China: Reaktion auf das starke Wachstum?
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1. China wächst weiterhin kräftig, unserer Ansicht nach zu kräftig: Im ersten Quartal 2007 legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 11,1 % yoy zu (Bloomberg-Median: 10,4 % yoy; DekaBank-Prognose: 10,6 % yoy). Zu Recht wurde die Veröffentlichung der Zahlen bis nach dem Handelschluss der chinesischen Aktienmärkte verzögert, denn das Wachstum war deutlich stärker, als von der Regierung erwünscht. Zusammen mit einer stark ansteigenden Inflation werden die Zahlen als Anlass für eine Fortsetzung der Straffung der Geldpolitik in den nächsten Monaten, unserer Einschätzung nach in gestärkter Form, gewertet. Nach der Bekanntgabe der Verzögerung gaben verständlicherweise die lokale Aktienmärkte deutlich nach, insgesamt tendierten die Aktienmärkte in der gesamten asiatischen Region schwächer. Bei Handelsschluss lag der Shanghai Composite Index 4,5 % im Minus. Für das Gesamtjahr 2006 rechnen wir nun mit einem Wachstum von 10,1 % (davor 9,4 %). Die erwartete Wachstumsmoderierung lässt auf sich warten.
2. Positiv ist zu verzeichnen, dass die Struktur des BIP von einem weiter an Dynamik gewinnenden privaten Konsum profitiert. Die Einzelhandelsumsätze sind im ersten Quartal 2007 um 14,9 % yoy gestiegen (Vorquartal: 13,7 % yoy). Allerdings war der Anstieg der Anlageinvestitionen und der Exporte mit jeweils 23,7 % yoy und 23,3 % yoy im ersten Quartal weiterhin beachtlich. Der private Konsum ist zwar auf dem Weg, aber noch weit entfernt davon, die tragende Säule der chinesischen Wirtschaft zu sein.
3. Das Hauptproblem für die chinesische Wirtschaftspolitik liegt darin, dass zwar viele Mechanismen zur Abkühlung der Wirtschaft zur Verfügung stehen, diese allerdings aufeinander abgestimmt werden müssen. Momentan verwendet die Zentralbank nur zwei Mechanismen für die Straffung der Geldpolitik: Die Anhebung des Leitzinses und die Anhebung der Mindestreservesätze. Die Regierung unterstützt diese Straffung durch zusätzliche Maßnahmen wie die Steuerung der Kreditvergabe, die Restriktionen beim Verkauf von Gründstücken für Großprojekte, sowie weitere Restriktionen durch Umwelt- und Energieeffizienzauflagen, die Investitionen erschweren sollten. Allerdings werden weitere mögliche Maßnahmen wie eine Straffung der Fiskalpolitik oder die Wechselkurspolitik in sehr geringeren Maßen verwendet. Klar ist: Eine Moderierung der Wirtschaft bleibt ein Hauptziel der chinesischen Regierung und der Währungshüter, allerdings bleiben die Maßnahmen deutlich unter dem, was möglich wäre. Der Hauptgrund für dieses zögerliche Handeln liegt unserer Einschätzung nach in der Gefahr, eine „harte Landung“ hervorzurufen. Allerdings versäumen die Zentralbank und die Regierung bisher die zweite Gefahr zu bannen: Die Gefahr einer Überhitzung. Wir rechnen in den nächsten Tagen mit weiteren Signalen für ein entschlossenes Handeln gegen die sich aufbauende Überhitzung.
4. Die heute veröffentlichten Preiszahlen spiegeln einen weiteren Anstieg des Inflationsdrucks wider. Der Konsumentenpreisindex legte im März um 3,3 % zu (Bloomberg-Median: 2,7 % yoy; Vormonatswert: 2,7 % yoy). Die Jahresveränderungsrate kletterte damit auf den höchsten Stand seit 25 Monaten. Der Erzeugerpreisindex verzeichnete erwartungsgemäß einen Anstieg um 2,7 % yoy (Bloomberg-Median: 2,7 % yoy; Vormonatswert: 2,6 % yoy). Die Nahrungsmittelpreise sind im ersten Quartal um 6,2 % yoy gestiegen. Die Konsumentenpreise sollten in den nächsten Monaten oberhalb des Inflationsziels von 3 % bleiben. Ein weiterer Anstieg auf mehr als 3,5 % ist nicht auszuschließen. Eine Abkühlung sollte allerdings in der zweiten Jahreshälfte eintreten, wenn die Regierung, wie bereits in der Vergangenheit zu einem Rückgang der Nahrungsmittelpreise beiträgt. Eine stärkere Subventionierung der Grundnahrungsmittel halten wir für wahrscheinlich.
5. Fazit: Der Datenkranz zu BIP und Konsumentenpreisen, der heute mit einer Verzögerung veröffentlicht wurde, zeigt, dass die von der Regierung erwünschte Moderierung der Wirtschaft nicht eingetreten ist. Unsere Interpretation ebenso wie die der Kapitalmärkte ist, dass eine weitere Straffung der Geld- und Kreditpolitik zu erwarten ist. Ob eine weitere Straffung durch andere Kanäle kommen wird, ist unserer Meinung nach noch unklar, wäre aber empfehlenswert. Obwohl die Lage unserer Einschätzung nach noch nicht als dramatisch einzuschätzen ist, sollte China rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass in einigen Monaten nur die Wahl zwischen „harter Landung“ und „Überhitzung“ bleibt.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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