für Nahrungsmittel setzte sich fort. Wir rechnen in den nächsten Monaten mit einem erneuten Anstieg der Inflation. Dieser sollte insbesondere durch höhere Preise für Kraftstoff sowie für die Strom-, Gas- und Wasserversorgung ausgelöst werden. Zusätzlich werden die noch stark ansteigende Geldmenge sowie die bereits eingeleitete Wiederbelebung des privaten Konsums ihre Folgen auf der Preisniveauentwicklung haben. Die jahresdurchschnittliche Inflation für das Jahr 2006 wird unserer Einschätzung nach bei 2,0 % liegen.

4. Die Erzeugerpreise haben einen überraschend schwachen Anstieg verzeichnet. Sie sind im März im Vorjahresvergleich um 2,5 % gestiegen (Bloomberg-Median: 2,9 % yoy; Vormonat: 3,0 % yoy). Allerdings ist bereits im April aufgrund der steigenden Rohstoffpreise mit einem erneuten Anstieg zu rechnen.

5. Der Besuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao in den USA erreicht einen neuen Höhepunkt. Er wird heute mit Präsident George W. Bush zusammentreffen. Wir rechnen allerdings mit keiner Überraschung für die Handels- und Wechselkurspolitik.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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