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12:00 Uhr, 17.06.2025

Bundesbank: Abschläge bei vorgezogenem Renteneintritt zu niedrig

Von Hans Bentzien

DOW JONES--Die Bundesregierung sollte nach Ansicht der Bundesbank angesichts der demografischen Entwicklungen Maßnahmen zur Stärkung des Arbeitsmarkts und zur Entlastung der Rentenversicherung ergreifen. In einem Aufsatz ihres aktuellen Monatsberichts schlägt sie erneut vor, das Renteneintrittsalter an die höhere Lebensdauer anzupassen. Neu ist der Vorschlag, die Abschläge bei vorgezogenem Renteneintritt zu erhöhen. "Die hier vorgelegten Standardberechnungen legen nahe, dass die derzeitigen Abschläge zu niedrig sind. Sie machen dadurch einen vorgezogenen Rentenzugang für Versicherte attraktiver und verursachen finanzielle Lasten für die Gesetzliche Rentenversicherung", heißt es in dem Bericht.

Die Bundesbank verweist darauf, dass derzeit bei vorgezogener Rente ein monatlicher Abschlag von 0,5 Prozent fällig wird. "Für den Jahrgang 1964 fallen beim frühestmöglichen Rentenzugang mit 63 Jahren kumuliert Abschläge von 14,4  Prozent an (0,3  Prozent mal 48 Monate). Sie liegen damit etwa 4,5 Prozentpunkte unter den hier berechneten neutralen Abschlägen", rechnet die Bundesbank vor.

Umgekehrt findet die Bundesbank den monatlichen Zuschlag von 0,5 Prozent pro Monat bei verzögertem Renteneintritt zu hoch. "Bei einem aufgeschobenen Rentenzugang um zwei Jahre resultieren derzeit kumulierte Zuschläge von 12  Prozent (0,5  Prozent mal 24 Monate). Dies sind rund 1,5 Prozentpunkte mehr als bei den hier berechneten neutralen Zuschlägen", heißt es in dem Bericht. Häufig arbeiteten Menschen auch gar nicht wegen dieses finanziellen Anreizes länger, sondern aus anderen Gründen.

Naheliegend wäre es laut Bundesbank, die Belastung durch Sozialbeiträge bei einer Erwerbstätigkeit über das gesetzliche Rentenalter hinaus zu beenden. Dies hatte die alte Bundesregierung in der Wachstumsinitiative beabsichtigt, wurde aber nicht mehr im Bundestag verabschiedet. Es ist unklar, ob die neue Bundesregierung diesen Vorschlag aufnehmen will. "Es wäre naheliegend, wenn künftig die Arbeitgeber den Arbeitgeberanteil für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung an die Arbeitnehmer auszahlen. Diese könnten dann entscheiden, ob sie weiter Beiträge zur Rentenversicherung leisten wollen, um Ansprüche zu erwerben", schreibt sie.

Für die wichtigeren Stellgrößen beim Rentenzugang hält die Bundesbank aber ohnehin das gesetzliche Rentenalter und die Altersgrenzen für vorgezogene abschlagsfreie Renten sowie für den frühestmöglichen Rentenzugang. "Mit Blick auf die demografischen Herausforderungen wäre es besonders wirksam, an diesen anzusetzen: Die Altersgrenze für den frühestmöglichen Rentenzugang und, für die Zeit nach 2031, das gesetzliche Rentenalter könnten an die Lebenserwartung gekoppelt, die vorgezogene abschlagsfreie Rente beendet werden", rät sie.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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