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09:51 Uhr, 02.06.2022

Bundrenditen auf neuem Jahreshoch von 1,20%

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„Gratwanderung“ und „neue Ufer“ – zwei Schlagworte, die nach Pfingstausflug klingen, sich aber auf amerikanische Konjunkturdaten und die europäische Renditelandschaft beziehen. In den USA wird derzeit nahezu jede Datenveröffentlichung daraufhin abgeklopft, inwieweit sie den Inflationswarnern oder den Rezessionsbefürchtern in die Karten spielt. Und in der Eurozone stehen einige kritische Renditemarken unmittelbar davor, neue Höchstmarken zu erreichen.

Während Aktien- und Devisenmärkte seit ein paar Tagen ohne erkennbare Richtung auf und ab schwanken, ist der Rentenmarkt in der Eurozone heute früh dabei, zu neuen Ufern aufzubrechen. Seit Anfang dieser Woche driften die Renditen wieder klar nach oben. Die 10J Bundrendite ist alleine über die vergangenen drei Tage um mehr als 20 Basispunkte angestiegen. Heute früh notierte die Benchmark-Anleihe teilweise oberhalb von 1,20 % und damit auf einem neuen Jahreshoch. Parallel zum Bundmarkt kam auch der italienische Anleihemarkt unter Druck. Die 10J BTP-Rendite ist seit Wochenbeginn sogar um rund 30 Basispunkte in die Höhe geschossen. Das aktuelle Renditeniveau liegt bei 3,22 % nur ganz knapp unter dem am 9. Mai aufgestellten Jahreshoch von 3,23 %.

Treibende Kraft hinter der Entwicklung an den Rentenmärkten ist eine Neujustierung der mittelfristigen Leitzinsaussichten. In den ersten drei Tagen dieser Woche haben die Geldmärkte auf Sicht eines Jahres eine komplette zusätzliche Leitzinsanhebung um 25 Basispunkte eingepreist. Demnach liegt die Zielmarke für den antizipierten Zinsanhebungszyklus nun wieder eher bei 1,50 % als bei 1,25 %. Treibende Kraft hinter der Entwicklung an den Geldmärkten wiederum sind die Inflationsdaten, die ja bereits seit Montagfrüh um 6:30 Uhr mit den Zahlen aus Nordrhein-Westfalen über uns hinwegrollten. Auf 8 % ist die Jahresteuerung in der Eurozone wie auch in Deutschland gestiegen, wenn wir – was durchaus angebracht erscheint – auf die Nennung der bei höheren Niveaus marginalisierten Dezimalstellen verzichten.

Nächsten Donnerstag Woche findet nach einer außerordentlich langen Pause von acht Wochen das nächste Ratstreffen der Europäischen Zentralbank statt. Auch bei diesem Treffen wird noch keine Anhebung der Leitzinsen angekündigt werden. Voraussetzung hierfür ist eine Beendigung aller Wertpapierkaufprogramme. Noch aber ist die EZB im Juni mit schätzungsweise 20 Mrd. Euro im Markt aktiv. Es gilt aber als ausgemachte Sache, dass in einer Woche das Aus dieser Käufe per Ende Juni oder Anfang Juli verkündet werden wird. Damit wäre der Weg frei für eine erste Zinsanhebung auf dem nachfolgenden Ratstreffen am 21. Juli – knapp elf Monate, nachdem die Inflationsrate in der Eurozone erstmals über die Marke von 3 % gestiegen ist. Ab dem Wochenende werden sich die Notenbankvertreter bis zur Pressekonferenz nicht mehr in der Öffentlichkeit zu aktuellen geldpolitischen Themen äußern. Nach derzeitiger Terminierung wird es ausgerechnet Robert Holzmann vorbehalten sein, dem mutmaßlich prononciertesten Falken innerhalb der Geldpolitischen Rates, morgen Vormittag den Marktteilnehmern die letzten zinspolitischen Einschätzungen vor der Ratssitzung mitzugeben.

In den Vereinigten Staaten herrscht unter den Marktbeobachtern derweil Unschlüssigkeit darüber, wann eine Konjunkturzahl als „gut“ und wann als „schlecht“ einzustufen ist. Vermeintlich „gute“ Daten könnten die Fed zu stärkerer geldpolitischer Straffung verleiten und wären damit „schlecht“, bei augenscheinlich „schlechten“ Indikatoren ist es genau umgekehrt. In diesem Lichte wird es schwerfallen, in der Bewertung der zahlreichen Arbeitsmarkt-Reports dieser Tage (ADP und Jobless Claims heute, Beschäftigungsbericht morgen) einen Konsens zu deren Bewertung zu finden. Entsprechend dürfte sich an den USD-Märkten vorerst auch weiterhin kein klarer Trend abzeichnen.

Auf der heutigen Agenda steht ansonsten noch ein OPEC+ – Treffen, auf welchem darüber diskutiert werden dürfte, inwieweit Russland seinen Förderverpflichtungen noch nachkommen kann. Großbritannien begibt sich derweil in einen viertägigen Sonderurlaub, weil die Queen morgen ihr 70-jähriges Thronjubiläum begehen wird – womit nicht nur neue Ufer, sondern sogar ganz neue Dimensionen erreicht werden…

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