Brent-Öl über 40 Dollar: "Oil Buffer"-Zertifikat wird riskanter, bleibt aber hochinteressant
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"Es gibt keinen Grund, warum das ‚schwarze Gold' sich bis zum Ende des Jahrzehnts nicht zwischen 40 und 50 US-Dollar einpendeln dürfte", schrieben wir in ZertifikateJournal Nr. 16/04. Was damals von einigen Lesern als allzu optimistische Prognose belächelt wurde, ist nun bereits Realität: An der Londoner IPE International Petroleum Exchange ist der Preis für ein Barrel Brent-Öl in der vergangenen Woche in der Spitze auf über 43 US-Dollar empor geschnellt, die an der New Yorker NYMEX gehandelte Konkurrenzsorte West Texas Intermediate notierte gar bei 45 US-Dollar. Der wichtigste Rohstoff der globalen Industriegesellschaft auf 21-Jahres-Hoch - kein Wunder, denn schließlich sorgen die anhaltenden Unruhen im Irak sowie der drohende Export-Stopp beim vor der Pleite stehenden russischen Öl-Giganten Yukos für mächtig Unsicherheit.
Diese Analyse, von selbsternannten "Experten" derzeit auf allen möglichen Kanälen gebetsmühlenartig wiederholt, erscheint jedoch zu kurz gesprungen. Yukos und der Irak sind nur die halbe Wahrheit, zwei eher kurzfristige Sonderfaktoren, die das eigentliche Problem bloß noch verstärken - nämlich die wie entfesselt steigende Nachfrage. Die jüngst veröffentlichten Statistiken übertreffen selbst die kühnsten Erwartungen: In China beispielsweise ist der Öl-Bedarf zwischen Mai und Juli um 1,26 Mio. Barrel pro Tag angewachsen, ein fulminantes Plus von 20 Prozent. In Russland kletterte die Nachfrage um 19 Prozent, im Mittleren Osten um 17 Prozent, in den USA um immerhin 4,5 Prozent und selbst die übrigen, eher wachstumsschwachen Regionen wie Europa vermelden ein Plus von 1,8 Prozent, das erst einmal vom Markt "verdaut" werden will. Anders als im Frühjahr bei einigen Metallen, wo Hedgefunds sich selbst die Preise hochgekauft haben, erleben wir hier also keine Spekulationsblase, sondern einen auf solidem realwirtschaftlichem Fundament stehenden, nachhaltigen Preisauftrieb.
Gleichwohl steigt kurzfristig die Gefahr von Rückschlägen, worunter auch das Chance/Risiko-Profil des in ZertifikateJournal Nr. 24/04 vorgestellten Bonus-Zertifikats auf den IPE Brent Crude Oil Future leidet (ISIN GB 00B 01V 807 6) - der Referenzpreis und die Bonus-Barriere werden schließlich erst am 13. August festgelegt und dürften somit, falls diese Woche nicht noch ein Wunder geschieht, signifikant höher liegen als in unserer Erstbesprechung kalkuliert. Ein den gegenwärtigen Marktbedingungen entsprechendes Startniveau von 41,50 US-Dollar je Barrel würde eine Schwellen-Fixierung bei 24,90 US-Dollar ergeben (40 Prozent Risikopuffer), so dass das Papier nicht mehr ganz den "No Brainer"-Charak-ter hätte wie noch vor zwei Wochen. Dennoch ist ein Investment weiterhin empfehlenswert, denn die fundamentalen Parameter deuten keinesfalls darauf hin, dass der Ölpreis in den nächsten Jahren deutlich unter die Marke von 28 US-Dollar fällt. Und wenn doch, würde das den Aktienmärkten denselben Schub nach oben verleihen, den wir momentan in die andere Richtung sehen. Zudem ist Öl unseres Erachtens die wirksamste Depotversicherung gegen einen Terror-Crash: Wenn Al-Qaida tatsächlich neue Angriffe plant, werden dabei aller Wahrscheinlichkeit nach Öl-Tanker oder sogar die Häfen am Persischen Golf ins Visier genommen; kein anderes Ziel könnte den wirtschaftlichen Nerv der westlichen Welt stärker treffen. Die zwangsläufigen Verluste der Aktienbörsen lassen sich dann mit den Kursgewinnen des Öl-Zertifikats zumindest teilweise ausgleichen.
Erst bei einem Referenzpreis-Fixing oberhalb von 45 US-Dollar würden wir allmählich kalte Füße bekommen. Vorsichtige Anleger warten mit dem Engagement deshalb bis zur Aufnahme des Börsenhandels. Zwar ist es theoretisch durchaus vorstell-bar, dass die Papiere schon vorab "ausverkauft" sind; nach unseren Informationen will JP Morgan jedoch weiterhin Briefkurse stellen. Wegen des großen Interesses hat das US-Haus seine Palette nämlich aufgestockt: Noch bis zum 20. August läuft die Zeichnungsfrist für ein zweites "Oil Buffer" (ISIN GB 00B 021 MR1 6) mit ebenfalls 40 Prozent Risikopuffer. Mit drei Jahren und drei Monaten (Fälligkeit am 27. November 2007) ist die Laufzeit zwar ein Vierteljahr länger als beim ersten Zertifikat; kompensiert wird das allerdings durch eine leicht höhere Bonus-Chance (50 statt 47 Prozent).
Laufzeit 20. August 2007 27. November 2007
Bonus-Schwelle 60% 60%
Bonus-Rendite 47% 50%
Zeichnung bis 13. August 2004 20. August 2004
Fixierung am 13. August 2004 23. August 2004
Laufzeit 20. August 2004 27. August 2004
Unsere Tabelle zeigt Ihnen alle relevanten Termine noch einmal im Überblick. Unabhängig davon, ob Sie jetzt schon zugreifen oder erst später, ist zu bedenken: Der Ölpreis neigt zu erratischen Ausschlägen, denen die Zertifikate gerade in den ersten zwei Dritteln der Laufzeit je nach Volatilitäts-Struktur mal unter- und mal überproportional folgen können; als zusätzlicher Einflussfaktor auf den Börsenpreis kommt die Differenz zwischen Kassa- und Futures-Preis hinzu. Es gibt also "Timing"-Risiken, denen Sie im Sekundärmarkt nur durch eine Stückelung Ihrer Order auf mehrere Börsentage entgehen können. Zudem führt diese Emission einen der gravierendsten Nachteile von Zertifikate-Platzierungen vor Augen - der Anleger soll zeichnen, obwohl die finalen Ausstattungsparameter (hier der absolute Wert der Bonus-Schwelle) erst später fixiert werden. Das hat ein bisschen was von der berühmten Katze im Sack und wenn die Banken für dieses Problem beizeiten eine Lösung finden könnten, wäre das eine wichtigere Service-Innovation als der zweiundzwanzigste "Real Push" für Hebel-Produkte…
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