Bremsen Zinssenkungen die Wirtschaft?
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Fed Chef Powell sagt es immer wieder: Man ist sich nicht ganz sicher, wieso die raschen Zinserhöhungen die Wirtschaft kaum gebremst haben. Der Theorie nach hätte es eine sehr klare Bremswirkung geben müssen. Leitzins und Anleiherenditen waren deutlich höher als das, was als neutral angesehen wird.
Erklärungsversuche gibt es. Ganz oben auf der Liste stehen die hohen Staatsausgaben. Das ist aber nur bedingt korrekt. Die US-Regierung gibt zwar deutlich mehr aus als sie einnimmt, allerdings steigt das Defizit nicht weiter an. Es liegt seit einigen Quartalen bei ungefähr 400 Mrd. USD je Quartal.
Zieht man die gestiegenen Zinsausgaben von den Gesamtausgaben ab, schieben die Staatsausgaben die Wirtschaft nicht mehr stark an. Derzeit schieben sie weder an noch bremsen sie. Trotzdem wächst die Wirtschaft mit ungefähr 3 %, obwohl die Notenbank davon ausgeht, dass der Zins noch bremsend wirken sollte.
Die Fakten sprechen eine vollkommen andere Sprache. Die Notenbank sagt zwar, dass sie ihre Entscheidungen nach den Daten trifft, doch wäre dies der Fall, hätte sie die Zinsen nicht senken dürfen. Die Fed agierte mehr der Theorie nach. Der Theorie nach bremste das Zinsniveau, auch wenn die tatsächlichen Wirtschaftsdaten das überhaupt nicht untermauerten.
Für die Wirkungslosigkeit der Zinspolitik gibt es einen Grund. Haushalte sind im Durchschnitt sehr wohlhabend. Der Durchschnitt sagt nichts über einzelne Gruppen aus, etwa die mit den geringsten Einkommen. Diesen Haushalten geht es schlecht. Das ändert nichts daran, dass es der Mehrheit gut geht.
Es zeigt sich unter anderem am Vermögen relativ zur Wirtschaftsleistung. Hierbei geht es nicht um das Gesamtvermögen, sondern nur Finanzvermögen, welches verzinst wird, also Bankeinlagen, Termingelder, Geldmarktfonds, Staatsanleihen usw. Wäre dieses Vermögen ausschlaggebend dafür, dass die Zinspolitik nicht wirkt, hätte sie auch in früheren Zeiten nicht wirken dürfen. Das Vermögen steigt seit 1978 an (Grafik 1).
Betrachtet man das verzinste Vermögen relativ zu den Verbindlichkeiten, für die Zinsen gezahlt werden müssen, ändert sich das Bild. Haushalte haben sehr viel mehr Vermögen, für welches sie Zinsen erhalten, als sie Verbindlichkeiten haben, für die sie Zinsen zahlen müssen (Grafik 2).
Es ist der höchste Wert seit ungefähr 50 Jahren. Haushalte erhalten mehr Zinsen als sie aufwenden müssen. Auch Unternehmen und Finanzinstitute sind in guter Verfassung. Alle drei Sektoren haben so viel Vermögen im Verhältnis zu ihren Verbindlichkeiten wie lange nicht (Grafik 3).
Das führt zu der absurden Situation, dass Zinserhöhungen zu höheren Zinseinnahmen von Haushalten und Unternehmen führen. Die Zinseinnahmen steigen schneller als die Zinsausgaben. Zinserhöhungen haben, wenn man so viel, einen stimulierenden Effekt, zumindest in Teilen. Diese verkehrte Welt ist für die Fed Neuland und wird den Zinszyklus weiterhin zu einem der spannendsten der letzten Jahrzehnte machen.
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Theorie und Praxis stimmen oftmals nicht überein, das sollte auch die FED nicht überraschen. In den Modellen wird der Zeitfaktor nicht ausreichend berücksichtigt. Die Zinserhöhungen wirken wegen der (langfristigen) Zinsbindung erst stark zeitverzögert. So sind von den drei Jahren Zinserhöhung z. B. zehnjährige Zinsbindungen noch gar nicht betroffen. Dies gilt v. a. auch für die 36 Billionen USD Staatsverschuldung.
Die Zinserhöhungen sollten aber ja auch nicht primär die Wirtschaftsleistung bremsen, sondern die Inflation. Auch hier stimmen Theorie und Praxis nicht überein. So wird in den Modellen nur die Verbraucherpreisinflation betrachtet und die Vermögenspreisinflation außer acht gelassen. Dabei betrifft gerade die durch geldpolitische Maßnahmen (Geldmengenausweitung) induzierte Inflation zunächst Letztere, wie in den Jahren bis 2022 und wirkt erst zeitverzögert v. a. über Mieten und Pachten auf die (gemessene) Inflation.