Kommentar
19:48 Uhr, 08.06.2007

Chancen für einen langen Aufschwung

1. Ungeachtet der Volatilität an den Kapitalmärkten in den letzten Tagen sei an dieser Stelle an ein Ereignis mit positiver Langfristwirkung erinnert: Morgen jährt sich der Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft. Am 9.06.2006 trat die deutsche Nationalmannschaft im Eröffnungsspiel gegen Costa Rica an und gewann. Wir hatten unter dem Titel „Die Glaskugel muss ins Eckige!“ ökonomische Ansichten zur WM vorgetragen, die jenseits der unmittelbaren Wachstumseffekte über Bautätigkeit und Tourismus lagen. Am ehesten sahen wir in den positiven Ausstrahlungen des Fußballfestes auf die Stimmung in Deutschland günstige Auswirkungen auf die weitere konjunkturelle Entwicklung. Damit lagen wir richtig, das Ausmaß der Stimmungsaufhellung freilich konnte nur unterschätzt werden.

2. Die Rechnung der Bundesregierung scheint im vergangenen Jahr aufgegangen zu sein: Abgesehen von der für 2007 angekündigten Mehrwertsteuererhöhung sollte es im Jahre 2006 zu keinen politischen „Grausamkeiten“ für die Wähler kommen. Stattdessen setzte man auf den Aufschwung und einen Stimmungsschub durch die Fußballweltmeisterschaft im eigenen Lande. Und tatsächlich ging ein Ruck durch Deutschland. Die Fußballbegeisterung übertraf alle Erwartungen und alles bislang da gewesene; sie war laut eine Forsa-Umfrage mit Abstand das wichtigste Ereignis im vergangenen Jahr. In Deutschland wurde vier Wochen lang ein rauschendes Fest gefeiert. Und mehr noch, die deutsche Fußballnationalmannschaft lebte vor, was sich die Wählerherzen erträumten: Es war also doch möglich, nach langen Jahren des Misserfolges wieder an alte Stärke anzuknüpfen, wieder Erfolg zu haben.

3. So war es kein Zufall, dass zur Jahresmitte die Berichterstattung in den Medien eine 180°-Wende vollzog. Dominierten zuvor noch die Molltöne und Schlagzeilen wie „Beitragsschock!“ oder „Es reicht!“ so wurde danach „Happy Deutschland!“ ausgerufen, „Der Aufschwung ist da!“ verkündet und das Jahr 2007 zum „Super-Jahr“ ausgerufen. Solche Schlagzeilen sind natürlich nicht ohne eine entsprechende konjunkturelle Entwicklung möglich. Das Anziehen der Konjunktur und der beginnende Beschäftigungsaufbau im vergangenen Jahr waren somit die Grundvoraussetzung für die Stimmungsverbesserung. Allein damit wäre es jedoch nicht getan gewesen, denn es gab auch dunkle Wolken wie die drohende Mehrwertsteuererhöhung im Jahr 2007 am Konjunkturhimmel. Es bedurfte daher einer Überbetonung der hoffnungsvollen Entwicklungen in der Berichterstattung und einer entsprechenden Wahrnehmung durch die Haushalte. Die Initialzündung hierfür war die Fußballweltmeisterschaft.

4. Wirtschaft ist zu 50% Psychologie. Diese Erkenntnis Ludwig Erhards wird wieder unter Beweis gestellt. Der Stimmungsumschwung ist im Verlauf des Jahres 2007 bei den Haushalten angekommen. Seit Oktober 2006 kennt das Konsumentenvertrauen nur eine Richtung, nach oben! Diese Zuversicht der Haushalte ist eine zentrale Bedingung für das Zünden des konjunkturellen Haupttriebwerkes, des Konsums. Die Haushalte müssen sich ihrer Arbeitsplätze und ihrer Einkommen sicher sein, sonst geben sie nichts aus, sonst betreiben sie Angstsparen wie in den vergangenen Jahren. Diese Bedingung scheint erfüllt zu sein und da sich auch die Einkommensentwicklung mit dem Aufschwung verbessert hat, sollte dem Anspringen des Konsums nichts im Wege stehen. Damit bestehen für die deutsche Volkswirtschaft die seit langem besten Chancen für einen langen Aufschwung.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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