Nachricht
12:39 Uhr, 15.12.2023

Bundestag beschließt Nachtragshaushalt 2023

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Der Bundestag hat den Nachtragshaushalt 2023 beschlossen, mit dem die Bundesregierung auf das jüngste Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichtes reagiert. Damit soll die Finanzierung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) sowie des Sondervermögens "Aufbauhilfe 2021" gesichert werden. Wie Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) bekanntgab, stimmten 392 Abgeordnete für das Gesetz und 274 dagegen.

Geplant ist eine Einnahme aus Krediten in Höhe von 43,2 Milliarden Euro für aus dem WSF gezahlte Mittel und eine Zuweisung von 1,6 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt an das Sondervermögen für die Flut-Aufbauhilfe. Im Zuge des Nachtragshaushalts ist eine erneute Ausnahme von der Schuldenbremse nötig, die die Abgeordneten zuvor bereits ebenfalls beschlossen hatten. Noch am Freitag sollte der Nachtragsetat auch den Bundesrat passieren, der parallel in Berlin tagt.

In der Debatte über den Nachtragshaushalt verteidigten Redner der Koalition den Budgetplan. Aus der Opposition kam aber viel Kritik. "Wir gehen durch eine Umbuchung in den Kernhaushalt, nehmen die entsprechenden Anpassungen vor, ohne uns neue Verschuldensmöglichkeiten zu ermöglichen und ohne neue Schulden zu machen", betonte der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke. Damit werde die Entscheidung des Verfassungsgerichts umgesetzt. "Mit dem Nachtragshaushalt setzen wir jetzt für 2023 das Urteil des Bundesverfassungsgerichts um", erklärte auch Grünen-Budgetexperte Sven-Christian Kindler. Das sei auch das Ergebnis einer Anhörung im Bundestags-Haushaltsausschuss gewesen.

Unions-Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) sagte, grundsätzlich verfahre die Koalition, wie es angezeigt sei. "Leider können wir trotzdem heute nicht zustimmen, weil verfassungsrechtliche Bedenken verbleiben", betonte er. Die Koalition korrigiere zwar ihre vom Gericht bemängelte Buchungstechnik für die Sondervermögen Wirtschaftsstabilisierungsfonds und Ahrtal, "aber für die übrigen Sondervermögen buchen Sie weiter an der kassenmäßigen Aufnahme vorbei". Das sei im Hinblick auf die Anrechnung der Schuldenbremse weiterhin zweifelhaft. Der AfD-Haushaltsexperte Peter Boehringer sagte, der Haushalt 2023 sei und bleibe "weiterhin schlicht verfassungswidrig". Die Regierung erkläre nachträglich eine Notsituation, eine solche habe aber 2023 bis zu dem Urteil "niemand bemerkt".

   Weniger Ausgaben und Einnahmen 

Geplant sind für 2023 nunmehr Ausgaben von 461,21 Milliarden Euro nach bisher vorgesehenen 476,29 Milliarden Euro. Die Einnahmen - ohne Kredite und Entnahme aus der Rücklage - fallen laut Bundestag mit 389,74 Milliarden Euro um 178,7 Millionen Euro geringer aus als bisher geplant, was unter anderem an niedrigeren Steuereinnahmen liege. Die bisher vorgesehene Entnahme aus der Rücklage wird von 40,51 Milliarden Euro auf 43,81 Milliarden Euro erhöht. Deutlich geringer fällt nunmehr die geplante Nettokreditaufnahme im Kernhaushalt aus. Sie soll 27,41 Milliarden Euro betragen und damit 18,2 Milliarden Euro weniger als bisher veranschlagt.

Sie liegt aber über der nach der Schuldenregel zulässigen Höhe, die mit 25,81 Milliarden Euro angegeben ist. Die Überschreitung entspricht der Zuweisung für die Aufbauhilfe. Hinzu tritt die geplante Kreditaufnahme im WSF von 43,20 Milliarden Euro, aus dem unter anderem die Strom- und Gaspreisbremse finanziert wurden. Nachdem das Verfassungsgericht untersagt hat, dafür auf 2022 an den WSF übertragene und verbuchte Kreditermächtigungen zurückzugreifen, soll der WSF nun 2023 eigene Kredite aufzunehmen.

Damit liegt die für die Schuldenregel relevante Kreditaufnahme bei 70,61 Milliarden Euro - 44,8 Milliarden Euro über der zulässigen Kreditaufnahme. Diese erhöhte Schuldenaufnahme soll mit dem Notlagenbeschluss des Bundestags zur Ausnahme von der Schuldenbremse ermöglicht werden, den die Bundesregierung vor allem mit den fortwirkenden Folgen des Ukraine-Kriegs für die Energiemärkte im Jahr 2023 sowie die anhaltenden Folgen der Flutkatastrophe vom Sommer 2021 begründet.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/apo

Copyright (c) 2023 Dow Jones & Company, Inc.