Kommentar
11:49 Uhr, 24.11.2009

Bruttoinlandsprodukt - Auf den zweiten Blick ernüchternd

1. Die Schnellschätzung für das deutsche Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal wurde heute bestätigt: Die gesamtwirtschaftliche Erzeugung nahm im Vorquartalsvergleich saison- und preisbereinigt um 0,7 % zu. Gleichzeitig wurden nun auch die Details zur Entstehung, Verwendung und Verteilung bekannt gegeben.

2. Der private Konsum beginnt zu leiden. Der Arbeitsmarkt hat bislang noch nicht die befürchtete Verschlechterung gezeigt – die Zahl der Arbeitslosen stagnierte lediglich. Da die effektiv gezahlten Löhne – dank der Tarifabschlüsse aus dem Vorjahr – sogar noch zulegen konnten, war die gesamtwirtschaftliche Lohnund Gehaltssumme sogar im Plus. Nach Abzug von Steuern und Abgaben sowie Hinzurechnen von Transfers blieb aber von diesem Plus – trotz der Entlastung seit Juli beim Krankenversicherungsbeitrag z.B. – nichts mehr übrig. Berücksichtigt man zudem die Inflation so sind die real verfügbaren Einkommen gesunken. Das ist der eine Erklärungsansatz für den schwachen Konsum, der andere setzt an der Abwrackprämie an: Zum einen fehlte schon im dritten Quartal die in das erste Halbjahr vorgezogene Nachfrage, zum anderen haben die Haushalte mit dem Schuldendienst für ihre neu erworbenen Kraftfahrzeuge begonnen, was sich in einer gestiegenen Sparquote niedergeschlagen hat.

3. Die deutsche Exportwirtschaft war der Gewinner des dritten Quartals. Die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen stiegen um 3,4 % qoq an: Möglich wurde diese Wende durch das entschiedene Handeln der wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger. Finanzmarktstabilisierungsprogramme und Konjunkturpakete stabilisierten die Erwartungen der Haushalte und Unternehmen und kurbelten die Nachfrage an. Verstärkt wurde diese positive Entwicklung durch den besonders starken globalen Lagerzyklus.

4. Dass die Nettoexporte dennoch das Wachstum bremsten, lag am stärkeren Anstieg der Importe (+5,0 % qoq). Hierbei mögen Fahrzeugimporte eine Rolle gespielt haben, entscheidend dürfte aber der Prozess der wieder beginnenden Lageraufstockung gewesen sein (Wachstumsbeitrag +1,5 Prozentpunkte qoq). Nachdem die Unternehmen in der Krise Ballast über Bord geworfen hatten – sprich Vorproduktund Fertigwarenlagerbestände unter den Normalzustand zurückgefahren hatten –, machte das Wiederhochfahren der Produktion die erneute Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen notwendig.

5. Das Plus bei den Ausrüstungsinvestitionen (+0,8 % qoq) ist wohl kaum auf Erweiterungsinvestitionen zurückzuführen. Warum sollten Unternehmen bei außergewöhnlich großen Kapazitätsreserven und immer noch wackeligen Zukunftsperspektiven ihre Produktionskapazitäten ausweiten? Hauptmotive für das Investitionsplus muss man wohl beim Ersatz veralteter Maschinen und bei Rationalisierungen oder auch bei Produktinnovationen suchen.

6. Erstaunlich war das starke Plus der Bauinvestitionen (+1,5 % qoq), da die Produktion im Bauhauptgewerbe kaum mehr als stagnierte. Der Nichtwohnungsbau – und hier wohl besonders der öffentliche – wurde stark durch die Konjunkturprogramme angetrieben. Erstaunlich ist hingegen das Plus im Wohnungsbau (1,3 % qoq). Hier dürften die durch das Konjunkturprogramm geförderten Maßnahmen zur energetischen Sanierung eine wichtige Rolle gespielt haben. Diese zählen zum Ausbaugewerbe und werden nicht in den Statistiken des Bauhauptgewerbes erfasst. Das erklärt möglicherweise die positive Überraschung.

7. Die heutigen Details zum Bruttoinlandsprodukt zeichnen ein schwächeres Bild des dritten Quartals, als es die Zuwachsrate von 0,7 % qoq nahe legt. Die Erholung basiert zum überwiegenden Teil auf temporären Stimuli: Lagerzyklus und Konjunkturprogramme im In- und Ausland. In dieser Verfassung bleibt die Erholung anfällig gegenüber negativen Entwicklungen wie steigender Arbeitslosigkeit, steigenden Insolvenzen oder auslaufenden Abwrackprämien. Die Krise ist vorbei, die Erholung ist da, sie ist aber mühsam.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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