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16:50 Uhr, 12.04.2024

Bundestag stimmt Finanzierungsrahmen für Wasserstoff-Kernnetz zu

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Der Bundestag hat der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes und damit dem Finanzierungsrahmen zum Hochlauf des Wasserstoff-Kernnetzes zugestimmt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte das Wasserstoffnetz "eine Investition in die Zukunftsfähigkeit Deutschlands". Die geschätzten Kosten von knapp 20 Milliarden Euro sollen privatwirtschaftlich über Netzentgelte finanziert werden. Der Bund soll dabei nur anteilig im unwahrscheinlichen Szenario haften, dass der Kernnetzhochlauf scheitert. Mit dieser Finanzierung soll verhindert werden, dass in den ersten Jahren sehr hohe Entgelte den Wasserstoffhochlauf gefährden.

"Die Industrie, sie wartet auf das Wasserstoffnetz. Die energieintensive Industrie vor allem, die Energiewirtschaft, die wartet auf das Wasserstoffnetz", sagte Habeck im Bundestag vor der Abstimmung zu dem Gesetz. Auch diejenigen, die Wasserstoff produzieren wollten, warteten auf das Netz. Deutschland bekomme viel Lob von Europa zu dem Vorhaben, so Habeck, mit dem Deutschland besonders die Dekarbonisierung der Industrie voranbringen will.

Dem Gesetz stimmten im Bundestag 347 der 566 abgegebenen Stimmen zu. Gegen das Vorhaben stimmten 203 Abgeordnete und 16 enthielten sich ihrer Stimme.

   CDU warnt vor weißen Flecken - AfD sieht Vernichtung von Volksvermögen 

Der CDU-Politiker Andreas Jung betonte im Bundestag, dass dem Wasserstoff eine zentrale Aufgabe für die Zukunft zukomme, denn die Leitungen des Wasserstoff-Kernnetzes sei die Autobahn der Energiewende.

"Es sind Lebensadern der Zukunft für unsere Wirtschaft", sagte Jung. Aber der Gesetzentwurf sei unzureichend, denn diese Lebensadern müssten alle Industriezentren in Deutschland erreichen. "Hier muss dringend nachgebessert werden. Es dürfe keine weißen Flecken geben", mahnte Jung.

Die SPD-Abgeordnete Nina Scheer wies die Kritik von Jung aber zurück. Bei dem Gesetz gehe es um den Finanzierungsrahmen des Wasserstoffnetzes und es seien keine weißen Flecke vorgesehen.

Die AfD kritisierte im Bundestag das Vorhaben, da man auf Wasserstoff setze statt auf das verfügbare Gas und dessen Infrastruktur.

"Eine größere Vernichtung von Volksvermögen" habe es seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht gegeben, sagte der AfD-Bundestagsabgeordnete Marc Bernhard. Wasserstoff müsse nach über 25 Jahren immer noch subventioniert werden und Wasserstoff sei viel teurer als die bisherigen Energieträger. Deutschland betreibe damit eine "nationale Geisterfahrt".

   Kernnetz soll bis 2037 stehen 

Der Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes soll bis 2055 durch Netzentgelte refinanziert werden. Das Kernnetz soll bis 2037 stehen und damit fünf Jahre später als im von Habeck ursprünglich vorgelegten Gesetzentwurf.

Die Kosten für den Aufbau des knapp 10.000 Kilometer langen Wasserstoff-Kernnetzes, das zum Teil auf bestehende Gasleistungen setzen wird, werden auf 19,8 Milliarden Euro geschätzt. Dabei sollen Umstellungen vorhandener Leitungsinfrastruktur ermöglicht werden, um die Investitionskosten der Wasserstoffinfrastruktur möglichst gering zu halten.

Mit der Entwicklung einer nationalen Wasserstoffinfrastruktur soll die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet und dem Land dabei geholfen werden, maßgebliche Schritte hin zu sauberer, bezahlbarer und sicherer Energie zu machen.

Das Wasserstoff-Kernnetz soll künftig Häfen, Industrieanlagen, Kraftwerke und Speicher in Deutschland mit Wasserstoff versorgen.

Das gesetzlich verankerte Finanzierungsmodell soll die Basis darstellen, auf der die Fernleitungsnetzbetreiber nun den formellen Antrag zur Genehmigung des Kernnetzes bis 21. Mai stellen können. Die anschließende Prüfung und finale Genehmigung des Kernnetzes obliegt der Bundesnetzagentur. Ab Sommer kann dann die operationale Umsetzung erster Kernnetz-Projekte beginnen, so das Wirtschaftsministerium.

   Branchenverband sieht Meilenstein - Nachbesserung bei neuen Gasen nötig 

Der Branchenverband Zukunft Gas sieht in der Zustimmung zu dem Gesetz einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Wasserstoffwirtschaft. "Mit den festgelegten Rahmenbedingungen erwarten wir, dass genügend privatwirtschaftliches Interesse geweckt wird, um die Wasserstoffwirtschaft und die Investitionen in das Kernnetz voranzutreiben", sagte Timm Kehler, Vorstand des Branchenverbands Zukunft Gas.

Kritik äußert er aber hinsichtlich der künftigen Befüllung der Wasserstoffrohre. Mit Blick auf die Herkunftsnachweisregisterverordnung bedauere er, dass das zentrale Anliegen des Verbands, den CO2-Fußabdruck neuer Gase im Register zu verankern, nicht aufgenommen wurde. "Diese Information ist entscheidend, um eine sinnvolle Quote für den Einsatz neuer Gase wie Wasserstoff und seine Derivate sowie Biomethan zu etablieren", gab er zu bedenken.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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